Energiewende : Ein wenig Orientierung im Wellengang rund um die Regierungsklausur

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In der gestrigen Regierungsklausur(11.01.2023) wurde der Entwurf der Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes-Novelle behandelt. Durch die angedachte Novelle des UVP-Gesetzes werden die Genehmigungsverfahren für Projekte mit UVP-Pflicht prima facie vereinfacht und beschleunigt, ohne dass es dabei zu Abstrichen bei der Qualität der Überprüfung oder zur Einschränkung der Öffentlichkeitsbeteiligung kommt. Auch zur Sprache kam das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG). Dieses soll Verfahrenserleichterungen für die Errichtung von erneuerbaren Erzeugungsanlagen und Netzinfrastruktur unterhalb der UVP-Schwelle bringen.

Was die einen freut, dürfte bei anderen mindestens teilweise auf eine kritische Haltung treffen, hatte nicht unlängst beispielsweise der Umweltdachverband bezüglich der UVP-G-Novelle massive Umweltrisiken statt elementarem Naturraumschutz betont.*
Einer gesamtheitlichen Einschätzung und Meinung wollen wir uns nun enthalten, möchten aber dennoch die Resonanz von Oesterreichs Energie, IG Windkraft und des Bundesverbands Photovoltaic Austria belichten. Um etwas Dynamik in eine mögliche Diskussion zu bringen, will auch noch eine Stellungnahme der Kleinwasserkraft Österreich erwähnt werden, welche womöglich Stoff zum Denken geben könnte.

* Die gemeinsame Stellungnahme des Umweltdachverbandes und seiner Mitgliedsorganisationen finden Sie hier.

Oesterreichs Energie findet lobende Worte für UVP-Novelle und EABG

Als zwei wichtige Schritte in die richtige Richtung wertet Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung von Österreichs E-Wirtschaft, die gestern vorgestellten Vorhaben. Das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) soll Verfahrenserleichterungen für die Errichtung von erneuerbaren Erzeugungsanlagen und Netzinfrastruktur unterhalb der UVP-Schwelle bringen. Für Projekte mit UVP-Pflicht bringt die ebenfalls heute vorgestellte Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) deutliche Vereinfachungen.
Oesterreichs Energie Präsident Michael Strugl meint:

Auch wenn wir die beiden Gesetzesvorhaben noch im Detail evaluieren müssen – auf den ersten Blick erkennen wir eine Reihe von Verbesserungen. Wesentlich ist nun, dass diese Gesetze auch umgehend beschlossen werden und rasch in Kraft treten.
Michael Strugl

Erste Analyse des EABGs - viele gute Elemente und Ansätze
Mit den Eckpunkten zum geplanten EABG schaffe die Bundesregierung eine gute Grundlage für die spätere Umsetzung der entsprechenden europäischen Notfall-Verordnung und ließe damit den eigenen Ankündigungen Taten folgen. Die E-Wirtschaft begrüßt das Vorhaben und erkennt darin in einer ersten Analyse viele gute Elemente und Ansätze. Als besonders positiv beurteilt die Branche die Konzentration sämtlicher relevanter Bundes- und Landesgesetze sowie die Bündelung der Kompetenzen bei einer Behörde, die Genehmigungen erteilt („One-stop-shop“). Weiters begrüßt die E-Wirtschaft die Ansätze zur aktiven Energieraumplanung, welche eine ausreichende Ausweisung von Flächen in den Bundesländern gewährleisten soll. Dies soll zur österreichweiten Mobilisierung von Flächen für Ausbau von PV- und Windkraftanlagen beitragen.

Mit den Genehmigungsverfahren und der Flächenverfügbarkeit adressiert die Bundesregierung die derzeit größten Hemmschuhe beim Erneuerbaren-Ausbau und geht damit auch auf zwei wesentliche Forderungen der E-Wirtschaft ein. Das würde einen deutlichen Fortschritt bedeuten“, sagt Strugl. „Wesentlich ist jedoch, dass in diesem Zusammenhang auch der Ausbau der Stromnetze forciert wird. Gerade in Zusammenhang mit dem sprunghaften PV-Ausbau sehen wir, dass sich Engpässe in der Netzinfrastruktur sonst künftig zu einer veritablen Ausbau-Hürde entwickeln könnten.

Branche bewertet auch Novelle des UVP-Gesetzes grundsätzlich positiv

Der aktuelle Vorschlag bringt in vielen Punkten eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Status Quo. Wir sind sehr zuversichtlich, dass damit Verfahren künftig deutlich zügiger umgesetzt werden können.
Michael Strugl

Oesterreichs Energie hebt dabei insbesondere die Verfahrensvereinfachungen und die Einrichtung einer Überholspur („Fast-Track“) für Vorhaben der Energiewende, die striktere Strukturierung des Verfahrens und den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bei Blankobeschwerden positiv hervor. Zudem begrüßt die Branche die Vermeidung von Doppelprüfungen beim Landschaftsbild, die Forcierung von Energieraumplanungen und die Ausnahmen von PV-Freiflächenanlagen von der UVP-Pflicht.

