5 Fragen an... : Windstille

© IG Windkraft

Seit über einem Jahrzehnt leistet Europa Pionierarbeit in der Windenergie-Nutzung. Ende 2018 erzeugten in der EU Windräder mit einer Gesamtleistung von 178.826 Megawatt Energie, damit konnten rund 14 Prozent des Strombedarfs gedeckt werden. Auch in Österreich hat man Pionierarbeit geleistet – bis vor zwei Jahren. Seitdem lässt der Ausbau stark nach und dieses Jahr gehen wohl nur mehr neun neue Windräder ans Netz. Woran liegt das und wie kann der Ausbau vorangetrieben werden? Wir klären die wichtigsten Fragen zum Windenergie-Ausbau.

Wie viel Windenergie wird in der EU und Österreich produziert?

In der gesamten Europäischen Union wurden im Jahr 2018 10.100 Megawatt Windkraftleistung installiert. Der Großteil davon sind Onshore Windenergieanlagen. Insgesamt liegt die Windkraftleistung in der EU bei 178.826 Megawatt. Damit können rund 14 Prozent des Strombedarfs gedeckt werden. Nachdem Europa nun aber Jahrzehntelang Pionierarbeit im Bereich Windenergie geleistet hat, lässt der Ausbau stark nach, wie aktuelle Zahlen des Global Wind Energy Council zeigen. Während China zuletzt ein Ausbauplus von 2,7 Gigawatt verzeichnet, sackt Europa um ganze 4,8 Gigawatt ab.

In Österreich sind derzeit rund 1.340 Windräder mit einer Leistung von 3.160 Megawatt installiert. Damit können rund sieben Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt werden. „Die österreichischen Windräder decken rund 50 Prozent der Haushalte ab und können elf Prozent des Stromverbrauchs abdecken“, erklärt Martin Jaksch-Fliegenschnee, Pressereferent der IG Windkraft, im HLK-Videointerview. Die meisten Windräder stehen dabei in Niederösterreich, nämlich 729 Anlagen mit einer Leistung von 1.661,4 Megawatt. Danach folgt das Burgenland mit 445 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 1.090 Megawatt. Ein einzelnes Windrad spart dabei jährlich so viel CO2 ein, wie 2.000 Pkw in Summe ausstoßen.

Wie viele Arbeitsplätze bietet die Windenergie?

Rund 180 österreichische Unternehmen profitieren als Lieferanten oder Dienstleister von der Windenergiebranche. Mit Umsätzen von jährlich insgesamt 459 Millionen Euro tragen diese Unternehmen äußerst positiv zur österreichischen Wirtschaftssituation bei. Ein einzelnes Windrad mit einer Leistung von drei Megawatt bringt den zuständigen Unternehmen ein Auftragsvolumen von knapp 1,5 Millionen Euro. Weitere 3,3 Millionen Euro kommen während der Betriebsdauer hinzu.

In Österreich sind derzeit rund 5.000 Arbeitnehmer im Bereich Windenergie beschäftigt. Noch mehr Beschäftigung bietet die deutsche Energiewirtschaft: Laut einer Studie der Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung, dem deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erreichte die Zahl der Beschäftigten im Bereich Energie zwischen 2009 und 2011 ihren Höhepunkt: 810.000 Personen waren in diesem Zeitraum in der gesamten Energiewirtschaft tätig. Momentan sind es rund 690.000 Personen. Rund 338.000 Beschäftigte sind dabei im Bereich der erneuerbaren Energien tätig. Vor allem in der Windenergiebranche ist der Zuwachs hoch: 160.000 Personen arbeiten in diesem Bereich. Damit erreicht die Branche ein Allzeithoch.

Sind Windräder eine Gefahr für den Vogelbestand?

Laut einer Studie der IG Windkraft kommt es in Niederösterreich jährlich zu sieben toten Vögeln und fünf Fledermäusen durch die Windanlagen. Damit sind Windräder eine geringere Gefahr für Vögel als jede einzelne Hauskatze.

