Fernkälte : Klimafreundliche, platzsparende und leise Kühllösung für die Städte

v.l.n.r.: DI Gerhard Fida, Obmann-Stellvertreter des Fachverband Gas Wärme (FGW) und Geschäftsführer der Wiener Netze, Alexander Wallisch, Bereichssprecher Fernwärme im Fachverband Gas Wärme (FGW), Wien Energie GmbH und DI Erwin Smole, Vorstand der Stadtwerke Klagenfurt AG

v.l.n.r.: DI Gerhard Fida, Obmann-Stellvertreter des Fachverband Gas Wärme (FGW) und Geschäftsführer der Wiener Netze, Alexander Wallisch, Bereichssprecher Fernwärme im Fachverband Gas Wärme (FGW), Wien Energie GmbH und DI Erwin Smole, Vorstand der Stadtwerke Klagenfurt AG

- © Bild: FGW/Ludwig Schedl

Die Sommer werden immer heißer, nicht nur gefühlt, sondern auch statistisch belegt. Die Anzahl der Hitzetage hat sich in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt. Insbesondere im dicht bebauten Stadtgebiet bilden sich schnell Hitzeinseln, die für heiße Tage und Nächte sorgen. Damit steigt auch der Bedarf an Klimatisierung rasant.
Eine ökologisch verträgliche, effiziente und komfortable Lösung ist Fernkälte. Sie funktioniert ähnlich wie Fernwärme und kann in Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten, damit die Sommer in den Städten lebenswert bleiben.

Wie entsteht und funktioniert Fernkälte?

In Form von kaltem Wasser wird in eigenen Zentralen mit hocheffizienten Kältemaschinen Fernkälte erzeugt. Als Antriebsenergie wird neben Strom zu einem großen Teil Wärme verwendet (im Sommer ist das vor allem Abwärme aus den Müllverbrennungsanlagen). Das auf ca. 5-6 Grad Celsius abgekühlte Wasser wird anschließend über ein eigenes Fernkältenetz, ein Rohrleitungssystem, direkt zu den Abnehmern transportiert und mittels der hauseigenen Kühlsysteme in den Gebäuden verteilt. Das Wasser nimmt dort die Wärme aus dem Gebäude auf und transportiert diese ab - mit etwa 16 Grad Celsius fließt es zur neuerlichen Abkühlung. Die Rückkühlung erfolgt ebenfalls zentral, etwa über Flusswasser oder das Fernwärmenetz. Das reduziert künstliche Hitzeinseln durch die heiße Abluft von Klein-Anlagen in der Stadt.

Im Kellergeschoß der alten Post befindet sich die fertiggestellte Fernkälte-Anlage der Wienenergie
Gekühltes Wasser wird in ein Fernkältenetz eingespeist und zu den Endverbrauchern transportiert. - © Bild: Wien Energie / Johannes Zinner

Fernkälte in Österreich - Status quo und Status quo ante

  • Von 2020 bis 2021 steigerte sich der Fernkälteabsatz um 4,3 Prozent.
  • Die installierte Fernkälteleistung stieg dabei um 18 MW - was 11,3 Prozent entspricht.
  • Das Fernkältenetz wuchs dabei um 28,5 Prozent und erreichte Ende 2021 insgesamt ca. 32 Kilometer - der überwiegende Teil kommt dabei der Bundeshauptstadt zu. Das Fernkältenetz der Wien Energie beansprucht aktuell nämlich rund 24 Km.
  • Im europäischen Vergleich ist Österreich neben den Fernkälte-Vorreitern Finnland, Deutschland und Italien gut vertreten.*

* gemessen an der installierten Fernkälteleistung in MW - Quelle: AT: FGW(Datenstand 31.12.2021), alle anderen Länder: Euroheat & Power (Datenstand 31.12.2019)

Das Fernkältenetz der Wien Energie mit seinen Fernkältezentralen.

Erst kürzlich ist eine neue Fernkältezentrale am Stubenring in Wien in Betrieb gegangen. Wollen Sie mehr zur erst kürzlich in Betrieb genommenen Fernkältezentrale Stubenring erfahren? Hier finden Sie einen Artikel dazu: https://hlk.co.at/klima-kaelte...

