Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) : Wärmewende: Wo steht Österreich?

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2022 ist das Jahr der Trendwende – erstmals wurden mehr erneuerbare Heizsysteme installiert als Fossile

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"Wende" bedeutet Veränderung und damit neue Chancen. Um eine solche jedoch nachhaltig und mit einhergehenden Chancen umzusetzen, sind ganzheitliche Anstrengungen, Konvergenzen im Denken und Handeln und vor allem eine Offenheit gegenüber aller Möglichkeiten notwendig - so zumindest, wenn es um die Wärmewende geht.
2022 ist ein Jahr der Trendwende – erstmals wurden mehr erneuerbare Heizsysteme installiert als Fossile. Die Wärmewende ist voll im Gange. Ihre nachhaltige Umsetzung ist jedoch eine Herkulesaufgabe, die einen tiefen Einblick in die Komplexität vieler ineinandergreifender Denk-/Handlungsebenen gibt. Für ihr Gelingen ist es jedenfalls unerlässlich, dass alle Stakeholder und Verantwortlichen kooperieren und konstruktiv an einem Strang ziehen. Auch wird eine gewisse Technologieoffenheit notwendig, die keinen erneuerbaren Energieträger, der auch für Österreich Potenzial bietet, grundlos ausgrenzt - schlicht erhöht sich dadurch die Erfolgsquote.
Um den Fokus speziell auf drei im Trend liegende erneuerbare Energieträger zu legen, will nun einerseits ein Statement von Richard Freimüller, Verbandspräsident Wärmepumpe Austria, erwähnt werden. Aber auch die Solarwärme resp. das Thema Heizen mit Pellets wollen jeweils mit Roger Hackstock, Geschäftsführer Verband Austria Solar, resp. Christian Rakos, Geschäftsführer proPellets Austria, zur Sprache finden.
Anschließend möchte ein politischer Hebel belichtet werden, der im Kontext der Wärmewende essentiell scheint - das sogenannte Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG). Sind die geforderten Maßnahmen im Rahmen des EWGs umsetzbar und vor allem technologieoffen? Gibt es Verbesserungsvorschläge beziehungsweise, wo sehen Interessenvertreter Nachbesserungsbedarf?

Wärmepumpe für die Wärmewende

Wärmepumpen liegen im Trend, dies dürfte man mindestens 2022 beobachtet haben - wurden diese nicht bloß politisch oder medial "gehypt", sondern waren auch beträchtliche Investitionsvolumina diverser Unternehmen in Richtung Wärmepumpenproduktion gerichtet.
Über die Thematik Wärmewende mit ihren Herausforderungen ist auch Richard Freimüller, Verbandspräsident Wärmepumpe Austria, im Bilde und meint zum Thema der Stunde, man sehe es als Zeitwende.

Die Wärmewende ist eine Tatsache, sie nimmt jeden Tag, mit jeder neu installierten Wärmepumpe weiter Fahrt auf. Jetzt heißt es klug und schnell handeln, keine weiteren Barrieren aufzubauen und bestehende rasch zu beseitigen.
Richard Freimüller

Solarwärme für die Wärmewende

Solarthermie kann ihren Beitrag zur Wärmewende leisten. Wie sieht es jedoch mit ihrem Potenzial für Österreich aus? An dieser Stelle pointiert DI Roger Hackstock, Geschäftsführer Verband Austria Solar, die Solarwärme und drängt auf die gerechte Ausschöpfung ihres Potenzials, das er längst nicht als ausgeschöpft sieht. Dieser meint, mit den steigenden Energiepreisen werde auch Solarwärme wieder beliebter, vor allem bei Großanlagen.

Solaranlagen fürs Eigenheim sind kurzfristig lieferbar und in ein bis zwei Tagen montiert. Doch das Solarpotenzial ist noch bei weitem nicht ausgeschöpft, da braucht es Weichenstellungen, um eine Solarwende in Gang zu setzen.
Roger Hackstock

Pellets für die Wärmewende

Durch erhebliche Preisschwankungen im letzten Jahr und den Vorwurf der Preisabsprache bei Pellets mag dieser Energieträger in ein wohl falsches Licht gerückt sein. Eines bleibt aber klar: Pellets bergen ein immenses Potenzial für eine erneuerbare Wärmeversorgung in Österreich.
Christian Rakos, Geschäftsführer von proPellets Austria, sagt zu einer Trendentwicklung 2022 und speziell auch im Hinblick auf die Versorgungssicherheit mit Pellets:

Auch bei Pellets gab es 2022 einen Rekord bei der Installation neuer Heizungen. Eine Investitionswelle in neue Pelletieranlagen ist im Gange und wird die Versorgung langfristig absichern.
Christian Rakos

>>> Lesen Sie an dieser Stelle auch: Kommt nun eine gesetzliche Pelletbevorratungspflicht?

