Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) : Ja zum EWG - aber mit Praxisbezug!

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Beim Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) scheiden sich die Geister - vor allem, wenn es um seine Umsetzung geht. Politisch befeuert wollen wir im Folgenden einsteigen und im Anschluss über die Stimme des Verbandes der gemeinnützigen Bauvereinigungen ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen Theorie und Praxis belichten.

EWG - Beschluss im Ministerrat

„Mit diesem historischen Gesetz bekämpfen wir nicht nur die Ursache für die explodierenden Heizkosten, sondern auch unsere Abhängigkeit von russischem Gas und saudischem Öl. Gleichzeitig setzen wir den dringend notwendigen Schritt in Richtung klimaneutrales Österreich. Bis zum Jahr 2040 wollen wir aus allen fossilen Heizungen aussteigen, bereits ab nächstem Jahr soll es ein Einbauverbot für Öl- und Gasheizungen im Neubau geben“, freut sich Lukas Hammer, Sprecher für Klimaschutz und Energie der Grünen, über den Beschluss im Ministerrat am Mittwoch (2.11.22) und betont:

Die Tage, an denen wir mit unseren Heizrechnungen die Kriegskassen von Diktatoren von Saudi-Arabien bis Russland füllen, sind somit gezählt.
Lukas Hammer

Was regelt das EWG?

Das EWG ist eines der größten Gesetzespakete für die Energiewende und regelt den stufenweisen Weg zu umweltfreundlichen Heizsystemen. Das im Ministerrat (am 2.11.22) beschlossene Gesetz sieht vor, dass bereits ab 2023 im Neubau keine neuen Erdgasheizungen mehr eingebaut werden. Ab 2025 soll das sogenannte Phase-Out besonders alter Kohle- und Ölheizungen beginnen, damit diese bis 2035 vollständig ersetzt sind. Bis 2040 sollen dann auch alle Erdgasheizungen durch ein erneuerbares Heizsystem getauscht sein.

Nähere Informationen finden Sie auch unter: https://www.parlament.gv.at/PA...

„Diesen Umstieg fördern wir schon jetzt mit Rekordsummen, bis 2026 stehen insgesamt rund zwei Milliarden Euro dafür zur Verfügung. Wir müssen aber auch einsehen, dass Förderungen alleine in der Vergangenheit nicht ausgereicht haben, um uns aus der fossilen Abhängigkeit zu befreien. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir nun gesetzliche Rahmenbedingungen für den alternativlosen Ausstieg aus fossilen Heizsystemen schaffen“, meint Hammer und pointiert im Hinblick auf den Beschluss im Ministerrat:

Der heutige Beschluss im Ministerrat ist der Startschuss für die Verhandlungen auf parlamentarischer Ebene. Damit ist ein wichtiger Schritt getan, die Verhandlungen im Parlament werden allerdings noch ein hartes Stück Arbeit.
Lukas Hammer

„Wir spüren heute was uns das jahrzehntelange Vernachlässigen von Klimaschutz und der einseitige Umgang mit unserer Energieversorgung gebracht hat. Mit diesem Gesetz wollen wir diese Probleme nun endlich an der Wurzel packen, denn der Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle ist für eine klimafreundliche Zukunft alternativlos“, betont Hammer.

Die Stimme des Verbandes der gemeinnützigen Bauvereinigungen

Die Wichtigkeit und Dringlichkeit einer Energiewende ist in Anbetracht des Klimawandels und der außenpolitischen Situation vollkommen klar. Dazu braucht es gesetzliche Maßnahmen - wie das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG). Allerdings appelliert der Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBVs) an die zuständigen Stellen, die wohnwirtschaftliche Praxis und die wohnrechtlichen Fragen dabei nicht außer Acht zu lassen, wie Obmann Klaus Baringer und sein Vize Herwig Pernsteiner einhellig betonen.

Wohnrechtliche Baustellen:

Neben besonderer Förderungsschienen für den mehrgeschossigen Wohnbau benötigt es jedenfalls wohnrechtliche Begleitmaßnahmen im bzw. für das EWG. Diese sind unabdingbar, um den Umstieg auf klimafreundliche Heizungen, den Einsatz von erneuerbaren Energieträgern sowie die Durchführung von thermischen Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden nicht nur zu vereinfachen, sondern teilweise auch überhaupt erst rechtlich möglich zu machen. Dies beginnt bei der Duldungspflicht bis zur Klarstellung, ob notwendige Arbeiten als Erhaltungsarbeiten im gesamten Wohnrecht (MRG, WGG, WEG und ABGB) qualifiziert werden können. Aber auch Regelungen, die die Finanzierbarkeit betreffen, könnten notwendig werden. Denn insbesondere bei alten Häusern ergeben sich sehr große finanzielle Probleme.

