H2-Betriebsversuch in Gasturbine : Beitrag von Wasserstoff zur Dekarbonisierung, zur Energiewende - ein Exempel

Turbinenwartung beim Kraftwerk Donaustadt

Am Gelände des Kraftwerks Donaustadt wurde bereits letztes Jahr eine der größten Gasturbinen Österreichs für den (Teil-)Betrieb mit H2 umgebaut. Die Betriebsversuchsreihe, initiiert in einem Kooperationsprojekt von Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und VERBUND, startet bereits diese Woche. Mit dem Versuch wollen die Kooperationspartner wichtige Erkenntnisse für die Umstellung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf grüne Quellen gewinnen.

- © Bild: Wien Energie / Johannes Zinner

Vor rund einem Jahr kündigten Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und Verbund an, die Beimengung von Wasserstoff in einer der größten Gasturbinen Österreichs am Kraftwerk Donaustadt unter Realbedingungen testen zu wollen.

>>> In der HLK-Meldung "Nägel mit Köpfen - Wiener Gasturbine wird für Wasserstoffbetrieb vorbereitet" lesen Sie darüber mehr.

Diese Woche soll nun ein gemeinsamer Betriebsversuch starten. In der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage von Wien Energie, dem Kraftwerk Donaustadt, mischen die Projektpartner dabei erstmals Wasserstoff dem normalerweise eingesetzten Energieträger Erdgas bei. Wie man in einer kürzlich lancierten Pressemeldung meinte, soll es sich hierbei weltweit um den ersten Versuch dieser Art an einer kommerziell genutzten Gas-und-Dampfturbinen-Anlage in dieser Leistungsklasse handeln.

Die Erkenntnisse, welche die Kooperationspartner daraus gewinnen wollen, sollen einen wesentlichen Beitrag für künftige Umstellungen von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf grüne Gase leisten - vom Gasturbinentyp des Kraftwerks Donaustadt sind nämlich allein in Europa über 115 Anlagen in Betrieb.

Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke ist überzeugt:

In Wien werden die Weichen für die Energiezukunft gestellt! Der Betriebsversuch im Kraftwerk Donaustadt ist ein Meilenstein für die Umstellung des Energiesystems auf klimaneutrale Quellen. Wir werden auch in Zukunft flexible Energieerzeugungsarten brauchen. Mit dem Versuch kommen wir dem grünen Kraftwerk hier in Wien einen großen Schritt näher.
Peter Hanke

Kraftwerk Donaustadt: Leistung, Wirkungsgrad, Versorgung

Das Kraftwerk Donaustadt in Wien ist eine der modernsten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen Österreichs. Wien Energie hat das Kraftwerk 2001 in Betrieb genommen und erzeugt Wärme mit 350 Megawatt Leistung und Strom mit bis zu 395 Megawatt. Im kombinierten Betrieb liegt der Wirkungsgrad bei 86 Prozent, der Umbau der Gasturbine steigert den Wirkungsgrad um weitere 0,6 Prozent. Die Anlage ist damit besonders effizient. Im Jahr 2020 konnte das Kraftwerk Donaustadt umgerechnet Strom für 850.000 Haushalte und Wärme für mehr als 150.000 Haushalte produzieren.

Kraftwerk Donaustadt
Kraftwerk Donaustadt - © Bild: Wien Energie/Max Kropitz

Grüner Wasserstoff soll jährlich rund 33.000 Tonnen CO2 einsparen

Rund 10 Millionen Euro investieren die Projektpartner in das Projekt, Förderungen im Rahmen des Programms „Vorzeigeregion Energie“ des Klima- und Energiefonds wurden beantragt. Von Mitte Juli bis Mitte September werden an mehreren Testtagen unterschiedliche Mengen Wasserstoff beigemischt. Beginnend mit 5 Volumenprozent steigern die Projektpartner den Wasserstoffanteil im Rahmen des Versuchs auf bis zu 15 Prozent. In einem Folgeprojekt ist geplant, den Anteil auf rund 30 Volumenprozent zu erhöhen. Ist der Versuch erfolgreich, soll die Anlage für den Dauerbetrieb zertifiziert werden. Bereits bei einer Beimischung von 15 Volumenprozent grünem Wasserstoff im Kraftwerk Donaustadt könnten jährlich rund 33.000 Tonnen CO2 eingespart werden.

Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung, meint:

Wir kommen vom Reden ins Tun und machen Wien bis 2040 klimaneutral. Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir neben den etablierten Technologien auch neue Ansätze. Der weltweit erste Wasserstoff-Betriebsversuch bei uns im Kraftwerk Donaustadt ist dafür ein besonderer Meilenstein, um künftig grüne Gase in großen Kraftwerken einzusetzen. Mit unserer länderübergreifenden Kooperation setzen wir entscheidende Impulse für die Energiewende in ganz Europa.
Michael Strebl

2023 wollen Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und VERBUND im Rahmen eines Betriebsversuchs erstmals Wasserstoff für die Energieerzeugung beimengen. Dieser Versuch soll der weltweit erste dieser Art an einer kommerziell genutzten Gas-und-Dampfturbinen-Anlage in dieser Leistungsklasse sein. Mit dem Versuch wollen die Kooperationspartner wichtige Erkenntnisse für die Umstellung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf grüne Quellen gewinnen.

