Magnetokalorisches Kühlsystem : Anziehende Kältetechnik

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Das magnetokalorische Kühlsystem des Fraunhofer IPM ist eine Neuheit, die eigentlich gar nicht so neu ist. Der magnetokalorische Effekt wurde bereits 1917 entdeckt und wird seit den 30er Jahren für Tiefsttemperatur-Prozesse genutzt. Erst in den 1990er Jahren erkannten Wissenschaftler, dass der Effekt auch für Raumtemperatur-Systeme genutzt werden kann. „Seit mittlerweile zehn bis 15 Jahren wird intensiv an magnetokalorischen Raumtemperatursystemen geforscht – auch bei uns“, erklärt Kilian Bartholomé, stellvertretender Abteilungsleiter Thermische Energiewandler am Fraunhofer IPM, im Gespräch mit HLK. Gemeinsam mit seinem Team hat der Physiker die neue Kühltechnologie, die ohne schädliche Kältemittel auskommt, entwickelt.

F-Gase-Verordnung wirkt klimaschädlichen Kältemitteln entgegen

Die EU hat mit der F-Gase-Verordnung die Verwendung von fluorierten Kohlenwasserstoffen (FKW) stark eingeschränkt. Durch die Verordnung erwartet die EU bis 2030 eine Reduzierung der Emissionen im Industriesektor um 70 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990. Die Emissionen aus fluorierten Treibhausgasen sollen in diesem Zeitraum von 70 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent auf 35 Millionen Tollen CO2-Äquivalent schrumpfen. Die Europäische Union hofft darauf, dass Unternehmen durch die Beschränkung von FKW auf umweltschonendere Alternativen zurückgreifen. Alternativen, die das Fraunhofer IPM bald anbieten will.

Das Forscherteam rund um Kilian Bartholomé setzt bei seinem magnetokalorischen Kühlsystem auf eine umweltfreundliche Lathan-Eisen-Silizium-Legierung, die sich beim Anlegen eines Magnetfeldes erwärmt und beim Abschalten wieder abkühlt. Für die Wärmeübertragung nutzt das Team einen ganz einfachen physikalischen Prozess: Verdunstung. „Da Wasser sehr viel Energie aufnimmt, wenn es vom flüssigen in den gasförmigen Zustand übergeht, nutzen wir den Verdampfungsprozess, um die Wärme zu übertragen“, erklärt Bartholomé. „So kann die thermische Energie sehr effizient übertragen werden.“

Kühlen und Heizen mit Magnetfeld

Der magnetokalorische Effekt kann dabei nicht nur zum Kühlen verwendet werden, er eignet sich allgemein für die Raumtemperierung, wie der Physiker erklärt: „Es handelt sich dabei um eine reversible Temperatur. Wird das im Magnetfeld erwärmte Material aus dem Feld genommen, kühlt es um den gleichen Grad wie es erwärmt wurde wieder ab.“ Der Effekt kann damit für die Kälte- und Wärmeerzeugung genutzt werden, was in Dänemark bereits passiert. Im vom dänischen Energietechnologie-Insitut DTU Energy geleiteten Projekt Enovheat wird der magnetokalorische Effekt für den Betrieb von Wärmepumpen genutzt. Gemeinsam mit Partnern aus Großbritannien und Slowenien soll eine Wärmepumpe entstehen, die ohne klimaschädliche Kältemittel arbeitet.

Sowohl bei DTU Energy, als auch im Fraunhofer IPM wird derzeit noch experimentiert, Pilotanlagen gibt es noch keine. „Wir befinden uns derzeit intensiv in der Entwicklung, von fertigen Anlagen sind wir noch ein ganzes Stück weit entfernt“, so Bartholomé.

Rekordverdächtiges Kühlsystem

Einen Demonstrator soll es aber schon bis Ende des Jahres geben – und der ist weltrekordverdächtig. Er soll eine Leistung von 300 Watt haben, also rund sechsmal mehr als ein herkömmlicher Haushaltskühlschrank. Entscheidend für den Rekord ist aber vor allem die Systemfrequenz. Das langfristige Ziel der Forscher ist, 50 Prozent des theoretisch maximalen Wirkungsgrades zu erreichen. Vergleichbare bisherige Systeme erzielen heute rund 30 Prozent.

Die Industrie macht ihr Interesse an dem leistungsstarken und klimafreundlichen Kühlsystem bereits bemerkbar. Das Unternehmen Philipp Kirsch, das Spezialkühlschränke für medizinische Anwendungsbereiche herstellt, beteiligt sich am Projekt des Fraunhofer IPM. „Wir wollen auf Basis der Magnetokalorik ein Minus-86-Grad-Gerät auf den Markt bringen“, sagt Geschäftsführer Jochen Kopitzke. „Die Magnetokalorik hat ein sehr großes disruptives Potenzial und könnte die Kompressorkühlung mittelfristig ablösen. Wir sehen da einen klaren Markt, den wir uns erschließen können.“ Laut Kilian Bartholomé sollen aber noch mindestens fünf Jahre vergehen, bis die ersten Anlagen betriebsbereit und marktfähig sind.

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