Erneuerbaren-Wärme-Gesetz (EWG) : Zu hoch gepokert - EWG erntet scharfe Kritik

Fossil power generation banned. CO2 carbon dioxide neutrality and green deal concept. 3D rendered illustration.
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Die zur Begutachtung versandte Regierungsvorlage für ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) verpflichtet Gebäude- und Wohnungseigentümer zum unbedingten Abbau bzw. zur Stilllegung von – auch intakten – fossilen Wärmeversorgungsanlagen.

Realitätsfremde Fristen

Zentrale Wärmeversorgungsanlagen in bestehenden Gebäuden, die saniert, verbessert oder erneuert werden, müssen mit Anfang kommenden Jahres auf Heizungen umgestellt werden, die ausschließlich mit erneuerbaren Energieträgern oder Fernwärme betrieben werden. Ab dem Jahr 2025 müssen Öl- oder Kohleheizungen, die ein bestimmtes Alter erreicht haben, stillgelegt werden, auch wenn sie völlig funktionsfähig sind. Der endgültige Ausstieg aus Öl, Kohle und fossilem Flüssiggas ist 2035 vorgesehen. Das endgültige Aus für Erdgas ist für 2040 normiert.

Für ÖHGB-Präsident RA Dr. Martin Prunbauer ist dies ein nicht einhaltbarer Zeitplan:

Erhebliche Einschränkungen für Haus, Grund- und WohnungseigentümerInnen liegen nicht in weiter Ferne, sondern stehen in unmittelbarer Zukunft bevor.
Martin Prunbauer

Die Realität sieht anders aus

In Österreich sind rund 1,9 Millionen Heizungssysteme in Betrieb, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Für den endgültigen Ausstieg bis 2040 stehen rund 930 Wochen zur Verfügung. Aktuell gibt es 6.561 aktive Installateure, wobei nicht alle Gas- bzw. Heizungstechniker sind. Für den Umstieg auf erneuerbare Wärmeversorgungsanlagen stellt Prunbauer eine einfache Rechnung an:

Um die Zielvorgaben zu erfüllen, müssten jede Woche über 2.000 Heizungen getauscht werden. In Wien, wo die meisten Gasheizungen bestehen, gibt es allerdings nur 1.297 Installateurbetriebe, von denen auch nicht alle Gas- bzw. Heizungstechniker sind.
Martin Prunbauer

Zu berücksichtigen seien auch Lieferengpässe für Material, ein eklatanter Facharbeitermangel und ein enormer Preisanstieg, dessen Ende aktuell nicht absehbar sei, ergänzt er.

Prekäre Situation

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass das Vorhaben des Umweltministeriums - in ebenso knappen Zeiträumen - mangels technischer Alternativen nicht realisierbar sein wird. Aus Gründen der Infrastrukturgebundenheit bestehen oftmals keine Umstiegsoptionen. Prunbauer fasst die Situation zusammen:

Es ist nicht möglich, für jedes Haus und jede Wohnung eine Lösung zu finden, die auch finanziell machbar ist.
Martin Prunbauer

Der Anschluss an die Fernwärme ist nicht allerorts möglich und kann nicht in der notwendigen Geschwindigkeit ausgebaut werden. Mangels ausreichender Kapazitäten erneuerbarer Energieträger muss auch die Fernwärme zu 60 bis 65 Prozent auf fossile Brennstoffe wie etwa Gas und sogar Öl zurückgreifen. Fernwärme arbeitet bereits an der Grenze der Kapazität und verfügt selbst nicht über ausreichendes Brennmaterial. Prunbauer gibt überdies zu bedenken: „Der Anschluss an die Fernwärme bedeutet eine Monopolstellung der Betreiber.“ Aber auch eine Beheizung mittels Pellets scheitert – insbesondere im städtischen Bereich - an den Möglichkeiten einer vernünftigen Bringung und Lagerung. Ebenso ist der Einsatz von Wärmepumpen vielerorts nicht möglich. Es können nicht beliebig viele Wärmepumpen nebeneinander installiert werden. Im städtischen Bereich sind Luftwärmepumpen bei Wohnungen wegen ihrer Größe und Lärmemissionen oftmals nicht geeignet.

Wer soll es zahlen?

Von den zwangsweisen Umrüstungen sind nicht nur EigentümerInnen betroffen, die vermieten, sondern auch jene, die ihr Eigentum selbst nutzen. Puncher fasst den Kreis an Betroffenen zusammen und räumt ein:

Mehr als 50 Prozent der ÖsterreicherInnen leben im Eigentum und ein Großteil davon ist von den geplanten Maßnahmen betroffen [...] Der Besitzer einer alten Ölheizung gehört üblicherweise auch nicht zum Kreis der Millionäre.
Martin Prunbauer

Über viele Jahre wurde der Bevölkerung vermittelt, dass die Anschaffung von Eigentum ein größeres Maß an (finanzieller) Unabhängigkeit im Alter mit sich bringt. Neuerwerb von Wohnungen oder Häusern sind bereits mit nicht unerheblichen finanziellen Verbindlichkeiten verbunden. Dies trifft im besonderen Maße junge Familien und ältere Menschen, die keine Kredite mehr bekommen.
Werden den EigentümerInnen also noch zusätzliche Kostenbelastungen oktroyiert, wird dies wenig Verständnis und Akzeptanz auslösen. Ein Gesetz, das nicht praxisgerecht umgesetzt werden kann, führt zu Widerstand und begünstigt Umgehungen. Viele Menschen werden von den Maßnahmen überfordert sein und sehen sich gezwungen, ihr Eigentum zu verkaufen. Martin Prunbauer: „Einen solchen Weg zu beschreiten, erscheint unter den gegebenen Umständen nicht nur zur Unzeit, sondern ist völlig kontraproduktiv.“

Falsche Zeit für Zwang

Die nach wie vor anhaltende Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise, welche die Inflation in die Höhe treibt, die extrem gestiegenen Baukosten sind allesamt Faktoren, die deutlich machen, dass ein derart regulatives Gesetzesvorhaben zur Unzeit erfolgt. Dies zeigt sich umso deutlicher, wenn sogar das Umweltministerium die Industrie auf eine Umstellung auf Öl verweist und die Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken vorbereitet. Für Prunbauer ist völlig unverständlich, warum private Haushalte anders behandelt werden.

Zum ÖHGB

Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) ist die größte freiwillige Interessenvertretung österreichischer Haus-, Grund- und Wohnungseigentümer. Die Hauptaufgabe des ÖHGB besteht im Schutz und in der Förderung des Privateigentums sowie der Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der privaten ImmobilienbesitzerInnen. Die ca. 30.000 Mitglieder teilen sich auf die neun Landesverbände auf, die ihren Mitgliedern mit fundierten Rechts-, Steuer-, Versicherungs-, Bau- bzw. Finanzierungsberatungen und weiteren, umfangreichen Informations- und Serviceleistungen, zur Seite stehen. Darüber hinaus betreiben der ÖHGB und dessen Landesverbände im Interesse der Mitglieder aktive Standespolitik in der Interessenvertretung auf allen Ebenen.