Interview mit Holter-Geschäftsführung : Enorme Aufgaben sind nur gemeinsam zu schaffen

Die HOLTER-Geschäftsführung 2023 (v. l.): Mag. Jasmin Holter-Hofer, Markus Steinbrecher, Bernhard Karlsberger, Michael Holter.

Die HOLTER-Geschäftsführung 2023 (v. l.): Mag. Jasmin Holter-Hofer, Markus Steinbrecher, Bernhard Karlsberger, Michael Holter.

- © Bild: HOLTER

Der Sanitär- und Heizungsgroßhändler HOLTER feierte Ende April 2023 sein 150-jähriges Firmenjubiläum. Ein fulminantes Fest mit vielen Höhepunkten, zu dem Gäste aus ganz Österreich anreisten und die Halle 21 in der Messe Wels füllten (wir berichteten in HLK IV-2023, S. 46 + 47).
Mit HOLTER-Geschäftsführer Markus Steinbrecher sprach Eberhard Herrmann, Chefredakteur HLK, aber nicht über die Geschichte, sondern über die Zukunft des Familienunternehmens und der Branche.

Jeder versteht unter dem Begriff „Digitalisierung“ etwas Anderes. Was bedeutet er für das Unternehmen?

Steinbrecher: Wir verstehen darunter die Integration, Einbindung und Optimierung von digitalen Technologien in unsere bestehenden Geschäftsprozesse. Damit ist das Ziel verbunden, dass manche Teile automatisiert, vor allem aber, dass die Qualität der Service- und Dienstleistungen zu unseren Kunden hin permanent verbessert wird. Und natürlich spielen in diesem Zusammenhang auch die Kostenoptimierung sowie die Rentabilität eine große Rolle.

Wann wurde mit dem Digitalisieren begonnen?

Steinbrecher: Wir haben bereits 1997, also relativ früh, mit der Digitalisierung unserer Abläufe begonnen und waren damit Vorreiter. Damals führten wir HOLTER Online ein. Mit unserer Plattform konnte bzw. kann man nicht nur Produkte bestellen, sondern werden auch viele Artikelfunktionen abgebildet. So brachten wir sozusagen die Digitalisierung auch zu unseren Installateur-Kunden. Es brauchte – wie es bei vielen Neuerungen so ist – intern wie extern eine Weile, bis diese Umstellung angenommen wurde.

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Inwieweit ist HOLTER durch die Digitalisierung engagiert bzw. gefordert und wie reagieren Ihre Kunden darauf?

Steinbrecher: Wir sind seither stetig dabei, das Thema im Unternehmen fortzuführen und natürlich auch unsere Logistikabläufe zu perfektionieren. Beispielsweise haben wir seit einigen Jahren einen Volumenscanner im Einsatz, mit dem unsere Artikel vermessen werden. Damit wird einerseits für eine platzsparende Unterbringung im Lager gesorgt; andererseits hilft das in weiterer Folge auch bei der platzsparenden Beladung der Lkws. Und das kann wiederum helfen, CO2 einzusparen.

Welche Chancen sehen Sie durch die Digitalisierung?

Steinbrecher: Je höher die Daten-Qualität ist, die wir von der Industrie bekommen, desto besser können wir unsere Partner digital unterstützen oder Prozesse automatisieren.
Wenn wir in Richtung Künstliche Intelligenz (KI) denken, dann benötigt man dafür jede Menge Daten (Abmessungen, Gewicht, Fotos, Details,…) über einen Artikel. Wenn man diese Daten einmal hat, dann könnte die KI beispielsweise mit einem auf der Baustelle gemachten Foto eines Ersatzteils, leicht eruieren, ob dieses lagernd ist. Im besten Fall hat der Monteur das fehlende Ersatzteil am nächsten Tag.
Im Vergleich zu jetzt, wo der Installateur vielleicht mit dem Ersatzteil sogar zu uns kommt, unsere Leute das Teil dann im Katalog suchen und vielleicht noch andere Personen damit beschäftigt werden, wäre dies eine wesentliche Erleichterung und ein großer Zeitvorteil. In diesem Bereich kann ich mir vorstellen, dass die KI einen Mehrwert für alle generiert. Und obwohl wir in punkto Fehllieferungen gut unterwegs sind, könnte eine KI hier vielleicht ebenfalls Verbesserung bringen.

