Nachhaltige Kältemittel : GWP und HFKW: Warum es eine Kältemittel-Revolution braucht

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Die Klimaanlagen-Nachfrage ist zu einem Teufelskreis geworden: Mit den immer heißeren Sommermonaten, investieren Kunden verstärkt in die Klimatisierung von Wohn- und Bürogebäuden. Die Klimaanlagen befeuern wiederum die Erderwärmung und der Kreis schließt sich.

Die Internationale Energie Agentur (IEA) schätzt, dass bis 2050 rund zwei Drittel aller Haushalte mit einer Klimaanlage ausgestattet sein könnten. Vor allem in Wohn- und Bürogebäuden soll der Zuwachs enorm sein. Mit der Klimaanlagen-Dichte wächst auch der Strombedarf. Nach wie vor wird der Großteil des weltweiten Energiebedarfs aus fossilen Brennstoffen gewonnen, wodurch die Erderwärmung weiter befeuert wird.

Neben dem erhöhten Stromverbrauch bringen jedenfalls ältere Klimaanlagen aber ein weiteres Problem mit sich: das Kältemittel. In rund 80 Prozent der stationären und mobilen Klimaanlagen und Kühlgeräten kommen fluorierte Gase, sogenannte F-Gase, zum Einsatz. Diese Gase sind enorm klimaschädlich und tragen mit ihrem hohen GWP erheblich zur Erderwärmung bei. Aber was bedeutet GWP bei Kältemitteln überhaupt?

Die Abkürzung GWP steht für Global Warming Potential, zu Deutsch Treibhauspotenzial, und wird auch als CO2-Äquivalent bezeichnet. Der Wert gibt an, wie viel eine bestimmte Masse eines Treibhausgases im Vergleich zur gleichen Masse CO2 und gemessen auf einen Zeitraum von 100 Jahren zur globalen Erwärmung beiträgt. Je höher der GWP umso umweltschädlicher ist das Kältemittel. Der GWP von F-Gasen liegt teilweise um bis zu 24.000-mal über jenem von CO2.

Am weltweit verbreitetsten ist das synthetische Kältemittel R134a mit einem GWP von 1.430. Das bedeutet: Die Freisetzung von einem Kilogramm R134a entspricht 1.430 Kilogramm CO2. Deutlich höher ist das CO2-Äquivalent von R404A, das einen GWP von 3.922 hat, danach folgen R422D und das Kältemittel R410A. Zu den weniger schädlichen Stoffen zählt das Kältemittel R32 mit einem niedrigen GWP von 675.

Verbote durch die Kältemittelverordnung

Innerhalb der EU ist die Menge an fluorierten Treibhausgasen, die gehandelt werden darf, über die F-Gase-Verordnung geregelt. Bis 2014 wurden die Kältemittelfüllmengen in Kilogramm angegeben, mit der neuen F-Gase-Verordnung werden sie nach ihrem Treibhauspotenzial gewichtet. Ziel der F-Gase-Verordnung ist eine schrittweise Beschränkung der am Markt verfügbaren Mengen an teilfluorierten Kohlenwasserstoffen (HFK) und damit die Einhaltung des Montreal-Protokolls. Bis 2030 sollen die Emissionen im Industriesektor damit um 70 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden.

Die Kältemittelverordnung regelt aber nicht nur, welche Mengen an F-Gasen gehandelt werden dürfen, sondern auch, welche neuen Geräte installiert werden. Während bestehende Anlagen weiter in Betrieb bleiben können, dürfen seit 2015 keine Brandschutzeinrichtungen mit HFKW-23 und Kühlschränke mit HFKW mit einem GWP von mehr als 150 mehr installiert werden. Außerdem gibt es eine Nachweispflicht der Dichtheitsprüfungen, die den Behörden vorgelegt werden muss.

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Bei Bestandsanlagen muss beim Befüllen mit Frischware seit Januar 2020 darauf geachtet werden, dass das Treibhauspotenzial des fluorierten Kältemittels unter 2.500 liegt. Kälteanlagen-Hersteller sind nun gefordert und müssen sich Gedanken über neue und nachhaltigere Kältemittel für ihre Geräte machen. Viele haben das ohnehin schon getan: es geht ja schließlich um die Zukunft ihres Geschäfts.

Als aufstrebendes Substrat gilt seit der neuen F-Gase-Verordnung das Kältemittel R32. Mit seinem geringen GWP ist seine Verwendung nicht nur jetzt völlig Verordnungs-konform, auch zukünftig werden Anlagen mit R32 gut einsetzbar sein. Aber: R32 hat noch immer einen GWP von 675.

