Brennstoffzelle : Warum Sie mit Wasserstoff heizen sollten

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© Viessmann

„Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.“ Schon 1870 prophezeite der französische Schriftsteller Jules-Gabriel Verne wie groß die Bedeutung von Wasserstoff werden würde. Er ist das meistverbreitete chemische Element im Universum und war maßgeblich an der Realisierung der Raumfahrt beteiligt. Davor trieb er bereits Zeppeline an und galt als Brennstoff der Zukunft.

150 Jahre nach der Erkenntnis Vernes hat nun auch die Industrie endgültig eingesehen, dass das chemische Element nicht nur im Periodensystem an erster Stelle stehen sollte. Für Industrie und Verkehr ist vor allem molekularer Wasserstoff (H2) interessant. Er kann über eine Dampfreformierung oder über Power-to-Gas-Anlagen gewonnen werden. Bei letzterer Methode wird mittels Wasserelektrolyse elektrische Energie in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Der Wasserstoff kann in seiner Form direkt zu einem kleinen Teil ins Gasnetz eingespeist oder mittels Methanisierung in sogenanntes grünes Gas umgewandelt werden.

CO2-armer Treibstoff

Wird bei der Produktion von Wasserstoff auf erneuerbare Energie zurückgegriffen, kann das H2 nicht nur CO2-neutral produziert werden, sondern sogar CO2 reduzieren. Beim Verfahren Carbon Capture and Utilization wird das aus Industrieprozessen oder Biogas Anlagen gewonnene CO2 weiterverarbeitet und in Kombination mit Wasserstoff zum Beispiel für die Produktion von E-Fuels verwendet. Mittels Carbon Capture and Storage kann CO2 außerdem gespeichert werden und so den CO2-Gehalt in der Atmosphäre reduzieren.

Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber ist überzeugt, dass die Wasserstoffgewinnung damit eine bedeutende Zukunftstechnologie ist: „Grüner Wasserstoff, der mittels Elektrolyse aus erneuerbarer Energie erzeugt wird, kann als Energiespeicher oder direkt als Treibstoff genutzt werden und ist dabei emissionsfrei. Europa und insbesondere Österreich sind hier bereits gut aufgestellt und wir haben eine echte Chance, beim Wasserstoff die vorderste Position einzunehmen.“ Vor allem im Industriebereich sieht Anzengruber Wasserstoff als wichtig Lösung.

Heizen mit Wasserstoff

H2 kann aber nicht nur in großindustriellen Vorgängen genutzt werden, auch einzelne Haushalte zählen mittlerweile auf das chemische Element – die Brennstoffzellenheizung macht’s möglich. Das Brennstoffzellen-Heizgerät erzeugt dabei aus Erd- oder Flüssiggas Wasserstoff, der mittels Elektroden und Katalysator in Wärme und Strom umgewandelt wird. Kritisch ist dabei jedoch der Einsatz fossiler Brennstoffe, die die CO2-Bilanz der Heizmethode verschlechtern. Markus Klausner, Geschäftsführer Technik bei Viessmann, sieht darin kein Problem: „Im Vergleich zur herkömmlichen Stromproduktion in Kraftwerken und der dezentralen Wärmeerzeugung im Haus sinkt der CO2-Ausstoß beim Betrieb einer Brennstoffzellenheizung um bis zu 50 Prozent.“ Die Viessmann-Brennstoffzellenheizung ist zudem nicht unbedingt auf Erdgas angewiesen, erklärt Klausner: „Natürlich wird uns in ferner Zukunft weniger Erdgas zur Verfügung stehen, dafür gibt es aber Alternativen. Die Brennstoffzellenheizung kann auch mit grünem Gas betrieben werden.“

Auf Autarkie mit Wasserstoff als Energieträger setzt indes das Berliner Unternehmen HPS. Es bietet ein Komplettsystem an, bei dem die Photovoltaikanlage die notwendige Energie für die Wasserstofferzeugung liefert. Mit einem Elektolyseur wird – vor allem im Sommer – überschüssiger Solarstom zu H2 umgewandelt. Dieser kann direkt mittels Brennstoffzelle verwendet oder in einem Wasserstofftank gespeichert werden. Damit steht auch in den sonnenschwachen Monaten Wasserstoff zur Verfügung, mit dem die Nutzer Wärme und Strom erzeugen können.

Einsparpotenzial ist groß

Brennstoffzellenheizungen gelten – mit der richtigen Energiequelle – nicht nur als umweltfreundlich, sie schonen auch die Geldbörse, wie ein Viessmann-Rechenbeispiel zeigt: Durchschnittlich erzeugt die Brennstoffzelle der Viessmann-Anlage Vitovalor 300-P etwa 4.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Davon werden in der Regel rund 2.400 Kilowattstunden (60 Prozent) selbst genutzt. Der Betreiber spart dabei pro Kilowattstunde rund 25 Cent. Die restlichen 1.600 Kilowattstunden (40 Prozent) werden gegen eine Vergütung von fünf Cent pro Kilowattstunde in das Netz eingespeist. „In Summe ergibt sich im Neubau eine durchschnittliche jährliche Energiekosteneinsparung in Höhe von rund 680 Euro“, erklärt Klausner.

Falsche Ziele in Österreich

Großes Potenzial sieht auch Alt- und Bald-Kanzler Sebastian Kurz im Wasserstoff. Er will Österreich zur Wasserstoffnation Nummer eins machen und hat das auch in der österreichischen Wasserstoffstrategie festgelegt. Derzeit liegt Kurz‘ Fokus jedoch auf dem Verkehrssektor: Bis 2025 sollen in Österreich flächendeckend Wasserstofftankstellen zur Verfügung stehen. Das Problem daran: Die Wasserstofftankstellen werden großteils von der OMV betrieben, die bei der Gewinnung von Wasserstoff nicht auf Solarenergie, sondern auf Erdgas setzt. Das mögliche CO2-Eisparpotenzial wird damit bei weitem nicht ausgeschöpft.

In Österreich haben sich nun einzelne Unternehmen zusammengeschlossen und gemeinsam eine Wasserstoff-Pilotanlage errichtet. In Linz wurde die Testanlage von Voestalpine, Siemens und Verbund nun in Betrieb genommen. In das Projekt H2Future wurden insgesamt 18 Millionen Euro investiert, nun soll damit grüner Wasserstoff erzeugt und so die Stromversorgung abgesichert werden.

Im Gebäudesektor könnte man indes das zum Heizen verwendete Erdgas mit bis zu 50 Prozent mit Wasserstoff versetzen. In den Wiener Gasnetzen wäre die Umsetzung problemlos möglich und somit der Umstieg auf umweltfreundlicheres Gas – sofern der Wasserstoff aus erneuerbarer Energie gewonnen wird – naheliegend. Zielsetzungen zur Verwendung von Wasserstoff bei Immobilien gibt es jedoch noch nicht. Im Vergleich zur EU ist Österreich aber schon einen Schritt weiter, denn laut Florian Ermacora, Generaldirektion für Energie bei der Europäischen Kommission, gibt es in der EU-Kommission derzeit noch keine Wasserstoffstrategie. Hier muss nun schleunigst umgesetzt werden, was Jules-Gabriel Verne schon 1870 wusste.