Sanierung in der Praxis:

Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Stilllegung einer bestehenden Anlage nach §§ 8 und 10 EWG kann von einem Gebäudeeigentümer beantragt werden, wenn innerhalb der kommenden zwei Jahre eine thermische Sanierung erfolgt. Hier braucht es eine Anpassung, um den Zeitraum von zwei auf fünf Jahre zu erhöhen. Denn die angedachte Frist geht leider an der Realität vorbei, da die Planung und Durchführung von thermischen Sanierungen aufwendig ist und ein Großprojekt im Regelfall viel länger dauert. Die mögliche Dauer der technischen Umsetzung eines Sanierungsvorhabens - siehe aktuelle Lieferverzögerung, Dauer von Baubewilligungsverfahren etc. - sind hier zu beachten. Auch müssen die Entscheidungsfindungsprozesse innerhalb einer Eigentümergemeinschaft samt den damit im Zusammenhang stehenden Einspruchsmöglichkeiten einzelner Eigentümerinnen und Eigentümer mitbedacht werden.

Problem Lieferbarkeit:

Bei Versorgungsnotstand mangels Lieferbarkeit von fossilfreien Wärmebereitstellungsanlagen bzw. Teilen davon und/oder der Nicht-Verfügbarkeit entsprechender Professionistinnen und Professionisten sollte es den Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern erlaubt sein, eine bestehende Wärmebereitstellungsanlage weiter zu betreiben.

Zentralisierungsverpflichtung wirklich zielführend?

Ein Zentralisierungsgebot im Sinne einer Zentralisierungsverpflichtung scheint wenig zielführend, da der Wandel in Richtung Dekarbonisierung Technologieoffenheit braucht. Dekarbonisierungswillige Eigentümerinnen und Eigentümer sollen selbst entscheiden dürfen, auf welche Art und Weise sie die Umstellung auf eine klimafreundliche Wärmebereitstellungsanlage vornehmen. Die vorgesehene Bestimmung des § 11 EWG scheint wenig praktikabel und wirft viele Rechtsfragen auf. Denn es ist de facto unmöglich, Einstimmigkeit zu erlangen (gerade in größeren Wohnungseigentumsanlagen), dies führt aber dann sofort zur Pflicht zur Zentralisierung. Darüber hinaus schränkt man dekarbonisierungswillige Eigentümerinnen und Eigentümer in ihrer Entscheidung ein, denn die Dekarbonisierung muss bis 30. Juni 2035 (Öl) bzw 30. Juni 2040 (Gas) erfolgen, die Entscheidung aber schon 10 bzw. 15 Jahre vorher.

Der Verband:

Der Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen ist die Interessensvertretung der 182 gemeinnützigen Bauvereinigungen. In den von den Mitgliedsunternehmen verwalteten Wohnungen wohnen österreichweit mehr als 2.000.000 Bewohnerinnen und Bewohner.

Ja zum EWG - aber mit Bedacht auf die Umsetzbarkeit

Ja zur Wärmewende und, weil eine solche gesetzliche Maßnahmen braucht, ja zum EWG - aber mit Bedacht auf seine Umsetzbarkeit.
Aus den aktuellen klima- und energiepolitischen Umständen darf man viel lernen und will hierfür auch Lösungen schaffen, welche zukunftsträchtig sind. Ob es sich nun in Bezug auf den Fundus des EWG und die Stimme des Verbandes der gemeinnützigen Bauvereinigungen um eine tatsächliche Spannung zwischen Theorie und Praxis handelt, kann man mindestens kritisch sehen. Erkennen wird man aber, dass die im EWG geregelten Maßnahmen einer über den gezielten Praxisbezug notwendigen Verfeinerung bedürfen.

Die Verhandlungen im Parlament gilt es nun abzuwarten. Ob dabei noch etwaige Anpassungen des EWG zu erwarten sind, kann aktuell nicht mit Gewissheit gesagt werden - wenngleich solche für zukunftsträchtige Lösungen essenziell werden.