Echte Nachhaltigkeit im Kühlsystem

Sollen Nachhaltigkeit und Kältetechnik erfolgreich vereint werden, müssen die Anlagen auf natürliche Kältemittel ausgelegt werden. Ein bereits gerne verwendetes natürliches Kältemittel ist CO2, auch als R744 bezeichnet. Aber warum verwendet man CO2 als Kältemittel? R744 hat eine hohe Kälteleistung, hat eine geringe Brennbarkeit und ist weltweit kostengünstig verfügbar.

Ein Unternehmen, das bereits vor einiger Zeit auf den CO2-Zug aufgesprungen ist, ist Coolworld Rentals. „Vor allem bei fest installierten Anlagen sind nachhaltige Kältemittel ein großes Thema“, sagt Reto Brütsch, Country Manager Schweiz und Österreich beim niederländischen Mietkälte-Anbieter. Neben CO2 zählt auch Ammoniak (R717) zu den gerne verwendeten Kältemitteln.

Auch wasserbasierte Kühlsysteme können als nachhaltig bezeichnet werden, wenn das Wasser nicht wiederum per Kältemittel gekühlt wird. Ein solches System hat ein Forscherteam in Singapur entwickelt. Die Anlage kann die Raumtemperatur bis auf 18 Grad senken und benötigt dafür kein chemisches Kühlmittel. Dadurch wird der CO2-Ausstoß im Vergleich zu einer herkömmlichen Anlage um rund 40 Prozent gesenkt.

Das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) forscht indes an einem magnetokalorischen Kühlsystem, das ebenfalls ohne klimaschädliche Kältemittel auskommen soll. Das Forscherteam rund um Kilian Bartholomé setzt bei seinem magnetokalorischen Kühlsystem auf eine umweltfreundliche Lathan-Eisen-Silizium-Legierung, die sich beim Anlegen eines Magnetfeldes erwärmt und beim Abschalten wieder abkühlt. Für die Wärmeübertragung nutzt das Team einen ganz einfachen physikalischen Prozess: Verdunstung. „Da Wasser sehr viel Energie aufnimmt, wenn es vom flüssigen in den gasförmigen Zustand übergeht, nutzen wir den Verdampfungsprozess, um die Wärme zu übertragen“, erklärt Bartholomé.

Kreislaufwirtschaft nutzen

Wird das Kältemittel der Klimaanlage ausgetauscht, stellt sich die Frage: Wie wird das Kältemittel am besten entsorgt? Gar nicht. Statt der Kältemittelentsorgung kann das Kühlmittel aufbereitet und weiterverwendet werden. Das macht zum Beispiel der Klimaanlagen-Hersteller Daikin. Im Daikin-Werk im belgischen Ostende wird aufbereitetes Kältemittel mit neu produziertem Kältemittel zusammengeführt und dann in den Produktionsprozess einer Anlage integriert. Die eingesetzten Mengen an aufbereitetem Kältemittel entsprechen den Mengen, die für die Geräteserien bei der Werksfüllung benötigt werden.

Einziges Manko: Die Kältemittel-Aufbereitung ist noch immer sehr kostspielig. Bei Daikin will man diese Zusatzkosten aber nicht auf die Kunden abwälzen: „Wir stellen uns der Verantwortung und so ist es für uns selbstverständlich, dass wir die aktuell noch höheren Kosten nicht an unsere Kunden weitergeben“, erklärt Gunther Gamst, Geschäftsführer Daikin Airconditioning Germany, die Herangehensweise des Unternehmens.

Mit dem aufbereiteten Kältemittel, das Daikin für seine Produkte verwendet, wird allein im Jahr 2019 die Neu-Produktion von 150.000 Kilogramm R-410A vermieden. Zudem muss das gebrauchte Kältemittel nach der Rückgewinnung nicht als besonders gefährlicher Abfall entsorgt werden.

Ein weiterer Vorteil des Verfahrens: Das aufbereitete Kältemittel fällt nicht mehr unter die F-Gase-Verordnung. Aber auch das zurückgewonnene Kältemittel muss qualitativ hochwertig sein und der Definition der F-Gase-Verordnung entsprechen. Derzeit wagen sich noch wenige Unternehmen an die Aufbereitung von recyceltem Kältemittel, je strenger die Vorschriften der Kältemittelverordnung werden, umso schneller könnte hier ein Sinneswandel einsetzen.

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