Grüner Wasserstoff : Wasserstoff-Pipeline Burgenland-Wien in Planung

hydrogen, pipeline, h2, house, supply, home, blue, building, business, carbon, chemical, co2, demand, eco friendly, ecology, energy, engineering, environmentally friendly, future, gas, grass, green, heating, household, independence, industrial, industry, infrastructure, installation, meadow, mix, natural, nature, pipe, policy, power, production, renewable, secure, source, strategy, sustain, sustainability, sustainable, technology, tube, valve, wind turbine, zero
© Bild: malp - stock.adobe.com

Die burgenländische Stromnetzgesellschaft Netz Burgenland will einen Impuls für die Erzeugung von Wasserstoff setzen. Die Nutzung von Überschuss-Strom aus Wind- und PV-Anlagen würde die Stromnetze entlasten und somit die Effizienz des Gesamtsystems erhöhen. Konkret trifft dies die Tatsache, dass in Spitzenzeiten von Wind- und PV-Anlagen, wenn mehr Strom produziert wird, als in diesem Moment vom Netz aufgenommen werden kann, und wenn alternative Entlastungssysteme wie Power-to-Heat, etc. fehlen, die Entlastung des Stromnetzes bis dato nur erreicht werden kann, wenn die Anlagen gezielt abgeschaltet werden. Hier will sich durch die Vermeidung einer Abschaltung und die weitere Verwertung des Überschuss-Stroms zur Erzeugung von Wasserstoff mittels Elektrolyse ein Schlüssel für mehr Effizienz des Gesamtsystems finden.
Darüber hinaus könnte Wasserstoff langfristig den Transport von Energie erleichtern und als Langzeitspeichermedium helfen, saisonale Schwankungen auszugleichen. Diese Vorschläge präsentierte der Geschäftsführer der Netz Burgenland GmBH, Wolfgang Trimmel, beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 7. Dezember 2022.

Energiepolitisches Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 7. Dezember 2022

Brigitte Ederer, Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, hob die mögliche Bedeutung von Wasserstoff für die Netzbetreiber hervor:

Nach Meinung aller Experten könnte mit Wasserstoff die Leistungsfähigkeit der Stromnetze verbessert und damit die Energiewende beschleunigt werden.
Brigitte Ederer

Das Burgenland verfügt österreichweit über die meisten Windparks, auch der Ausbau der Sonnenenergie soll massiv forciert werden. Für die Netze wird diese eigentlich gute Nachricht zum Problem, so Trimmel:

Netztechnisch sind wir am Limit, wir sind voll.
Wolfgang Trimmel

Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass Wind- und Sonnenenergie starken natürlichen Schwankungen unterliegen, die Netze aber stark genug sein müssen, um die Erzeugungsspitzen aufzunehmen, auch wenn diese nur selten erreicht werden. So liegt der tägliche Stromverbrauch im Burgenland fast immer unter 300 Megawatt, während die Einspeisung Ausschläge bis zu 1,2 Gigawatt erreicht.

Wir bauen Netzkapazitäten für wenige Stunden Spitzenleistung. Wenn wir diese kurzzeitigen Leistungsspitzen nicht ins Netz einspeisen, können wir in Summe wesentlich mehr Wind- und Sonnenstrom aufnehmen.
Wolfgang Trimmel

Eine einfache Lösung könnte darin bestehen, diese Erzeugungsspitzen abzuregeln, also nicht ins Netz zu nehmen, wodurch sie allerdings verloren gehen. Die bessere Lösung sieht Trimmel allerdings darin, diesen Strom zur Erzeugung von Wasserstoff via Elektrolyse zu verwenden. Dabei geht zwar ein Teil der Energie als Abwärme verloren, doch dieser Wirkungsgradverlust relativiert sich angesichts der Alternativen:

