Kühlschrank : Fraunhofer entwickelt Kühlsystem ohne schädliche Kältemittel

© Fraunhofer IPM

Klimafreundlich und Effizient: Mit seinem magnetkalorischen Kühlsystem will das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) in Freiburg einen Meilenstein der umweltfreundlichen Kühltechnik gesetzt haben. Der Physiker Kilian Bartholomé und sein Team haben ein äußerst effizientes Konzept für die Wärmeübertragung, das ohne schädliche Kältemittel auskommt, entwickelt.

Nachhaltige Kühltechnik ist gefragt

Der Bedarf an einer innovativen Kühltechnologie ist groß. Denn die heute üblichen fluorierten Kohlenwasserstoffe (FKW) haben ein hohes Treibhauspotenzial. Die EU hat ihre Verwendung daher deutlich eingeschränkt. Als Alternative zu FKW gibt es natürliche Kältemittel, wie zum Beispiel Butan oder Propan. Diese Gase werden in Haushaltskühlschränken eingesetzt. Sie sind jedoch brennbar und stellen demnach große Sicherheitsrisiken dar. Die in Haushaltskühlschränken verwendeten Mengen Butan und Propan sind unbedenklich, in den Kühlsystemen in Supermärkten sind jedoch deutlich größere Mengen der Gase im Umlauf. Da bisher überzeugende Lösungen fehlen, werden sie aber dennoch genutzt.

Ein magnetokalorisches Kühlsystem kommt ganz ohne schädliche Kältemittel aus. Als magnetokalorisches Material verwenden die Forscher eine umwelt­freundliche Lanthan-Eisen-Silizium-Legierung, die sich beim Anlegen eines Magnet­feldes erwärmt und beim Abschalten wieder abkühlt. Zum Abführen der entstandenen Wärme hat Kilian Bartholomé mit seinem Team ein besonderes Verfahren entwickelt und patentiert.

Das IPM setzt beim Bau seiner Kältemaschine auf die Nutzung latenter Wärme – das ist die Energie, die eine Flüssigkeit zum Verdampfen benötigt. "Da Wasser sehr viel Energie aufnimmt, wenn es vom flüssigen in den gasförmigen Zustand übergeht, nutzen wir den Verdampfungsprozess, um die Wärme zu übertragen", erklärt Bartholomé. "So kann die thermische Energie sehr effizient übertragen werden."

Auf die Idee, den Verdampfungsprozess für den Wärmetransport zu nutzen, kamen Kilian Bartholomé und sein Kollege Jan König durch Heatpipes, die als Röhren­kollektoren bei Solaranlagen oder zur Computerkühlung eingesetzt werden. Die Heatpipes bestehen aus einem luftleeren Rohr, in das etwas Flüssigkeit eingeschlossen ist. Wird die eine Seite des Rohres erwärmt, verdampft das Fluid auf dieser Seite und kondensiert auf der kalten Seite. Dabei werden hohe Wärmeübertragungsraten erreicht.

Die magnetokalorische Heatpipe, die am Fraunhofer IPM entwickelt wird, ist allerdings wesentlich komplexer. Sie besteht aus vielen kleinen Kammern, in denen sich das magnetokalorische Material befindet. Damit die Legierung vom Wasserdampf optimal durchdrungen werden kann, hat es eine feinporöse Struktur. Das Rezept für die Herstellung der porösen Legierung stammt von Sandra Wieland und Martin Dressler vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte Material­forschung (IFAM).

Neuer Weltrekord für magnetokalorische Kühlsysteme

Um die Effizienz weiter zu steigern, ordnet Bartholomé die Segmente der Heatpipe kreisförmig an und lässt in der Mitte einen Magneten rotieren. Wenn der Demonstrator Ende des Jahres fertig ist, soll er eine Leistung von 300 Watt haben. Zum Vergleich: Der Kompressor eines Haushaltskühlschranks hat eine Leistung von 50 bis 100 Watt. Schon jetzt kann das System mit einer sehr hohen Frequenz gefahren werden. Daher hat sich die Freiburger Forschergruppe vorgenommen, mit dem Demonstrator einen Weltrekord für magnetokalorische Kühlsysteme zu brechen – und zwar bezüglich der System­frequenz. Das langfristige Ziel ist, 50 Prozent des theoretisch maximalen Wirkungs­grades zu erreichen. Vergleichbare bisherige Systeme erzielen heute rund 30 Prozent.

Die Industrie zeigt bereits großes Interesse, zum Beispiel das Unternehmen Philipp Kirsch, das Spezialkühlschränke für medizinische Labore, Apotheken und Krankenhäuser herstellt. Das deutsche Traditionsunternehmen arbeitet in einem vom Bundeswirtschafts­ministerium geförderten Projekt mit dem Fraunhofer IPM zusammen. "Wir wollen auf Basis der Magnetokalorik ein Minus-86-Grad-Gerät auf den Markt bringen", sagt Geschäftsführer Jochen Kopitzke. "Die Magnetokalorik hat ein sehr großes disruptives Potenzial und könnte die Kompressorkühlung mittelfristig ablösen. Wir sehen da einen klaren Markt, den wir uns erschließen können."