Kritik
Kritisch sieht der Branchenverband hingegen die fehlende Etablierung eines „überwiegenden öffentlichen Interesses“ für Vorhaben der Energiewende, wie es die EU-Vorgaben vorsehen. In den vorliegenden Texten ist lediglich von einem „hohen öffentlichen Interesse“ die Rede.

Durch diese Relativierung erhalten Energiewendeprojekte in Österreich nicht jenen klaren rechtlichen Vorrangcharakter, auf den man sich auf europäischer Ebene geeignet hat.
Michael Strugl

Darüber hinaus fordert Oesterreichs Energie die Streichung des Tatbestandes für die Neuerrichtung von Wasserkraftanalgen in schutzwürdigen Gebieten, der im Zuge der UVP-Novelle neu eingeführt werden soll, sowie die Entschärfung der Bestimmungen für den Leitungsbau in Hinblick auf Trassenaufhiebe.

Wenn wir die Energie- und Klimaziele erreichen wollen, müssen wir unsere Stromerzeugung bis 2040 verdoppeln und unsere Kraftwerkskapazitäten verdreifachen. Gleichzeitig müssen wir massiv in unsere Speicher und unsere Netzinfrastruktur investieren. Damit das gelingen kann, gilt es nun alle Hebel in Bewegung zu setzen“, so Strugl.

IG Windkraft sieht in UVP-Novelle und EABG Meilensteine für Energiewende

Mit der Behandlung der UVP-Novelle und des Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetzes(EABG) im Ministerrat ist die Windbranche schnelleren und einfacheren Genehmigungen von Windkraftanlagen wieder einen Schritt nähergekommen. Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft, merkt an:

Beides kann zu einem Meilenstein der Energiewende werden. [...] Nun müssen das UVP-Gesetz und das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz auch rasch in den Nationalrat eingebracht und beschlossen werden.
Stefan Moidl

Beschleunigung der Genehmigung ohne Abstriche bei der Qualität
Durch die angedachte Novelle des UVP-Gesetzes werden die Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt, ohne dass es dabei zu Abstrichen bei der Qualität der Überprüfung oder zur Einschränkung der Öffentlichkeitsbeteiligung kommt. „Sehr positiv sind eine bessere Strukturierung des Verfahrens, die Verankerung des öffentlichen Interesses an Vorhaben der Energiewende und die Vermeidung von Doppelprüfungen, etwa beim Landschaftsbild. Ebenfalls positiv hervorzuheben ist die Ermöglichung der Genehmigung von Projekten unabhängig von der Ausweisung von Flächen durch die Landespolitik, falls keine ausreichende Energieraumplanung der Länder vorliegt. Wenn das so kommt, haben wir einen ganz wichtigen Meilenstein für die Energiewende geschafft“, freut sich Ursula Nährer, Rechtsexpertin der IG Windkraft.

Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG)
Durch ein Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG) werden die Genehmigungsverfahren für Erneuerbare Projekte, die unter der UVP-Grenze liegen, ebenfalls vereinfacht und beschleunigt. Bei der Windkraft liegt diese Grenze zwischen 15 und 30 MW-Leistung. „Dieses neue Gesetz kann daher eine deutliche Beschleunigung beim Ausbau der erneuerbaren Energien mit sich bringen“, freut sich Nährer: „Eine genaue Beurteilung kann aber erst bei Durchsicht des genauen Gesetzes-Textes gegeben werden“.

Beschleunigung des Erneuerbaren Ausbaus noch nicht beschlossen
Damit die Änderungen im UVP-Gesetz und das EABG auch wirksam werden, muss beides in den Nationalrat eingebracht und dort beschlossen werden. Stefan Moidl fordert dabei:

Hier sollte keine Zeit mehr verloren werden, und beides im Nationalrat so rasch als möglich beschlossen werden, damit die Vorschläge auch in realen Gesetzesänderungen münden und damit auch wirksam werden können.
Stefan Moidl

Photovoltaic Austria begrüßt geplante Beschleunigung und Rekordbudget für PV-Ausbau

Neben einem Rekordbudget von insgesamt 600 Millionen Euro soll die Genehmigung von Photovoltaik(PV)-Anlagen stark vereinfacht werden. Photovoltaic Austria begrüßt eine damit einhergehende Beschleunigung des PV-Ausbaues.

