Dekarbonisierung : Nägel mit Köpfen - Wiener Gasturbine wird für Wasserstoffbetrieb vorbereitet

Foto-Medientermin & Lokalaugenschein beim Kraftwerk Donaustadt: weltweit erster Wasserstoff-Betriebsversuch in Wiener Gasturbine; © Wien Energie/FOTObyHOFER/Christian Hofer, 06.07.22

Gasturbine am Kraftwerk Donaustadt wird bis 2023 auf Wasserstoffbetrieb umgebaut - v.l.n.r. •Michaela Länger (Finance Director Siemens Energy Austria), Aleš Prešern (Geschäftsführer Siemens Energy Austria), Dieter Steinkamp (Vorstandsvorsitzender RheinEnergie Köln), Michael Strebl (Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung), Achim Kaspar (COO Verbund)

- © Bild: Wien Energie/Christian Hofer

Bis 2040 soll Erdgas in der Energieerzeugung in Wien vollständig von klimaneutralen Energieträgern abgelöst werden. Am Gelände des Kraftwerks Donaustadt wird deshalb aktuell eine der größten Gasturbinen Österreichs umgebaut. 2023 wollen Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und Verbund im Rahmen eines Betriebsversuchs erstmals Wasserstoff für die Energieerzeugung beimengen. Dieser Versuch ist der weltweit erste dieser Art an einer kommerziell genutzten Gas-und-Dampfturbinen-Anlage in dieser Leistungsklasse. Mit dem Versuch wollen die Kooperationspartner wichtige Erkenntnisse für die Umstellung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf grüne Quellen gewinnen. Der Umbau der Turbine ist der erste Meilenstein des Projekts. Die Gasturbine selbst ist damit bereit für die Beimengung von Wasserstoff.

Kraftwerk Donaustadt
Kraftwerk Donaustadt - © Bild: Wien Energie/Max Kropitz
Nur durch Reden löst sich die Klimakrise nicht! Der Umbau unserer Gasturbine und der weltweit erste Wasserstoff-Betriebsversuch im Kraftwerk Donaustadt sind wichtige Schritte für mehr Klimaschutz und Unabhängigkeit.
Michael Strebl

Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung, ergänzt, auch in Zukunft werde man Kraftwerke für die zuverlässige Energieversorgung in der Stadt benötigen. Mit dem Betriebsversuch arbeite man gemeinsam mit seinen Kooperationspartnern an einem konkreten Lösungsansatz, wie man diese Anlage künftig klimaneutral betreiben könne.

Mitte Juli sollen die Turbinen-Umbauarbeiten abgeschlossen sein

Neben der Vorbereitung für die Wasserstoff-Beimengung kann Wien Energie durch den Turbinenumbau auch die Effizienz des Kraftwerks um insgesamt rund 23 Megawatt steigern. Im Rahmen der Umbauarbeiten wurden unter anderem verbesserte Turbinenschaufeln, ein neues Verbrennungssystem, ein Heizgasanalysegerät und ein neues Kontrollsystem installiert. Auch die Brennkammer wurde optimiert und für den Betriebsversuch vorbereitet.

Der Umbau der Gasturbine, der Anfang Mai gestartet ist und Mitte Juli abgeschlossen wird, wird von Siemens Energy durchgeführt.

Dieses gemeinsame Projekt wird demonstrieren, dass es mit der Umrüstung bestehenden Gasturbinen künftig möglich ist, auch in vorhandenen, konventionellen Kraftwerken Wasserstoff, einen den wichtigsten Energieträger der Zukunft, einzusetzen.
Aleš Prešern

Von besonderer Bedeutung sei es, dass man mit seinen Partnern diesen Versuch in einer Großstadt wie Wien durchführe, die stets an der Spitze von Klimabewusstsein und umweltfreundlicher Energieversorgung stehe, was auch eine hohe Lebensqualität für die Bewohner bedeute. Damit leiste man einen wichtigen Baustein zur Energiewende und steigender Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, meint Aleš Prešern, Geschäftsführer von Siemens Energy Austria, außerdem.
Nach Abschluss der Umbauarbeiten ist die Anlage bis zum Betriebsversuch regulär in Betrieb.

