Wärmepumpe : Diese Wärmepumpe macht industrielle Abwärme effizient nutzbar

© Borealis/Fotostudio Meister Eder

Der Wärmesektor ist in Österreich für mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs zuständig. Knapp 60 Prozent dieser Energie wird aus fossilen Quellen gewonnen. Es braucht daher nicht nur eine Energiewende, sondern ganz eindeutig auch eine Wärmewende. Heizsysteme, die mit elektrischer Energie betrieben werden, sind zwar nachhaltiger als beispielswiese Ölheizungen, sie treiben aber auch den Energiebedarf nach oben. Umso besser ist es deshalb bereits vorhandene Wärme nutzbar zu machen und erneut zu verwenden.

Abwärme entsteht bei nahezu allen Industrieprozessen und kann heute mit ausgereiften Technologien weiterverarbeitet werden. Die Stadt Wien hat eine Karte mit allen Orten mit Abwärmepotenzial erstellt, um aufzuzeigen wie viele potenzielle Wärmequellen es innerhalb der Wiener Stadtgrenzen gibt. Mit der Abwärmenutzung beschäftigt sich auch das belgische Startup Qpinch, das mit seiner Wärmepumpe industrielle Betriebe zu einem Umstieg auf nachhaltigere Technologien bewegen möchte.

Wärme zu elektrischer Energie

Eine Möglichkeit, Abwärme zu nutzen, besteht darin die Wärmeenergie in elektrische Energie umzuwandeln. „Die Effizienz dieses Prozesses ist jedoch sehr gering. Im Endeffekt kommt es durch die Umwandlung von Wärmeenergie zu Strom zu Energieverlusten. Besser ist es deshalb die Wärmeenergie direkt zu nutzen“, erklärt Erik Verdeyen von Qpinch. Das Startup hat seine Wärmepumpe dabei auf eine ganz genaue Zielgruppen ausgerichtet: Raffinerien und petrochemische Industrie. Die Abwärme dieser Prozesse liegt bei maximal 180 Grad und entsteht in vielen unterschiedlichen Produktionsschritten.

Die Qpinch-Technologie imitiert natürliche Prozesse, die Energie in lebenden Zellen speichern und freisetzen – ein Kreislauf, der als ATP/ADP bekannt ist. Die Technologie ermöglicht eine Steigerung der Wärmeenergie industrieller Abwärme, indem diese durch einen chemischen Prozess angehoben wird. Im Gegensatz zu herkömmlichen Wärmepumpen minimiert dieser geschlossene Kreislaufprozess sowohl die Betriebskosten als auch den Stromverbrauch. Die Technologie ist von ein bis 50 Megawatt skalierbar und kann dadurch enorme Mengen der Abwärme aus der Industrie verarbeiten. „Wir verwenden einen Teil der Abwärme, um die restliche Wärmeenergie aufzubessern. Dadurch wird nahezu keine zusätzliche, elektrische Energie benötigt“, so Verdeyen im HLK-Interview und weiter: „Das System ist außerdem einfach in Installation und Wartung. Es gibt nur wenig mechanische Bewegung, wodurch die Abnutzung gering bleibt. So kann eine einmalige Investition über 25 Jahre lang zu Ersparnissen führen.“

Borealis als Kunde

Qpinch hat sich bereits namenhafte Kunden gesichert. Dazu zählt auch der Wiener Chemieriese Borealis. Borealis will eine Wärmerückgewinnungsanlage am bestehenden Standort der Borealis LDPE-Anlage in Zwijndrecht bei Antwerpen, Europas größtem Petrochemiecluster, errichtet werden. Der Betriebsstart ist für das erste Halbjahr 2019 geplant. Die Anlage wird die neue Technologie damit als erste im kommerziellen Maßstab in einer Polyolefinanlage nutzen. Die flämische Regierung unterstützte die Umsetzung des Projekts finanziell über ihr Umweltförderprogramm. „Wir sind stolz darauf, diese revolutionäre Technologie als erster Polyolefinproduzent auf einen kommerziellen Maßstab auszubauen. Dies wird die Borealis Gruppe maßgeblich dabei unterstützen, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, insbesondere in unseren Fokusbereichen Energie und Klima“, erklärt Maurits Van Tol, Borealis Senior Vice President Innovation and Technology.

Qpinch in Zahlen

Das belgische Unternehmen wirbt vor allem mit den Ersparnissen, welche die Qpinch-Wärmepumpe mit sich bringt. Jedes Megawatt Energie, das mit Qpinch erzeugt wird, soll rund 2.200 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. „Wir gehen davon aus, dass die CO2-Preise stark steigen werden. Dazu ein Gedankenspiel: Wenn eine Tonne CO2 etwa 50 Dollar kostet, spart die Erzeugung von einem Megawatt mit Qpinch über 100.000 Dollar“, erklärt Erik Verdeyen. Seine Passion für das belgische Unternehmen wird im Gespräch mit ihm spürbar. Und diese Leidenschaft versteckt Verdeyen auch nicht: „Vor ein paar Jahren habe ich unserem Energieminister, der einen Tesla fährt, erklärt, dass wir mit dem Preis für eine Handvoll Teslas CO2-mäßig rund 1.000 Autos von der Straße nehmen könnten – dauerhaft. Das zeigt wie wichtig Energieeffizienz in der Industrie ist“, so Verdeyen.

https://youtu.be/CLROXufJeIY

Das beeindruckt auch andere Unternehmen und Qpinch stößt zunehmend auf Interesse: „Während wir bisher eher in Raffinerien vertreten waren, kommen nun auch Produktionsstätten mit einer geringeren Abwärme auf uns zu. Auch in diesen Bereichen sehen wir großes Potenzial“, meint Erik Verdeyen.