Biomasse : Holzenergie ist unverzichtbar?!

Young seedling sprouting from a pile of wood pellets outdoors on a green background with copy space conceptual of renewable energy and fuel
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Das EU-Parlament stimmt am Mittwoch, 14. September, über folgende energiepolitische Themen ab: Einerseits sollen die Ausbauziele für erneuerbare Energie erhöht, andererseits soll die Energieholz-Nutzung nicht mehr als erneuerbar anerkannt werden, zudem soll deren Einsatz reduziert werden.
Holzenergie ist in Europa mit einem Anteil von 40% und in Österreich mit einem Anteil von 45% der mit Abstand bedeutendste erneuerbare Energieträger. In vielen Bereichen ist Holzenergie eine der günstigsten und häufig die einzig technisch machbare Lösung zum Ausstieg aus fossilem Erdgas. Es wundert also nicht, dass von mehreren Seiten massive Kritik an den EU-Plänen kommt. Wir wollen den Fokus nun ein wenig auf Österreich legen und schauen uns gerne die jüngsten Reaktionen im Land an. Man darf sich eine eigene Meinung bilden und es sei die Frage vorausgeschickt: Ist Holzenergie unverzichtbar?

Österreichischer Biomasse-Verband findet klare Worte für die Vorhaben

Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes, meint zur Thematik, das vorliegende Gesetzespaket gefährde unsere Versorgungssicherheit und führe Österreich direkt in ein kostspieliges Vertragsverletzungsverfahren.

Die Ziele für erneuerbare Energien sind ohne Holzheizungen, Biomasse-Heizkraftwerken und Nahwärmeanlagen schlichtweg nicht erreichbar. Reduzieren wir die Holzenergie um 10%, entspricht dies dem Photovoltaik-Ausbau der letzten 30 Jahre.
Franz Titschenbacher

Anstatt die nachhaltig verfügbaren Ausbaupotenziale der Bioenergie zu nutzen, sieht der Entwurf der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (REDIII) neben dem Ausschluss der Primärbiomasse für die erneuerbaren Energieziele noch eine Vielzahl an weiteren Hemmnissen für die Bioenergie vor: So sollen aufwändige Nachhaltigkeitszertifizierungen bereits für kleine Anlagen gelten, Mindest–THG-Einsparungen erhöht, Biotreibstoffe reduziert, „NoGo“-Gebiete für Biomassenutzung sowie eine eigene Obergrenze für die Stromerzeugung aus Biomasse definiert werden.
Titschenbacher findet dafür klare Worte:

Alles in Allem ist das vorliegende Paket eine Vollbremsung für die Energiewende.
Franz Titschenbacher

Dieser ergänzt, auch wenn viele Regelungen erst zeitverzögert in Kraft treten würden und durch die ausstehenden Trilog-Verhandlungen noch nicht das letzte Wort gesprochen sein dürfte, sei es ein fatales Signal an Haushalte, Gemeinden, Heizwerke und Industrie, die auf Holzenergie umgestellt hätten oder noch umstellen wollen würden. Wir würden zum Ausstieg aus russischem Erdgas Investitionen in die Rohstoffmobilisierung brauchen, die aktive nachhaltige Waldbewirtschaftung und moderne Technologien und keine Prügel zwischen den Füßen. Österreich sei im Bereich der Bioenergie Weltmarktführer. Holz hätten wir genug im Wald, und es wachse mehr nach, als wir nutzen würden.
Holz ist unsere wichtigste inländische Energiequelle. Dank des Bioenergie-Ausbaus kann Österreich auf Kohle- und Atomkraftwerke verzichten. Die installierte Leistung der Holzenergie-Anlagen, die an kalten Tagen für die Wärme- und Stromerzeugung abgerufen werden kann, beträgt rund 28 GW. Das entspricht einer Leistung von etwa 39 Atomkraftwerken der Marke Zwentendorf. Holzbrennstoffe basieren auf Reststoffen und Koppelprodukten, die im Wald bei der Waldpflege und bei der Produktion von Holzprodukten anfallen. Für einen Kubikmeter verbautes Holz fallen sechs Kubikmeter Nebenprodukte an, die auch energetisch verwertet werden können. Die energetische Nutzung dieser Nebenprodukte generiert die mit Abstand höchsten CO2-Einsparungen in der Nebenprodukte-Verwertung. Etwa die Hälfte der österreichischen Haushalte heizen direkt oder indirekt mit Holz oder verfügen über eine Zusatzheizung wie Kachel- oder Schwedenöfen. Etwa 2400 Nahwärmeanlagen und 130 stromerzeugende Anlagen bilden das Rückgrat der kommunalen Wärmeversorgung.