"Step by step" zum grünen Kraftwerk

Im Versuch wird Wasserstoff dem normalerweise eingesetzten Energieträger Erdgas beigemengt. In der ersten Versuchsphase soll der Wasserstoffanteil bei 15 Volumenprozent liegen. Im zweiten Schritt ist geplant, den Anteil zu verdoppeln. Ist der Versuch erfolgreich, soll die Anlage für den Dauerbetrieb zertifiziert werden. Die Erkenntnisse aus dem Betriebsversuch mögen den Weg zum „grünen Kraftwerk“ ebnen.
Dieter Steinkamp, Vorstandsvorsitzender der RheinEnergie, regionaler Energieversorger in Köln und dem Rheinland, erklärt, man habe sich auf den Weg gemacht, seine Verantwortungsbereiche bis 2035 komplett zu dekarbonisieren. Dabei komme dem Wärmesektor eine Schlüsselrolle zu. Wenn man diesen auf klimaneutrale Brennstoffe umgerüstet habe, gewinne man damit in Köln über 50.000 klimaneutrale Haushalte.

Der Betriebsversuch mit der zu uns baugleichen Siemens-Turbine ist deswegen ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu diesem Ziel.
Dieter Steinkamp

Gasturbine - Betriebsversuch mit Wasserstoff.

- © Bild: Wien Energie/APA-Auftragsgrafik

Klimaschutz-Kooperation mit großen Auswirkungen

Wien Energie, RheinEnergie und Verbund haben alle Siemens Energy-Gasturbinen vom Typ 4000F im Einsatz. In Gas- und Dampfturbinenkraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung können diese Anlagen rund um die Uhr Wärme und Strom erzeugen. Ihre Flexibilität wird auch in Zukunft dringend gebraucht: Die Turbinen können Tagesschwankungen und saisonale Produktionsunterschiede der erneuerbaren Stromerzeugung von Wind- und Sonnenenergie flexibel ausgleichen.

Wir testen und forschen hier gemeinsam zum Einsatz von Wasserstoff in der bestehenden Infrastruktur eines Wärmekraftwerks, um die Dekarbonisierung des Gassektors voranzutreiben und uns unabhängiger von fossilen Importen zu machen.
Achim Kaspar(Verbund-Vorstand )

Der Betriebsversuch kann große Auswirkungen auf die Umstellung von Kraftwerken auf klimaneutrale Quellen weltweit haben. Schon bei 15 Volumenprozent Beimischung von grünem Wasserstoff würden etwa im Kraftwerk Donaustadt jährlich rund 33.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Der Anlagentypus, bei dem die Beimengung getestet wird, trägt in seiner Klasse die Hauptlast der Versorgung am Strommarkt in Österreich und speziell für das Versorgungsgebiet Wien. In Europa sind mehr als 115 Gasturbinen dieser Klasse in Betrieb mit einer installierten Leistung von mehr als 31 Gigawatt.

Erste Ergebnisse Ende 2023 erwartet

Im Sommer 2023 soll die Wasserstoff-Beimengung getestet werden. Bis dahin laufen noch weitere Vorarbeiten und die Installation der benötigten Wasserstoff-Infrastruktur, wie etwa eine technische Versorgungsanlage und diverse Mess- und Analysestationen. Erste Ergebnisse aus dem Versuch und der Analyse erwarten sich die Kooperationspartner für Ende 2023. Insgesamt investieren Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und Verbund rund zehn Millionen Euro in das Projekt, auch Förderungen wurden beantragt, um das Projekt vollumfänglich durchführen zu können.

Das Kraftwerk Donaustadt

Das Kraftwerk Donaustadt in Wien ist eine der modernsten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen Österreichs. Wien Energie hat das Kraftwerk 2001 in Betrieb genommen und erzeugt Wärme mit 350 Megawatt Leistung und Strom mit bis zu 395 Megawatt. Im kombinierten Betrieb liegt der Wirkungsgrad bei 86 Prozent, der Umbau der Gasturbine steigert den Wirkungsgrad um weitere 0,6 Prozent. Die Anlage ist damit besonders effizient. Im Jahr 2020 konnte das Kraftwerk Donaustadt umgerechnet Strom für 850.000 Haushalte und Wärme für mehr als 150.000 Haushalte produzieren.

Gasturbine am Gelände des Kraftwerks Donaustadt