Welche(n) Hebel die Politik umlegen kann

Um die Wärmewende abzusichern, braucht es dringend das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) als gesetzliche Basis. Es bietet sowohl langfristige Sicherheit am Markt, da es den Umstieg auf moderne, klimafreundliche Heizungsanlagen regelt und mit Fördermittel unterstützt, als auch die Voraussetzung, um die Probleme im Bereich Fachkräfte und Lieferketten zu lösen. Dieses besagte Gesetz "in spe" führt aber nicht nur zu Diskussionsbedarf - es erntete letztes Jahr auch einiges an Kritik, mitunter weil man seine Umsetzbarkeit (auch im Hinblick auf die gesetzten Fristen) anzweifelt.

>>> Lesen Sie hierzu:

Was soll das Erneuerbare-Wärme-Gesetz(EWG) regeln?

Im EWG, wie dieses erst im November 2022 im Ministerrat beschlossen wurde, werden folgende Eckpunkte ausgeschrieben:

  • Ab 2023 dürfen in Österreich in Neubauten keine Gasheizungen mehr eingebaut werden. Für bereits genehmigte, fertig geplante und in Bau befindliche Gebäude gibt es Ausnahmen.
  • Ab 2023 dürfen kaputte Öl- und Kohle- (aber auch Flüssiggas-)Heizungen nur noch durch erneuerbare Heizsysteme ersetzt werden. In Neubauten sind Öl- und Kohleheizungen bereits ab 2020 verboten.
  • Ab 2025 beginnt die Austauschpflicht für besonders alte Kohle- und Ölheizungen. Dies betrifft alle Ölheizungen, die älter als Baujahr 1980 sind. Dafür gibt es umfangreiche Förderungen.
  • Zudem soll ein sukzessives Stilllegungsgebot von Anlagen zur Wärmebereitstellung auf Basis fossiler fester und fossiler flüssiger Energieträger ab dem Jahr 2025 erarbeitet werden.
  • Bis 2035 sollen alle alten Kohle- und Öl- (aber auch Flüssiggas-)Heizungen in Österreich durch moderne erneuerbare Heizsysteme ersetzt werden.
  • Bis 2040 sollen alle Gasheizungen in Österreich durch moderne erneuerbare Heizsysteme ersetzt oder mit erneuerbarem Gas betrieben werden.
  • Bei dezentralen Anlagen (Gasetagenheizungen in Wohnungen) in Gebieten mit ausgebauter Fernwärmeversorgung soll die Umstellung bis spätestens 2040 erfolgen. Den Eigentümer:innen der einzelnen Nutzungseinheiten (Wohnungen) soll der Anschluss an ein klimafreundliches zentrales Wärmeversorgungssystem ermöglicht werden.*1

Parlamentarischer Prozess noch ausständig:
Mit dem Beschluss im Ministerrat (am 2.11.22) wurde die Regierungsvorlage dem Parlament zugeleitet. Für den Beschluss des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes ist nun eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Dazu sind seitens des Klimaschutzministeriums Gespräche mit den Oppositionsparteien angekündigt. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz spiegle auch die Beschlüsse der Länder zur Wärmestrategie wider, wie es seitens des Ministeriums heißt. Die Eckpunkte seien dabei von Bund und Ländern gemeinsam erarbeitet und gemeinsam beschlossen worden.*2

Förderungen:
Der Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme soll durch ein umfangreiches Förderprogramm begleitet werden. Bis 2026 stünden insgesamt rund 2 Milliarden Euro zur Verfügung, wie vom Klimaschutzministerium in Aussicht gestellt wird. Private Haushalte sollen beim Austausch eines alten Ölkessels einen Bundeszuschuss von 7.500 Euro erhalten. Für den Umstieg von einer Gasheizung gebe es 9.500 Euro. Auch für die Gebäudesanierung sollen umfangreiche Förderungen gelten. Außerdem sollen für den mehrgeschossigen Wohnbau spezielle Förderschienen geltend gemacht werden. Für Menschen mit geringem Einkommen wolle die Förderung „Sauber Heizen für alle“, die bis zu 100 Prozent der neuen Heizung fördern will, eine Unterstützung schaffen.*3

