Verband fordert mehr Tempo : Wärmewende in Österreich – bitte noch warten

Christian Rakos, geschäftsführer, proPellets Austria,

Als „verlorenes Jahr für die Wärmewende“ bezeichnet Christian Rakos, GF von proPellets Austria, das abgelaufene Parlaments-Jahr in Österreich anlässlich des letzten Plenartages vor der Sommerpause (am 07.07.23).

- © Wilke/ proPellets Austria

Mehr als 30 Prozent des gesamten Energieverbrauchs geht in die Raumwärme. Obwohl fertig verhandelt, wurde das Erneuerbare-Wärme-Gesetz wieder nicht beschlossen“, so Christian Rakos, Geschäftsführer von proPellets Austria. „Angesichts unserer nach wie vor bestehenden Abhängigkeit von Erdgaslieferungen aus Russland und der Klimakrise braucht Österreich rasch einen Ausstieg aus Gas und Öl. Die Klimakrise macht keine Sommerpause, kümmert sich nicht um Wahlen und ist auch viel zu wichtig für parteitaktische Manöver.
Rakos fordert zudem die dringend benötigte Pellets-Bevorratungspflicht: „Wir brauchen eine strategische Reserve, wie sie auch bei Erdöl gesetzlich verankert ist. Es ist völlig unverständlich, warum diese seit Langem vorliegende Forderung politisch nicht umgesetzt wird, nachdem letztes Jahr deutlich wurde, was für Folgen eine Verknappung für die Konsumenten hat.“
Mit dem „verlorenen Jahr für die Wärmewende“ sind vor allem jene Gesetze gemeint, die in Österreich bisher noch NICHT beschlossen wurden.

Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG)

Das Gesetz wurde ab 2020 zwischen dem Bund und den Bundesländern in über 130 Besprechungen verhandelt, 2021 konnte eine Einigung erzielt werden. Im Sommer 2022 ging das Gesetz in die Begutachtung, Änderungen wurden anschließend eingearbeitet. Seit 2. November ist die Regierungsvorlage im Parlament.
Das EWG soll für Technologieklarheit im Raumwärmebereich sorgen und den Ausstieg aus fossilem Öl und Gas beim Heizen für Haushalte verbindlich regeln. Bis zum Jahr 2035 sollen alle fossile Ölheizungen schrittweise durch Heizungen auf Basis erneuerbarer Energie oder durch Fernwärme ersetzt werden. Gasheizungen sollen bis zum Jahr 2040 ausschließlich mit erneuerbaren Gasen betrieben oder ebenfalls durch Fernwärme ersetzt werden. Neue Gebäude dürfen nur mehr mit Heizungen ausgestattet werden, die erneuerbare Energie nutzen. Für die Umstrukturierung der Wärmeversorgung brauchen sowohl die heimische Wirtschaft als auch die Haushalte klare Rahmenbedingungen. Vor allem aber auch entsprechende Förderungen, denn jeder weiß: Ein Heizungstausch geht stark ins Geld. Für die Bevölkerung bzw. Gebäudeeigner sind damit hohe Kosten verbunden.
Einen Vorgeschmack, was eventuell und zum Teil bevorstehen könnte, bringt ein Blick nach Deutschland.

Erneuerbaren-Gase-Gesetz (EEG)

Das Gesetz soll verbindliche Quoten für im Inland produzierte erneuerbare Gase festlegen (Biogas, Wasserstoff) und so einerseits die Importabhängigkeit verringern und die Versorgungssicherheit erhöhen. Die Begutachtung des Gesetzesentwurfs ist bereits ist abgeschlossen. Der Beschluss steht aus.

Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG)

Das Gesetz ist für die große Mehrzahl der nicht UVP-pflichtigen Erneuerbaren-Projekte wichtig und soll Genehmigungsverfahren verkürzen. Zusätzlich sollen durch das EABG auch Bundesländer verpflichtet werden, wenn sie beim Ausweisen benötigter Flächen auf der Bremse stehen.

Klimaschutzgesetz

Während die Schweizer Bevölkerung vor wenigen Wochen mit Mehrheit für ein Klimaschutzgesetz gestimmt hat, hat Österreich seit zwei Jahren keine gesetzliche Regelung, die etwa auch die Treibhausgas-Emissionen für die Bundesländer verbindlich festlegt.

Pellets-Bevorratungspflicht

Eine strategische Bevorratung für alle Unternehmen, die Pellets in Österreich in Umlauf bringen, soll gesetzlich verankert werden - das fordert der Verband schon länger. Der Vorschlag der Pelletswirtschaft sieht eine saisonale und strategische Bevorratung vor, beinhaltet Vorschläge für die Kontrolle der Einhaltung sowie für Regelungen betreffend die Freigabe von Reserven. Die Kosten einer verpflichtenden Bevorratung würden bei ein bis maximal zwei Prozent des Verkaufspreises liegen und wären von der Pelletswirtschaft zu tragen. Die Bevorratungsverpflichtung steht im Regierungsübereinkommen, die Pelletsbranche hat einen konkreten Vorschlag für eine gesetzliche Regelung an das zuständige Ministerium übermittelt, doch es wurde bislang nicht einmal eine Arbeitsgruppe gebildet, um Detailfragen einer Regelung zu besprechen.
Es gibt also auf legistischer Ebene genug zu tun“, sagt Rakos. „Der Schock, den das vergangene Jahr auf den heimischen Energiemärkten ausgelöst hat, scheint schon wieder vergessen zu sein. Dabei beziehen wir noch immer mehr als die Hälfte unseres Gasbedarfs aus Russland. Wir erwarten, dass die Bundesregierung ab September ihre eigenen Ziele für eine sichere und klimafreundliche Energieversorgung endlich ernst nimmt und den rechtlichen Rahmen für deren Umsetzung schafft.“

Priorität: EWG

Rakos fordert, dem Beschluss des Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes (EWG) nach der Sommerpause Priorität einzuräumen: „Am dringendsten brauchen wir das Erneuerbare-Wärme-Gesetz. Wir haben gesehen, was für dramatische wirtschaftliche Folgen die Abhängigkeit der Haushalte von fossiler Energie letztes Jahr hatte. Raumwärme hat den zweitgrößten Anteil am Energiebedarf hinter Verkehr und ist damit sowohl energiepolitisch, als auch für den Klimaschutz entscheidend“.