Windräder töten außerdem weitaus weniger Vögel als zum Beispiel Atomkraftwerke. Laut einer Studie von Science Direct verursachen in den USA 48.000 Windräder den Tod von 140.000 Vögeln. Gleichzeitig töten aber 99 Atomkraftwerke in Amerika 330.000 Vögel. Betrachtet man alle Gebäude in den USA, sind diese für 365 Millionen tote Vögel im Jahr verantwortlich. Um so wenige Kollisionen wie möglich zu verursachen und den Vogelbestand zu schützen, gibt es in Österreich und Deutschland Vogelschutzzonen, in denen der Windkraftausbau streng verboten ist. Solche Schutzzonen befinden sich zum Beispiel im Nordburgenland rund um den Neusiedlersee.

Wie lange wird ein einzelnes Windrad betrieben?

Rund 20 Jahre lang ist ein Windrad in Betrieb. Ist sein Lebenszyklus vollendet, kann es mit Hilfe von Kränen rasch abgebaut und die Fläche des Masts umgehend wieder genutzt werden. Doch was passiert mit den ausrangierten Teilen? Dafür gibt es mittlerweile spezielle Dienstleister, die sich um die Abwicklung von Rückbauprojekten kümmern. Viele Materialien einer Windenergieanlage, wie Kupfer oder Stahl, können wiederverwendet werden. Laut dem Fraunhofer Institut für Chemische Technologie wird bei den meisten Windrädern eine Recyclingquote von bis zu 90 Prozent erreicht.

Die Technische Universität Cottbus-Senftenberg arbeitet derzeit an einem Verfahren, das geschredderte Rotorblätter und Flugasche aus der Stromerzeugung in Braunkohlekraftwerken zu einem Betonwerkstoff kombinieren soll. Der Beton wird dadurch stabiler und die Rotorblätter erfüllen einen sinnvollen Zweck.

https://youtu.be/bH9BioYcgH4

Wie geht der Windkraftausbau in Österreich voran?

Obwohl der Windkraftausbau stets vorangeht, könnten bereits viel mehr Anlagen installiert sein. Nach wie vor warten 200 fertig genehmigte Windkraftwerke mit einer Leistung von 600 Megawatt auf die Freigabe der Fördermittel durch die Politik. „Wir haben 2014 141 Windräder errichtet, dieses Jahr werden es nur mehr neun sein. Wir haben da wirklich eine Bewegung nach unten, obwohl wir eine Bewegung nach oben bräuchten“, erklärt Martin Jaksch-Fliegenschnee. Um das von der Bundesregierung festgelegte Ziel der 100 Prozent erneuerbare Energie bis 2030 zu erreichen, bräuchte man laut dem Windenergie-Experten einen Ausbau von 120 Windrädern mit 500 Megawatt pro Jahr.

Das Potenzial wäre aber gegeben: „Wir könnten die Windkraftleistung bis 2030 auf mehr als 7.500 Megawatt verdoppeln und damit mehr als ein Viertel der Stromversorgung zur Verfügung stellen“, so Jaksch-Fliegenschnee. Hier ist nun die neue Regierung gefragt, denn Ziele alleine erfüllen noch keine Ökostrom-Quoten.

Wie wird Windenergie in Österreich gefördert?

Laut Martin Jaksch-Fliegenschnee wird die Energieerzeugung in Österreich zwar gut gefördert, leider aber meist in den falschen Bereichen: "Fossile Stormerzeugungsarten werden zwei- bis dreimal mehr gefördert als erneuerbare Energien. Alleine in Österreich hat man 4,7 Milliarden umweltschädliche Subventionen pro Jahr." Die Förderung der Windenergie fällt unter das Ökostromgesetz, das seit 2012 in Kraft ist. Über das Ökostromgesetz werden Kraftwerke, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen, mittels Einspeisetarifen gefördert werden. Die Förderung für die Windenergie hält dabei 13 Jahre an, Biomasse oder Biogas werden 15 Jahre lang gefördert.

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