Um abschließend eine Aussage der Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, ins Gedächtnis zu rufen, die im Rahmen des Beschlusses des EWG im Ministerrat zur Sprache fand, will Folgendes nicht unerwähnt bleiben: „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat uns brutal vor Augen geführt, wie angreifbar unsere Energieversorgung ist. Die Antwort darauf kann nur lauten: Raus aus russischem Gas. Mit dem Erneuerbaren-Wärme-Gesetz machen wir einen weiteren großen Schritt auf diesem Weg. Bis 2040 werden wir alle Heizungen in diesem Land auf klimafreundliche Alternativen umstellen. Ölkessel und Gasthermen ausbauen und mit Fernwärme, Wärmepumpen oder Pelletheizungen ersetzen. Und wir starten sofort. Schon ab 2023 dürfen in neuen Gebäuden keine Gasheizungen mehr verbaut werden.Jede alte Öl- und Gasheizung, die wir tauschen, macht uns unabhängig von Russland und schützt unser Klima. Mit dem EWG haben wir heute den Fahrplan für dieses Großprojekt beschlossen. Und natürlich unterstützen wir das auch mit Förderungen. Bis 2026 stehen rund zwei Milliarden Euro für neue klimafreundliche Heizungen zur Verfügung.“*4

*1,2,3,4 Quellen: https://www.bmk.gv.at/service/... (zuletzt abgerufen am 28.02.2023); https://www.oesterreich.gv.at/... (zuletzt abgerufen am 28.02.2023); https://www.parlament.gv.at/ge... (zuletzt abgerufen am 28.02.2023)

EWG im Fokus: Umsetzbarkeit, Technologieoffenheit?

Speziell bei der Umsetzbarkeit dieser angekündigten Transformation der Wärmeversorgung in Österreich sichten einige Interessenvertreter Schwierigkeiten, so z.B. der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund oder Energie Wärme Österreich (EWO - ehemalig IWO) - insbesondere, wenn es um den bedingungslosen Umstieg von fossilen Heizsystemen auf Erneuerbare geht.

Österreichischer Haus- und Grundbesitzerbund:
Als Reaktion auf den Status quo des EWGs fasst der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund folgende fünf Kriterien zur Erreichung der angestrebten Ziele zusammen:

  1. Fristen
    Die erforderlichen Maßnahmen können nicht innerhalb der derzeit vorgeschlagenen Fristen umgesetzt werden. Die Einhaltung der Fristen ist zwar anzustreben, darf aber nicht als unbedingtes Enddatum formuliert werden.
  2. Freiwilligkeit
    Die zu ergreifenden Maßnahmen müssen freiwillig sein und dürfen nicht erzwungen werden. Entsprechende Anreize sind zu schaffen.
  3. Finanzierbarkeit
    Für die Umsetzung der Maßnahmen muss die Finanzierbarkeit gesichert sein. Die Mittel müssen frei verfügbar sein, die Gewährung von Förderungen darf nicht an Restriktionen geknüpft sein (wie derzeit bei der Wohnbauförderung). Auch hier spielt ein komplexes Anreizsystem eine wesentliche Rolle.
  4. Flexibilität
    Wesentlich bei der Festlegung von Maßnahmen ist ein gewisses Maß an Flexibilität, das dem Gebäudeeigentümer die Freiheit lässt, die für die Bewirtschaftung seiner Immobilie notwendigen Schritte zu ergreifen.
  5. Fairness
    Werden Gebäude thermisch saniert und weitere Maßnahmen im Sinne der Energieeffizienz vom Eigentümer gesetzt, so ist auch zu berücksichtigen, dass der Nutznießer dieser Maßnahmen der konkrete Nutzer bzw. die Nutzerin ist.

>>> Im Artikel Zu hoch gepokert - EWG erntet scharfe Kritik lesen Sie überdies, wie anhand der Zahl aktueller Installateurbetriebe und der Lieferengpässe für Material usw. diverse im EWG geforderte Maßnahmen kritisiert werden. Fairerweise muss man hier betonen, dass der Umstieg von Gasheizungen auf moderne erneuerbare Heizsysteme bis 2040 im EWG-Entwurf mit dem Einsatz von erneuerbarem Gas relativiert ist. Eine Schlüsselposition nimmt hier wohl das(der) Erneuerbare-Gase-Gesetz(es-Entwurf) ein, welches(/r) kürzlich(15.02.23) in die Begutachtung geschickt wurde.

