Fachkräftemangel im EVU : Ohne Fachkräfte keine Energiewende

Kompass zeigt auf Schriftzug Fachkräftemangel als Strategie und Arbeitsmarkt Konzept

Ein wesentlicher Faktor, um die Energiewende umsetzen zu können, sind die dafür nötigen Fachkräfte.

- © Bild: Robert Kneschke - stock.adobe.co

Wenn die Energiewende so kommen soll, wie nationale und internationale Ziele aktuell versprechen, dann braucht es Fachkräfte. Bis 2030 müssen in den kommenden Jahren 200 Umspannwerke neu errichtet oder ausgebaut werden, das Stromsystem braucht 12.000 zusätzliche Trafo-Stationen und 40.000 Kilometer an zusätzlichen Stromleitungen. Diese gewaltige Herausforderung könnten die Netzbetreiber nur bewältigen, wenn es gelinge, den bestehenden Fachkräftemangel zu überwinden. Darauf wies der Geschäftsführer der Netz Burgenland, Florian Pilz, beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 2. März 2023 hin.
Die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, nennt den Fachkräftemangel ein „Problem für den gesamten Wirtschaftsstandort, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fehlen auch in den Industrie- und Gewerbebetrieben, die sich mit Green Energy befassen."

Eine simple Lösung von heute auf morgen wird es dafür nicht geben, wir brauchen längerfristigen Strategien.
Brigitte Ederer

Wende bringt Chancen, fordert aber auch Umdenken

Netz-Burgenland-Geschäftsführer Pilz sieht in der Transformation zu einem CO2-neutralen Energiesystem eine „Zeitenwende“. Früher bestand die Aufgabe der Verteilnetze vor allem darin, den Strom von wenigen Großkraftwerken zu den Verbrauchern zu transportieren. Mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien gibt es nun eine Vielzahl von kleinen und mittleren Erzeugern, die vernetzt werden müssen. Zudem sind viele Verbraucher zu „Prosumern“ geworden, die sowohl Strom aus dem Netz beziehen als auch in das Netz einspeisen und sich teilweise zu Erneuerbaren Energiegemeinschaften zusammengeschlossen haben. Die komplexen Aufgaben, die sich aus dieser neuen Konstellation ergeben, müssen von den Verteilnetzen bewältigt werden. Hinzu kommen weitere Herausforderungen wie die sogenannte Sektorkopplung, also die Vernetzung der bisher getrennten Systeme Strom, Gas, Wärme und Mobilität.

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Ausbaupläne? Kein Problem! Fehlende Fachkräfte bereiten Sorgen...

Die Verteilnetze müssen sowohl ausgebaut als auch technologisch aufgerüstet werden, um die Aufgaben der Zukunft bewältigen zu können. Viel Zeit für diesen Ausbau bleibt nicht: Bereits in acht Jahren soll das Stromsystem in Österreich so umgebaut sein, dass der gesamte heimische Bedarf bilanziell aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann.

Unsere Ausbaupläne liegen fertig vor und werden bereits zügig in Angriff genommen.
Florian Pilz

, so Netz-Burgenland-Geschäftsführer Pilz,

doch wir müssen uns ernsthaft Sorgen machen, ob wir auch ausreichend viele qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen finden, die das umsetzen können.
Florian Pilz

Bereits jetzt gibt es zahlreiche offene Stellen, eine Bestandsaufnahme bei den fünf Verteilernetzbetreibern im Forum Versorgungssicherheit (Wiener Netze, Netz Niederösterreich, Netz Burgenland, Linz Netz und Netz Oberösterreich) ergab, dass derzeit rund 100 Mitarbeiter:innen gesucht werden. Am drückendsten ist der Mangel naturgemäß bei Elektrotechniker:innen, aber auch IT-Expert:innen und Fachkräfte für Netzwerksicherheit werden gesucht, ebenso Smart Meter Administrator:innen und Personen mit Erfahrung in Automatisierung und Digitalisierung sowie Kräfte für Verwaltung und Kundenbetreuung.

Strategie für Personal-Akquise und gegen Fluktuation

Über die kurzfristige Suche nach Arbeitskräften hinaus hat Netz Burgenland eine längerfristige Strategie zur Gewinnung von Personal für die Arbeit beim Verteilnetzbetreiber und zur Bindung bestehender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an das Unternehmen entwickelt. Pilz klärt an dieser Stelle auf:

Ausbildung ist ein wichtiger Faktor, nicht nur bei Lehrlingen. Wir versuchen, Fachkräfte frühzeitig an uns zu binden, indem sie ihre Spezialqualifikation im Unternehmen erwerben.
Florian Pilz

In Zusammenarbeit mit dem Land Burgenland ist auch die Steigerung des Interesses von Mädchen und jungen Frauen an technischen Berufen ein Ziel. Zudem sollen durch Kooperationen mit Universitäten und Fachhochschulen Studierende bereits während ihres Studiums die Netzbetreiber als potenzielle Arbeitgeber kennen lernen.
Pilz ergänzt, eine wichtige Rolle kommt auch der Zufriedenheit am Arbeitsplatz zu:

Wir versuchen, uns als guter Arbeitgeber zu positionieren, denn so etwas spricht sich herum, zudem können wir damit bestehendes Personal im Unternehmen halten.
Florian Pilz

Dabei haben flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, Beruf und Familie zu vereinbaren, einen hohen Stellenwert.
Nicht zuletzt bemüht sich Netz Burgenland auch um ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - der Wunsch nach Pensionierung soll gar nicht erst aufkommen. Deshalb gibt es Weiterbildungsangebote für jede Altersgruppe, ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze zur Erhaltung der Gesundheit und die Möglichkeit, sich durch Altersteilzeit nur schrittweise zurückzuziehen.
Abschließend gibt Florian Pilz zu bedenken:

Wir müssen die Kräfte bündeln und wollen auch mit anderen Branchen zusammenarbeiten [...], es muss allen ein Anliegen sein, dass die Energiewende nicht durch Arbeitskräftemangel gefährdet wird.
Florian Pilz