Neue Förderschiene für rasch umsetzbare PV-Projekte angekündigt
Neben der bekannten Investitions- und Marktprämienförderung im EAG soll eine neue Förderschiene, für schnell umsetzbare Projekte, die enorm hohe Nachfrage nach PV-Anlagen unterstützen. Für den „Fast Track“ ist ein Budget von 268 Millionen Euro vorgesehen. Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaic Austria, findet lobende Worte:

Diese rasche Maßnahme kommt genau zur richtigen Zeit. Projekte, die in den Schubladen liegen, aber auf Grund beschränkter Fördermittel im Unklaren sind, sollen damit rasch umsetzbar werden.
Vera Immitzer

Für die Ausarbeitung der neuen Förderschiene etabliert das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) ein Fachgremium, bei dem der PV-Verband ein entscheidender Impulsgeber ist. „Wir werden die Anliegen der PV-Branche einbringen und uns für praxisnahe Rahmenbedingungen einsetzen,“ so Immitzer.

Neues Gesetz zur Genehmigungsvereinfachung geplant
Eine weitere angekündigte Neuerung ist das „Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz“ (EABG). Ein Gesetz, das die Umsetzung von PV-Anlagen vereinfacht und teilweise genehmigungsfrei stellen soll. Weiters soll damit eine engere Zusammenarbeit von Bund und Ländern für eine aktive Energieraumplanung geschaffen werden. Auch soll in Zukunft nur noch eine zentrale Stelle alle Genehmigungen Österreichweit abwickeln. Auch dieses Gesetz wird in den nächsten Wochen erarbeitet. Immitzer zeigt sich vorsichtig zuversichtlich:

Für den Erneuerbaren Ausbau braucht es neben dem Bund vor allem die Länder und eine aktive Energieraumplanung. Das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz kann dafür eine gute Grundlage sein, sofern alle Beteiligten engagiert mitarbeiten.
Vera Immitzer

Invest-Verordnung kurz vor Begutachtung
Darüber hinaus wurde die bereits dringend erwartete Verordnung zur Investitionsförderung nach dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz auf Regierungsebene finalisiert, deren Begutachtung in Kürze starten wird. In dieser Verordnung werden wichtige Details zur Antragstellung sowie Förderzeitpunkte und -sätze verankert. Dieser Förderung, stehen laut Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, in diesem Jahr 328 Millionen Euro zur Verfügung.

Kleinwasserkraft Österreich kritisiert Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz

Maßlos enttäuscht zeigt sich Kleinwasserkraft Österreich von der gestrigen von der Bundesregierung präsentierten Punktation zum geplanten EABG. Kleinwasserkraft Österreich Geschäftsführer Paul Ablinger hält fest:

Dass bei den grundsätzlichen Rahmenbedingungen zwischen einzelnen Erneuerbaren Technologien unterschieden werden soll, ist aus unserer Sicht völlig willkürlich und sachlich nicht nachvollziehbar.
Paul Ablinger

Mit der expliziten Ausnahme von Anlagen welche Bewilligungen nach dem Wasserrechtsgesetz (WRG) benötigen, werden Kleinwasserkraft und Geothermie massiv benachteiligt, ohne dass daraus ein Nutzen für jemanden entsteht.

Geothermie und Kleinwasserkraft bleiben auf der Strecke
Während für andere Technologien ein One-stop-Shop für die Bewilligung etabliert werden soll und eine Strukturierung und Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens vorgesehen ist, bleiben für Geothermie und Kleinwasserkraft die Vielzahl von Einzelverfahren erhalten. Diese haben oft auch für kleine Projekte jahrelange Verzögerungen und sich widersprechende Bescheidauflagen zur Folge. Auch können weiterhin Landschaftsschutzkriterien alleine zur Abweisung von Projekten führen. Beispielsweise kann also die Reduzierung von Weißwasseranteilen (also dass das Wasser weniger schäumt) somit weiterhin die sinnvolle Revitalisierung von Projekten verhindern. „Für uns ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum man gerade bei der Kleinwasserkraft, mit ihrem wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit, keine Verbesserungen im Verfahren machen möchte. Besonders in der jetzigen Situation wäre das genaue Gegenteil angebracht!“ hält Ablinger fest und hofft, dass es im Zuge der Erstellung des Gesetzesentwurfes sowie im Parlamentarischen Prozess noch zu Verbesserungen kommt.

Nichts ist fix, alles noch offen?

Dass alles noch offen ist, wirkt fraglich. Tatsache ist: die gestern präsentierten Vorhaben müssen noch den parlamentarischen Prozess passieren - und hier können jene, die "noch" unzufrieden sind, etwas Hoffnung schöpfen.
Hoffen darf man auf ein wenig Praxisbezug und darauf, dass man nicht den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.