Es ist besser, diesen Strom unter Verlust als Wasserstoff zu speichern, als ihn durch Abregeln völlig zu verlieren.
Wolfgang Trimmel
Und ein Ausbau der Netze, um die gelegentlichen Spitzenleistungen von noch mehr PV- und Windanlagen aufnehmen zu können, wäre enorm teuer und würde sehr viel mehr Zeit kosten als die Errichtung von Elektrolysen.
Wolfgang Trimmel

Wasserstoff soll über Pipeline nach Wien transportiert werden

Ein konkretes Projekt zur Erzeugung von Wasserstoff ist im Burgenland am Standort Zurndorf bereits in Planung. Netz Burgenland kooperiert dabei unter anderem mit Netz NÖ, den Wiener Netzen und der Verbund-Tochter Gas Connect Austria. Der Wasserstoff soll über eine Pipeline nach Wien transportiert werden und dabei mehrere potenzielle Nutzer verbinden: Die Biogasanlage in Bruck/Leitha kann Wasserstoff zur Synthese von Biomethan verwenden. In der Raffininerie Schwechat soll Grünes Kerosin für den Flughafen Wien hergestellt werden. Und in Wien wird Wasserstoff unter anderem für die Busse der Wiener Linien gebraucht.

Wie kann Wasserstoff zur Synthese von Biomethan verwendet werden?

Im Juli wurde das Erneuerbaren Ausbau-Gesetz beschlossen. Es sieht Förderungen vor, um bei bestehenden Biogasanlagen die Aufbereitung des Rohbiogases zu Biomethan zu ermöglichen. Dabei muss das im Rohbiogas enthaltene CO2 abgetrennt werden, um Grünes Gas mit dem notwendigen Methangehalt in das Erdgasnetz einspeisen zu können.
Je nach eingesetztem Substrat macht CO2 20–55 % des Biogasvolumens aus. Doch das CO2 kann auch genutzt werden, um durch Zugabe von Grünem Wasserstoff synthetisches Methan herzustellen. Auf diese Weise ist eine Verdopplung des Methanertrags von Biogasanlagen möglich. Wird der Wasserstoff für die Methanisierung in einer mit erneuerbarem Strom betriebenen Wasserelektrolyse erzeugt, spricht man von einer Power-to-Gas-Technologie, die Strom- und Gasnetze koppelt (zusammenführt) und erneuerbaren Strom in Form von Grünem Gas speichert.

In der ÖVGW-Publikation Gasforschung (GF) 60 „Standardisierte Biogasaufbereitung und Methanisierung“ (Link, S. 16 im Gesamtbericht) werden zwei Methoden beschrieben, mit denen CO2 aus Biogasanlagen genutzt werden kann, um unter Zugabe von Wasserstoff synthetisches Methan zu erzeugen: die katalytische und die biologische Methanisierung.

Katalytische Methanisierung

Bei der katalytischen Methanisierung wird das CO2 mit Wasserstoff an einem Katalysator – zumeist wird dafür das Metall Nickel verwendet – chemisch zu Methan und Wasserdampf umgewandelt. Dieser Vorgang erfolgt bei Temperaturen zwischen 300 und 500 °C und Druckverhältnissen, die zwischen 5 und 15 bar liegen.

Wird bei diesem Prozess genügend Wasserstoff eingesetzt, kann das im Biogas enthaltene CO2 praktisch vollständig zu Methan umgesetzt werden. Bevor das Synthesegas in das Gasnetz eingespeist werden kann, muss der darin enthaltene Wasserdampf abgetrennt werden.

Nachdem die Methanisierung mit einem Wasserstoffüberschuss passiert, bleibt ein gewisser Anteil reinen Wasserstoffs von ca. 6 % im Produktgas. Da am 1. Juni 2021 die Richtlinie G B210 veröffentlicht wurde, welche einen Wasserstoffanteil von 10% bei der Einspeisung ins Gasnetz zulässt, stellt dies kein Problem mehr dar.