Sehen Sie auch Risiken durch die Digitalisierung?

Steinbrecher: Ja, die gibt es. Das größte Risiko, das ich sehe, ist die Cyberkriminalität. Je besser und stärker wir vernetzt sind, umso höher ist die Chance, dass kriminelle Elemente zum Problem werden können. Man liest ja regelmäßig in den Zeitungen, dass Unternehmen gehackt wurden und dann zum Teil von massiven Einschränkungen betroffen waren. Deshalb nehmen wir dieses Thema sehr ernst und sensibilisieren auch gebetsmühlenartig unsere Mitarbeiter in Richtung Cybersecurity. Und natürlich investieren wir viel Zeit und Geld, um technologisch immer auf dem Letztstand zu sein. Jeder Euro, den wir hier einsetzen, ist gut angelegt.

Die Digitalisierung kostete und kostet auch viele Arbeitsplätze. Sehen Sie das auch so?

Steinbrecher (überlegt): Ich frage mich auch hin und wieder, ob Digitalisierung generell ein Risiko oder aber eine Chance darstellt. Was auf jeden Fall Fakt ist: die Babyboomer-Generation geht bald in Pension und wird am Arbeitsmarkt große Lücken hinterlassen. Arbeitskräftemangel wird zunehmend zum Problem. Hier gilt es zu überlegen, wie wir die Standards und Leistungen, die wir unseren Installateuren jetzt bieten, auch in Zukunft bereitstellen können und wie wir unseren Wirtschaftsstandort halten können. In diesen Bereichen wird die Digitalisierung eine große Unterstützung sein. Aber sie wird und soll den Menschen nicht ersetzen! Zumal es viele Dinge gibt, wie beispielsweise Empathie oder Empfindungen, die eine KI nie leisten kann. Aber wenn man KIs dort einsetzen kann, wo Personal fehlt, oder um Mitarbeiter zu entlasten, dann wird sie zur Chance.

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Viele haben Probleme, geeignete Mitarbeiter zu finden. Kennen Sie diese Herausforderung oder ist es für HOLTER einfach, um z. B. Lehrlinge zu finden?

Steinbrecher: Mitarbeitersuche ist definitiv anders geworden. Noch vor wenigen Jahren hat sich der Arbeitgeber aussuchen können, welche Mitarbeiter er einstellt. Jetzt suchen sich die Arbeitnehmer aus, welchem Arbeitgeber sie das Vertrauen schenken. Ist es für uns schwieriger geworden, Mitarbeiter zu finden? Ja! Ist es für uns als Unternehmen eine Chance? Auch Ja!
Wir sind ein Familienunternehmen, das heuer sein 150-jähriges Jubiläum feiert. Was bei HOLTER seit Anbeginn zählt, war und ist der Mensch. Die Menschen stehen an erster Stelle, nicht das Quartalsergebnis. Wir bieten den Mitarbeitern Sinn, Werte, Ziele und ein wertschätzendes Umfeld. HOLTER ist zudem in einer Branche tätig, die Zukunft hat.
Bis dato konnten wir für offene Positionen oder Lehrstellen problemlos neue Mitarbeiter finden. Vielleicht auch, weil die junge Generation ähnliche Vorstellungen und Werte hat, wie wir sie bieten und wie sie von unseren Führungskräften vorgelebt werden.

Wie viele Lehrlinge suchen Sie derzeit?