Ausbaupläne der Fernkälte in Österreich

DI Gerhard Fida, Obmann-Stellvertreter des Fachverband Gas Wärme (FGW) und Geschäftsführer der Wiener Netze, meint zum geplanten Ausbau der Fernkälte in Österreich:

Bis 2027 werden weitere 135 Millionen Euro in den Ausbau der Fernkälte fließen.
Gerhard Fida

Es möchte auch festgehalten werden, dass in Wien der sogenannte „Ringschluss" der Fernkälte um die innere Stadt bis 2025 geplant ist. Wien Energie setzt schon seit 15 Jahren auf eine umweltfreundliche Gebäudekühlung durch Fernkälte und baut ihre Leistung ständig aus. Aktuell sind 21 Kältestandorte in Wien in Betrieb. Zum „Ringschluss" meint Alexander Wallisch, Bereichssprecher Fernwärme im Fachverband Gas Wärme (FGW), Wien Energie GmbH:

Unser nächster großer Meilenstein ist, das Netz um die Wiener Innenstadt zusammenzuführen. Auch Stadtentwicklungsgebiete wie beim Nordbahnviertel oder am Alsergrund werden erschlossen.
Alexander Wallisch

In den kommenden Jahren investiere man dafür insgesamt 90 Millionen Euro, wie er ergänzt. Die neue, erst kürzlich in Betrieb gegangene Fernkältezentrale Stubenring in Wien ist dafür ein wichtiger Meilenstein: Mit einer Leistung von 15 Megawatt kann sie Büros, Hotels, Geschäfte und Wohnungen mit einer Fläche von insgesamt 300.000 Quadratmetern kühlen und ersetzt dabei rund 6.000 herkömmliche Klimageräte.
Gerade im dichtbebauten ersten Bezirk Wiens ist Fernkälte die perfekte Kühllösung: Viele Gebäude sind denkmalgeschützt, und oft fehlt der Platz für einen Rückkühler eines klassischen Klimageräts.

Das Kältenetz in Wien soll weiterführend bis 2030 auf knapp 50 Kilometer wachsen, hinsichtlich der aktuellen Länge von 24 Km also verdoppelt werden.

Klagenfurt plant Inbetriebnahme von Fernkälte mit 2023

Aktuell entfallen rund 80 Prozent des Fernkältenetzes auf Wien. Auch Linz und St. Pölten zählen zu den „coolen Spots“ Österreichs. Weiters wurden in den Landeskrankenhäusern in Baden, Mödling und Mistelbach Fernkälteanlagen realisiert.
In Graz wird Fernkälte in ein Industriekundennetz eingespeist. Und 2023 kommt die Fernkälte auch nach Klagenfurt.
DI Erwin Smole, Vorstand der Stadtwerke Klagenfurt AG, äußert sich dazu:

Gehen die Genehmigungsverfahren rasch über die Bühne, könnten schon 2023 erste Gebäude versorgt werden.
Erwin Smole

Man werden den inneren Stadtbereich versorgen, der sich dann bis hin zur Glan, Richtung Landeskrankenhaus erstrecke. Diese Viertel würden mit Fernkälteleitungen versorgt werden, führt Smole aus. Auch im Westen der Stadt gäbe es Überlegungen für den Fernkälteausbau. In Frage kommen laut Smole größere Gebäude und Mehrparteienhäuser, denn für Einfamilienhäuser ist Fernkälte nicht sinnvoll umsetzbar.

Einige Vorteile von Fernkälte

Fernkälte hat viele Vorteile gegenüber herkömmlichen Klimaanlagen:
• Fernkälte spart rund 70 Prozent Energie und 50 Prozent CO2.
• Fernkältemaschinen sind platzsparend, leise und unauffällig außerhalb der Kundengebäude in Fernkältezentralen untergebracht.
• Die Versorgung erfolgt aus dem Fernkältenetz mittels kleiner Übergabestationen im Gebäude.
• Fernkälte entlastet das Stromnetz, weil das aus dem Sommer vorhandene Potenzial aus der Fernwärmeerzeugung genutzt wird.

Besichtigung des Fernkälteanschlusses im Palais Hansen Kempinski Vienna

Die HLK konnte im Anschluss an eine Pressekonferenz im Palais Hansen Kempinski Vienna, am 09.08.2022, ein paar Eindrücke zum dort installierten Fernkälteanschluss gewinnen. Versorgt wird das Gebäude von der in der Nähe liegenden Kältezentrale Schottenring.