Biologische Methanisierung

Bei der biologischen Methanisierung kommen bei der Methanerzeugung speziell gezüchtete Archaeen, das sind einzellige Organismen, zum Einsatz. Sie nutzen das im Rohbiogas enthaltene CO2 und den zugesetzten Wasserstoff als Nahrung und wandeln diese Bestandteile in Methan um. Dieser Vorgang findet bei Temperaturen von 40 bis 70 °C und leichtem Überdruck statt. Der Prozess ist also weniger energieintensiv als die katalytische Methanisierung. Er läuft langsamer ab und man benötigt größere Reaktoren und längere Verweilzeiten.

Die biologische Methanisierung kann direkt im Biogasreaktor (in-situ Betrieb) oder in einem separaten biologischen Methanisierungsreaktor (ex-situ Betrieb) erfolgen. Als Reaktoren werden am häufigsten kontinuierliche Rührkessel verwendet, vereinzelt werden auch Trickle Bed-Reaktoren und Blasensäulen eingesetzt.

Auch bei der Biologischen Methanisierung ist eine Reinigung des gewonnen Produktgases notwendig. Allerdings entfällt hierbei die Reinigung des Rohbiogases vor der Methanisierung, da kein Katalysator vorhanden ist, der beschädigt werden könnte. Somit ist der Reinigungsaufwand deutlich geringer als bei der katalytischen Variante. Zusätzlich zur Entfernung des Wasserdampfes muss auch die Abtrennung von Schwefelverbindungen erfolgen.

Quelle: https://www.gruenes-gas.at/akt...

Wasserstoff-Pipeline mit 4 Gigawatt Kapazität

Obwohl also Wasserstoff eine Vielzahl dankbarer Abnehmer findet, steht für Netz Burgenland die effiziente Nutzung der Netze im Vordergrund. So lässt sich Wasserstoff um ein vielfaches günstiger transportieren als Strom. Trimmel:

Die Pipeline nach Wien wird eine Kapazität von 4 Gigawatt haben, das ist so viel wie zwei Hochspannungsleitungen zusammen.
Wolfgang Trimmel

Der Transport in unterirdischen – zum Teil bereits bestehenden – Rohrleitungen stößte bei der Bevölkerung auf höhere Akzeptanz als neue Stromleitungen.
Ob die Anlage in Zurndorf gebaut werden kann, hängt noch von rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen ab. Trotzdem verfolgt Netz Burgenland einen ehrgeizigen Zeitplan: Bereits 2026/2027 soll der erste Betrieb aufgenommen werden können.

Forum Versorgungssicherheit

Das Forum Versorgungssicherheit ist die gemeinsame Plattform von fünf Verteilernetzbetreibern: Wiener Netze, Netz Niederösterreich, Netz Burgenland, Linz Netz und Netz Oberösterreich.

Wasserstoff im Fokus

Wenn Sie sich für das Thema "grüner Wasserstoff" interessieren, sollten Sie nicht scheuen, ein im Juni dieses Jahres geführtes Exklusivinterview mit DACHGWA-Gründungsmitglied Gerald Stickler zu lesen. Darin werden einige interessante Aspekte zum Thema "grüner Wasserstoff" genauer beleuchtet: Unter anderem, wieso jetzt der richtige Zeitpunkt zum Einsteigen in die Thematik da ist, welche neuesten Speichertechnologien es gibt, wie es mit Förderungen in Österreich aussieht und allem voran, welche Intentionen die DACH-Gesellschaft für Wasserstoff (DACHGWA) für Österreich hegt. Hier kommen Sie zum Artikel.

Ist grüner Wasserstoff Ihrer Meinung nach ein zukunftsträchtiger Energieträger? Wenn Sie dies mit Ja beantworten, sollten Sie unbedingt darüber informiert sein, dass ab sofort jede(r) in Wasserstoff investieren kann. Hier lesen Sie mehr darüber.