Steinbrecher: Wir suchten heuer 44 Lehrlinge in Österreich und Deutschland, in elf unterschiedlichen Lehrberufen und konnten rund zwei Drittel bereits finden.
Wir denken auch daran, erstmals einen Lehrling im Bereich Kälte- und Klimatechnik auszubilden.
Generell ist es uns ein Anliegen, unseren jungen Nachwuchskräften zu vermitteln, wie toll ein Lehrberuf ist bzw. welche Möglichkeiten sich dadurch ergeben. Denn einige unserer ehemaligen Lehrlinge bekleiden heute Top-Positionen im Unternehmen.
Auch bei unseren Installateur-Partnern bieten sich großartige Karrierechancen, die mit der Lehre beginnen können. Wir müssen gemeinsam in der Branche darauf aufmerksam machen, dass die Lehre vielfältige Chancen und Möglichkeiten im Berufsleben bietet. Wir arbeiten in einer großartigen (Zukunfts-)Branche, denn wir setzen die Energiewende in die Realität um.

Sie erwähnten, dass ein Lehrling im Bereich Kälte-Klimatechnik ausgebildet werden soll – was hat es damit auf sich?

Steinbrecher: Noch ist das ein Pilotprojekt. Aber wir denken ernsthaft darüber nach, auch in diesem Bereich zukünftig junge Leute auszubilden und diesen 3,5 Jahre dauernden Lehrberuf bei uns zu etablieren. Wir starten nun erstmals mit einem Lehrling, denn Fachkräfte in diesem Bereich sind sehr gefragt.

Holter feiert heuer das 150-Jahr-Jubiläum – bedienen Sie bitte ihre „Glaskugel“ und skizzieren, wie es in der nächsten Zukunft für HOLTER und seine Kunden weitergehen könnte.

Steinbrecher: Wir führten mit Mai 2023 ein neues CRM-System ein – ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung, der dazu dient, unsere Kunden noch besser zu unterstützen. Sämtliche Information unserer Mitarbeiter zu den jeweiligen Kunden werden hier im System abgebildet. Da erwarte ich mir in Zukunft einiges an Verbesserung bzw. Effizienzsteigerung.
Mit Anfang 2024 werden Jasmin Holter-Hofer und Michael Holter in den Aufsichtsrat wechseln. Ab diesem Zeitpunkt nehmen Bernhard Karlsberger und ich die alleinige operative Geschäftsführung wahr. Bernhard Karlsberger mit den Schwerpunkten Verkauf, Marketing und strategischer Einkauf und ich mit den Agenden Logistik, Finanzen und Verwaltung.
Als Verfechter des dreistufigen Vertriebsweges glaube ich fix daran, dass dieser Weg auch unsere Branchen-Zukunft darstellt und zum Erfolg führt. Die enorme Aufgabe und Verantwortung der Energie- bzw. Wärme-Wende werden wir nur gemeinsam schaffen können. Jeder muss sich dabei auf das konzentrieren, was er gut kann.
Wir überlegen uns natürlich auch, wo wir uns logistisch ausbauen könnten, um die Nähe zu unseren Kunden weiter zu verbessern und unsere Leistungsfähigkeit zu steigern.

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Wer ist Markus Steinbrecher?

Im Juni 2003 startete der gebürtige Linzer Markus Steinbrecher (42) in der Buchhaltung bei HOLTER. Mit 20 Jahren Zugehörigkeit kann man ohne Übertreibung feststellen: Er kennt das Familienunternehmen in- und auswendig.
Markus Steinbrecher ist Vater zweier Kinder und sportelt für sein Leben gern: Bergsteigen, Radfahren, Fitnessstudio, Laufen stehen abwechselnd am Programm. Demnächst wird er einen Tauchkurs absolvieren und möchte auch gerne das Segeln erlernen. Und mit welchen Persönlichkeiten würde er gerne Abendessen gehen? Mit Charlie Chaplin und Barack Obama.

Markus Steinbrecher (hier bei seiner Rede beim 150-Jahr-Fest): „Die enorme Aufgabe und Verantwortung der Energie- bzw. Wärme-Wende werden wir nur gemeinsam schaffen können“.
Markus Steinbrecher (hier bei seiner Rede beim 150-Jahr-Fest): „Die enorme Aufgabe und Verantwortung der Energie- bzw. Wärme-Wende werden wir nur gemeinsam schaffen können“. - © Bild: HLK/ E. Herrmann