Energie Wärme Österreich (EWO):
Speziell zum Thema "Abbau von Ölheizungen" und dem bedingungslosen Ausstieg aus fossilen Flüssig-Brennstoffen bis 2035 weiß auch die EWO Einwände zu pointieren. Erst im Jänner 2023 wurde dazu eine Umfrage für Ölheizungsbesitzer:innen ausgetragen. Einige Einwände der Befragten zielen wieder auf eine mangelnde Umsetzbarkeit. Dessen ungeachtet sticht ein erwähntes Potenzial klimafreundlicher Flüssig-Brennstoffe ins Auge. Im Rahmen der Lancierung der Umfrageergebnisse heißt es dort: "Das Potential von klimafreundlichen Flüssig-Brennstoffen, wie z. B. HVO, FAME und E-Fuels, ist groß – dies zeigen bereits europaweite Forschung- und Entwicklungsprojekte, sowie erfolgreiche Praxistests. Was es nun benötigt, ist die Anerkennung von klimafreundlichen Brenn- und Kraftstoffen als Standbein in der Energieversorgung und als wichtigen Puzzlestein für das Gelingen der Energiewende."*

Im EWG fehlt bis dato scheinbar die Anerkennung solch klimafreundlicher Flüssig-Brennstoffe/sogenannter grüner Öle - eine Frage, die dabei brennt: Wieso ist das so? Technologieoffenheit würde ja - wie eingangs umrissen - bedeuten, keinen erneuerbaren Energieträger, der auch für Österreich Potenzial bietet, grundlos auszugrenzen. Auch erhöht sich prima facie durch eine Technologieoffenheit und einen Mix an erneuerbaren Energieträgern alleine deshalb schon die Chance für ein Gelingen der Wärmewende, weil sich das Risiko des Verfehlens einer Wärmewende mit bereits berücksichtigten Energieträgern auf weitere verteilen lässt. Hier wird man schließen wollen, je mehr Möglichkeiten, desto höher die Erfolgschance.

*Quelle: https://www.ewo-austria.at/blo... (abgerufen am 20.02.2023)

Technologieoffenheit - eine essenzielle Ingredienz der Wärmewende

Eine gesetzliche Technologieoffenheit und ein Technologiemix erhöhen die Erfolgsquote beim Umstieg von fossilen- auf erneuerbare Energieträger. Neben finanziellen Belastungen, die zwar - wie im EWG-Entwurf versprochen - mit Förderschienen begleitet werden möchten, sind es Gründe wie Platzmangel im Gebäudebestand, fehlende und schwer zu erschließende Infrastruktur in gewissen Regionen - speziell für den Anschluss an ein Fernwärmenetz -, etc. , die den Umstieg einiger Bestandsanlagen auf erneuerbare Heizssysteme erschweren. Könnte an dieser Stelle ein erneuerbarer Energieträger Abhilfe schaffen, der zumindest für ein Gros an Bestandsanlagen eine Lösung bietet, wird man hiermit durchaus die Erfolgsquote erhöhen können.
Bei sogenannten Grünenen Ölen muss man klarerweise tiefer blicken, als dies eben geschah. Hier reicht es nicht, einen Verweis auf ´europaweite Forschung- und Entwicklungsprojekte sowie erfolgreiche Praxistests´ zu geben. Durchaus könnte man dies aber als Hinweis sehen, eben auch hier Möglichkeiten zu prüfen und generell den Fokus auf bestimmte erneuerbare Energieträger für weitere zu öffnen.

Wie eingangs geschrieben, soll eine Verzögerung der Wärmewende so weit als möglich verhindert werden. Es gilt an dieser Stelle aber dennoch eine Technologieoffenheit wie einen pragmatischen Zugang im Hinblick auf die Umsetzbarkeit zu wahren. Gesetze sind schneller geschrieben als abgehandelt und auch wenn ein "Österreicher" menschliches Handeln einst mit der Formel: "make up the rules as we go along" akzentuiert hat, so gibt Voraussicht hier eher Erfolgsversprechen als Nachsicht und Abänderung "as we go along". Man mag versuchen, Spielregeln für die Wärmewende zu formulieren, die möglichst viel an Voraussicht in sich tragen - ja, das ist wirklich eine Herkulesaufgabe.

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Infos für den Umstieg auf eine erneuerbare Heizungsanlage

Für jene, die ein neues Heizsystem installieren wollen oder sich allgemein für das Thema interessieren, ist der Besuch der Energiesparmesse in Wels heuer die beste Gelegenheit, um sich umfassend für einen Umstieg auf eine erneuerbare Heizungsanlage zu informieren und beraten zu lassen.