Die angeklungenen Zahlen und Fakten intendieren für diese Argumentationslinie den Schluss: Holzenergie ist unverzichtbar.

Fokus auf die Steiermark

Franz Titschenbacher, der auch Präsident der Landwirtschaftskammer (LK) Steiermark ist, pointiert im Kontext dieser Vertretung:

Wir sind strikt gegen diese Richtlinie. Das ist eine umweltpolitische Bankrotterklärung. Das ist unfassbar, es fehlt jeglicher Hausverstand.
Franz Titschenbacher

Simone Schmiedtbauer, EU-Abgeordnete und u.a. ehemalige Bürgermeisterin der steirischen Gemeinde Hitzendorf, ergänzt, Biomasse decke europaweit rund 60% der Erneuerbaren ab, ohne Biomasse ginge es nicht.

Der Kompromisstext, der uns jetzt vorliegt, kann so auf keinen Fall unterstützt werden und würde unsere Energiesouveränität konterkarieren.
Simone Schmiedtbauer

Schmiedtbauer betont außerdem, sie arbeite auf Hochtouren, um auf europäischer Ebene noch Verbesserungen für die Nutzung von forstlicher Biomasse zu erreichen.

Völlig unverständlich ist der Landwirtschaftskammer Steiermark, dass derartige Gesetzesvorlagen intransparent und geheimnisvoll von statten gehen sollen. Denn die EU-Parlamentarier stimmen über die Energie Richtlinie RED III ab, über einen Rückbau der Wärmegewinnung aus Biomasse war bei den begleitenden Verhandlungen jedoch niemals die Rede - erst in letzter Sekunde wurde diese Thematik aufs Tapet gebracht.
In diesem Zusammenhang droht Österreich sogar ein Vertragsverletzungsverfahren. Warum? Da Österreich in der Wärmeversorgung stark auf klimafreundliche Biomasse aus Holzreststoffen setzt - der Anteil liegt bei 54% -, droht unserem Land womöglich ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Der Grund: Österreich würde ohne nachwachsende Reststoffe aus Holz für die Wärmegewinnung die EU-Klimaziele verfehlen.

Konkret schaut die Gesetzesvorlage so aus, dass die direkte Nutzung von Biomasse aus dem bäuerlichen Wald durch die Waldeigentümer eingefroren wird und bis 2030 auf eine von der EU-Kommission noch vorzuschlagende Grenze reduziert werden soll. Dazu sagt Titschenbacher, obwohl man angesichts der massiven Energiekrise dringend mehr klimafreundliche Wärme aus Waldbiomasse benötige, stehe diese auf mehr als wackeligen Beinen. Gehe die Abstimmung im EU-Parlament am Mittwoch negativ für die Waldbiomasse aus - allein aus dringend notwendigen Durchforstungsmaßnahmen schlummere in den steirischen Wäldern enorme Mengen an Waldbiomasse für die Wärmeerzeugung -,

[...] dann steht die Weiterentwicklung der seit Jahrzehnten aufgebauten bäuerlichen Biomasse-Wärmenetze vor dem Ende.
Franz Titschenbacher

Titschenbacher betont in aller Deutlichkeit:

Nein zu dieser schleichenden Enteignung der Waldbesitzer und bäuerlichen Heizwerksbetreiber! Wir wehren uns mit aller Kraft dagegen!
Franz Titschenbacher

In der Steiermark versorgen 600 Biomasseheizwerke über 100.000 Haushalte mit Wärme auf Basis von Biomasse aus dem bäuerlichen Kleinwald. Sie leisten somit einen unverzichtbaren Beitrag zur sicheren, leistbaren und klimafreundlichen Energieversorgung der Steiermark. Insgesamt heizen in der Steiermark 230.000 Haushalte mit dem klimaneutralen Rohstoff Holz und mit biogenen Reststoffen aus dem Wald.
Man findet also auch hier zu einer klaren Schlussfolgerung: Holzenergie ist unverzichtbar.