- © Bild: Wien Energie/APA-Auftragsgrafik

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Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der RheinEnergie, großes regionales Stadtwerk mit Sitz in Köln, ergänzt und hebt dabei auf das Thema Dekarbonisierung ab:

Dieser Betriebsversuch nutzt den Menschen, die wir mit Energie, vor allem Wärme, beliefern. Dekarbonisierte Wärmebereitstellung ist einer der wichtigsten Bausteine für effektiven Klimaschutz. Deswegen kooperieren wir dazu international, setzen es am Ende vor Ort um und garantieren somit für Zigtausende Menschen eine zukunftssichere Versorgung.
Andreas Feicht

Dekarbonisierung und Bekämpfung des Klimawandels mit Wasserstoff

Vorgenommen wird der Betriebsversuch konkret an einer Gastrubine vom Typ SGT5-4000F, welcher europaweit besonders weit verbreitet ist. In Planung bereits seit 2021 wurde im Sommer 2022 die Gasturbine in Wien für den Betriebsversuch umgerüstet. Dazu weiß Aleš Prešern, Geschäftsführer von Siemens Energy Austria:

Unsere Gasturbinen werden wasserstofffähig: Der Turbinentyp, der bei diesem Versuch zum Einsatz kommt, ist besonders weit verbreitet. Wir unterstützen unsere Partner und Kunden bei der Realisierung von Lösungen zur Dekarbonisierung ihrer Prozesse und sind überzeugt, dass der Wasserstoff-Einsatz in unseren Turbinen ein wichtiger Schlüssel zur Bekämpfung des Klimawandels ist.
Aleš Prešern

Die beteiligten Unternehmen erwarten sich vom Betriebsversuch wichtige Erkenntnisse und Daten zur Effizienz und den Emissionen der Wasserstoffmitverbrennung über den gesamten Betriebsbereich. Diese Erkenntnisse sind zur Weiterentwicklung der wasserstofffähigen Gasturbinen-Komponenten und Kraftwerksinfrastrukturen hoch relevant. Die Expert*innen der teilnehmenden Unternehmen werten die Ergebnisse bis Anfang 2024 gemeinsam aus und treffen daraus Folgerungen für die weitere Anpassung an neue künftige grüne Energieträger.

VERBUND Thermal Power Geschäftsführer Robert Koubek in diesem Kontext:

Mit innovativen Ansätzen gelingt uns die Energiewende. Gemeinsam testen und forschen wir hier an einer neuen und klimaneutralen Art, unsere Kraftwerke zu betreiben. So setzen wir die wesentlichen Weichen, um die Dekarbonisierung des Gassektors voranzutreiben.
Geschäftsführer Robert Koubek

Flexibler Kraftwerkstyp als Resilienzfaktor für unser Stromnetz

Nahezu baugleich erzeugen die Gasturbinen von Wien Energie, RheinEnergie und VERBUND je nach Bedarf und Betriebsweise Strom und Wärme, die in Fernwärmenetze eingespeist werden kann. Dabei lassen sich die Gasturbinen schnell an- und abfahren. So gleichen die Turbinen Schwankungen im Stromnetz aus, die bei der Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom zwangsläufig entstehen. Kaum ein anderer Kraftwerkstyp ist so flexibel wie eine Gas-und-Dampfturbinenanlage.

Bei allen drei Unternehmen ist eine Siemens Energy-Gasturbine vom Typ SGT5-4000F im Einsatz. Dieser Anlagentypus trägt in seiner Klasse die Hauptlast der Versorgung am Strommarkt in Österreich und speziell für das gesamte Versorgungsgebiet Wien. In Europa sind mehr als 115 Gasturbinen dieser Klasse mit einer installierten Leistung von mehr als 31 Gigawatt in Betrieb. In Köln steht sie am Standort Niehl (HKW Niehl 2, Inbetriebnahme 2005, Leistung 400 Megawatt).

Grüner Wasserstoff im Trend

Wasserstoff gilt als Schlüsselenergieträger auf dem Weg zur Klimaneutralität. Er kann als sogenannter „grüner“ Wasserstoff mit erneuerbaren Energien hergestellt werden und ist damit vollständig klimaneutral.

Was ist grüner Wasserstoff - einfach erklärt?

Mit Elektrolyseuren kann durch Wasserspaltung Wasserstoff gewonnen werden. Wird die für die Elektrolyse nötige Energie vollständig durch erneuerbare Energien – wie z.B. aus PV oder Windkraft – angewendet, so resultiert Grüner Wasserstoff. Im Gegensatz zu Strom wird mit H2 speicherbare Sekundärenergie gewonnen. Regenerativ erzeugter Strom wird in Form von Wasserstoff zwischengespeichert und kann je nach Bedarf beispielsweise als Strom(und Wärme) beispielsweise auch über Brennstoffzellen zurückgewonnen werden. H2 gilt neben vielen weiteren Einsatzgebieten beispielsweise der Industrie und Mobilität mittlerweile auch als interessante Alternative zu Erdgas in der Heiztechnik. Das Gros der Gasheizgeräte ist bereits bis zu einem Grad „H2-ready“. Für eine Dekarbonisierungsstrategie Österreichs gewinnt Grüner Wasserstoff immer mehr an Interesse.

Zudem kann Wasserstoff eben auch ein Medium sein, um den Überschuss aus der Produktion von Erneuerbarer Energie zu speichern. Stichwörter wie Sektorenkopplung oder Power-to-Gas kommen hier ins Spiel. Damit leistet er einen Beitrag zur Stabilisierung des Energiesystems und erhöht dessen Flexibilität. Da hohe Mengen an Erneuerbarer Energie oft in den Zeiten anfallen, in denen der Bedarf vielleicht eher gering ist, aber nicht zur Verfügung stehen, wenn es hohe Nachfrage gibt (Winter, Dunkelheit, niedrige Temperaturen, …), kann Wasserstoff als Ausgleich zwischen Bedarf und Angebot dienen.

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