Erneuerbare-Wärme-Gesetz(EWG) : Zentralisierungsverpflichtung der Wärmeversorgung!?

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Mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) sollen u.a. Fernwärme und eine „Zentralisierungsverpflichtung der Wärmeversorgung“ dazu beitragen, Österreich aus der Energie- und Klimakrise zu führen. Konkret heißt das, dass unter anderem für Gebäude mit dezentraler Wärmeversorgung (also z.B. Gebäude mit Gaskombithermen) eine Verpflichtung zur zentralen Wärmeversorgung (wie beispielsweise über Fernwärme) eingeführt werden soll.

Was ist der Unterschied zwischen Zentral und Dezentral?

Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass bei der dezentralen Wärmeversorgung die Wärme dort erzeugt wird, wo sie benötigt/abgenommen wird - so z.B. in der Wohnungseinheit selbst. Konkret können dies u.a. Gas-Thermen, Öl-Heizungen, Pelletöfen aber auch Wärmepumpen sein.
Bei der zentralen Wärmeversorgung wird die Wärme andernorts erzeugt und mittels eines Trägermediums zum Abnehmerort transportiert. Hierzu zählt beispielsweise Fernwärme, die in größeren Fernwärmezentralen erzeugt und über das Fernwärmenetz zu den einzelnen Abnehmern transportiert wird. Es werden aber auch Heizzentralen im Keller von Mehrparteienhäuser, etc. zur zentralen Heizlösung gezählt. Die Faustregel, dass bei einer zentralen Wärmeversorgung ein Wärmetransport vom Erzeugungsort zum Abnehmerort notwendig wird, soll hier festgehalten werden.

Generelle Umrüstung auf eine zentrale Wärmeversorgung bitte kritisch sehen!

Manfred Denk, Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), plädiert dafür, die Konsequenzen zu bedenken, die sich durch eine generelle Umrüstung auf eine zentrale Wärmeversorgung für die Praxis ergeben:

Bei der Fernwärme gibt es nachgewiesenermaßen ca. 30 Prozent höhere Verluste durch Energieumwandlung und Transport als bei dezentralen Heizsystemen.
Manfred Denk

Denk ergänzt, Fernwärme gebe es zudem nur in Ballungsräumen und sie werde derzeit bis zu 65 Prozent aus fossilem Gas erzeugt.

Was wären im Detail die Auswirkungen bei einem Wohnblock mit z.B. 100 Wohnungen, die derzeit dezentral mit Gasthermen geheizt werden?
Manfred Denk

Für diese Wohnungen müsste aufgrund der Verpflichtung zur Zentralität eine neue Keller- oder Dachheizzentrale gebaut werden. Würde diese weiterhin mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, wäre keine Verbesserung für die Umwelt gegeben, führt Manfred Denk weiter aus.

Energieeffizienz bei zentralen Lösungen?

Abgesehen davon dürfen die Nachteile eines Umbaus auf eine Heizzentrale nicht übersehen werden. Dabei wird die Wärme für die Heizung durch das ganze Gebäude mit erheblichen Verlusten transportiert. Noch schlimmer fallen diese aus, wenn auch das Warmwasser zentral erzeugt wird. Dann müssen Warmwasser und Zirkulationsleitungen im gesamten Gebäude 24 Stunden täglich und 365 Tage im Jahr auf 60°C Temperatur (Wasserhygiene) gehalten werden. Diese immensen Verluste wirken jeglicher Energieeffizienz entgegen.

In letzter Zeit werden zur Warmwassererzeugung vermehrt sogenannte Wohnungsstationen nachgefragt. Das sind Wärmetauscher, die von der Zentralheizung gespeist werden und das Wasser direkt in den Wohnungen erwärmen.
Manfred Denk

Auch hier komme es zu einer extremen Energieverschwendung, weil die Heizungsleitungen zur Warmwasserbereitung ebenfalls 24 Stunden pro Tag und das ganze Jahr mit mindestens 60° oder schon eher 70°C in Betrieb sein müsse.

Zentralisierung der Wärmeversorgung muss nicht automatisch effizient oder gar ökologisch sein. Die passende Heizform und das geeignete Heizsystem hängen immer von den Gegebenheiten und Bedürfnissen seiner Nutzer:innen ab.
Manfred Denk

Deswegen könnten unter den richtigen Voraussetzungen althergebrachte Elektrowarmwasserspeicher infolge geringer Verluste und kurzer Warmwasserwege in den Wohnungen hohen Komfort, ausgezeichnete hygienische Bedingungen und geringen Energieverbrauch bringen. In vielen Fällen sei auch eine wirtschaftliche Aufheizung des Warmwassers über Photovoltaik in den Monaten Mai bis Oktober möglich, erklärt Bundesinnungsmeister Denk.

Zentrale notwendige Schritte für sinnvollen Umbau der Wärmeversorgung

Mit diesen Beispielen wird deutlich, dass ein sofortiges Umdenken und entsprechendes Handeln für eine saubere Energiezukunft erforderlich sind. Für die Bundesinnung ergeben sich drei zentrale notwendige Schritte, die sofort in Angriff genommen werden müssen:

  • Keine generalisierende Zentralisierungsverpflichtung der Wärmeversorgung im EWG. Diese Vorschriften führen nicht aus der Klimakrise, sondern zerstören im großen Maß funktionierende Heizsysteme.
  • Austausch bestehender Gaskombithermen gegen neue Brennwertkombigeräte für bis zu 30 Prozent Energieeinsparung. Der Betrieb soll in absehbarer Zeit mit grünem Gas und/oder grünem Wasserstoff ermöglicht werden.
  • Die Verwendung von fossilem Gas für Fernwärme und im bestehenden Gasnetz für dezentrale Gasthermen in Wohnungen und Geschäften soll durch den Einsatz von Grünem Gas so schnell wie möglich beendet werden. Die österreichische Biomethan-Erzeugung muss sofort ausgebaut werden.
  • Bei Renovierungen im Altbestand sollte von bestehenden Energieraumplanungen abgewichen werden können, damit eine freie Wahl des Energieträgers für zentrale und dezentrale Techniken möglich ist und erneuerbare Energie weiterentwickelt und verbreitet werden kann.

Eine Umsetzung der Vorschläge zum Umbau der Wärmeversorgung mit Hausverstand bringt aus Sicht der Bundesinnung mehr Vorteile in Hinsicht Errichtungskosten, Ressourcenschonung, Kreislaufwirtschaft, Energieverbrauch und CO2-Reduktion für Konsument:innen, Wohnungs- und Hauseigentümer:innen, Vermieter:innen und Wohnungsgenossenschaften, als durch so manche Maßnahmen im EWG hervorgerufen werden würden. Darüber hinaus machen gerade der Ukrainekrieg und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die österreichische Energieversorgung und die Energiepreise mehr als deutlich, dass die Hebung der heimischen Potenziale von Grünem Gas einen entscheidenden Beitrag zur Unabhängigkeit von Energieimporten leisten kann.