Fokus auf Niederösterreich

Der freiheitliche Landwirtschaftssprecher LAbg. Ing. Mag. Reinhard Teufel aus Niederösterreich äußert zum Thema:

Morgen beschließen die EU-Parlamentarier den nächsten energiepolitischen Schuss ins eigene Knie. Biomasse ist dann nicht mehr Bio.
Reinhard Teufel

Er forderte die österreichischen EU-Parlamentarier aller Parteien auf, bei diesem "Wahnsinn" nicht mitzustimmen.
Konkret gehe es darum, dass Waldbauern künftig kein Energieholz mehr für die Energiewende bereitstellen sollen und dass sie die bisherige Nutzung sogar reduzieren müssten. Holzbiomasse, die künftig vom Wald direkt ins Biomasseheizwerk gehe oder für die Beheizung von bäuerlichen Wohnhäusern, Ställen oder Gebäuden verwendet werde, soll den Status als erneuerbarer Energieträger verlieren.

Damit ist Biomasse nicht mehr Bio. [...] Eine Schnapsidee der Sonderklasse!
Reinhard Teufel

Gerade in der regionalen Energieversorgung spiele Holz eine große Rolle. Besonders in Zeiten der Gasknappheit verweist Teufel auf die Hackschnitzel-, Stückholz- und Pelletsheizungen, die noch vor Kurzem als Alternative zu fossilen Brennstoffen angepriesen wurden.

Alleine in Niederösterreich sind im vergangenen Jahr 2.000 neue Pelletsheizungen installiert worden – Tendenz stark steigend.
Reinhard Teufel

Dem nicht genug erfolge mit dem morgigen EU-Gesetz auch eine schleichende Teilenteignung der Waldbauern, die wirtschaftlich ohnehin schon am Limit seien, warnt Teufel. So werde die direkte Nutzung von Biomasse aus dem bäuerlichen Wald durch die Waldeigentümer eingefroren und bis 2030 auf eine von der EU-Kommission noch vorzuschlagende Grenze reduziert. Durch diese Außernutzungsstellung von Waldflächen würden die sorgsam gepflegten Wälder sich selbst überlassen, anstatt sie aktiv an den Klimawandel und die Herausforderungen der Zukunft anzupassen, zeigt Teufel die verheerenden Folgen dieser „Hirnidee“ aus Brüssel auf und meint weiter, der österreichische Wald habe bislang kein Problem gehabt. Trotz negativer Natureinflüsse von Sturmschäden bis zum Borkenkäfer seien unsere Wälder in den vergangenen zehn Jahren stetig gewachsen und würden knapp die Hälfte der Staatsfläche ausmachen.

Die Probleme beginnen erst mit dem morgigen Beschluss.
Reinhard Teufel

Wohl verfestigt sich die bereits angeklungene Schlussfolgerung auch über diese argumentativen Züge: Holzenergie ist unverzichtbar.

Anm.d.Red.: Natürlich wird für eine profunde Meinungsbildung der eben gelegte Fokus zu unscharf und gleichzeitig zu eng ausfallen. Was man jedoch mindestens mitnehmen darf: Zu viele österreichische Haushalte heizen direkt oder indirekt mit Holz. Man möchte sich an dieser Stelle gar nicht ausmalen, welchen Kaskadeneffekt derartige von der EU geplante Regelungen mindestens für diesen Bereich lostreten könnten. Die Konklusion "Holzenergie ist unverzichtbar!" wird an dieser Stelle also eher beruhigen als irritieren.
Ob Holzenergie unverzichtbar ist, oder nicht, dürfen aber dennoch Sie selbst entscheiden.