Klimawandel : AIT - Klimaschutzmodell holistisch neu gedacht

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© Bild: Thomas Reimer - stock.adobe.com

Am 8.Juni 2022 startete das zukunftsweisende EU-Forschungsprojekt „KNOWING“ unter der Leitung des AIT Austrian Institute of Technology in Wien. Innerhalb von vier Jahren soll in Zusammenarbeit mit 17 internationalen Partnern ein Modellierframework entwickelt, getestet und angewendet werden, das erstmals als übergeordnetes, ganzheitliches Modell, die Wirkungen zwischen Klimaschutz- und Klimawandelanpassungen darstellt – und zwar sektorenübergreifend.
Dieses „große Bild“ fehlt bis heute und hat zur Folge, dass Modelle für einzelne Sektoren, wie beispielsweise für die Landnutzung oder für den Verkehr, die Auswirkungen auf andere Sektoren, wie etwa die Landwirtschaft, sowie Rebound-Effekte oder Wechselwirkungen nicht berücksichtigen – und damit ein verzerrtes oder schlicht unzulängliches Bild erzeugen.

Erstmals Modell für integrative, ganzheitliche Betrachtung von Klimaschutzmaßnahmen

Der Zeitraum, um die EU-Klimaziele bis 2050 zu erreichen, wird immer kürzer. Zugleich werden die Folgen des Klimawandels bereits jetzt immer stärker spürbar – beispielsweise nehmen die Hitzetage in Städten stark zu. In Wien werden bereits mehr als viermal so viele Hitzetage mit tropischen Nachttemperaturen von mindestens 30 Grad verzeichnet als vor dem Jahr 1990. Die Zunahme erfolgt dabei exponentiell: zwischen 1990 und 2010 stieg die durchschnittliche Anzahl von Hitzetagen von etwa 10 auf 17, im Jahr 2018 wurden bereits 42 Hitzetage verzeichnet. Extremwetterereignisse häufen sich und die Bodenfruchtbarkeit ändert sich. Es gilt also, parallel starke und rasche Maßnahmen gegen die Erderwärmung zu setzen und zugleich Anpassungsstrategien gegen die bereits eingetretenen Folgen zu entwickeln. Dass diese Anpassungsmaßnahmen ebenfalls eine CO2-Belastung bedeuten, muss in die Berechnungen einfließen und berücksichtigt werden. So erzeugen etwa Hochwasserschutzwände aus Stahlbeton in ihrer Errichtungsphase ebenfalls Emissionen.

„KNOWING“-Projektleiterin Alexandra Millonig, Senior Scientist am Center for Energy des AIT Austrian Institute of Technology, meint dazu:

Genau hier besteht derzeit noch eine Lücke: Bestehende Modelle betrachten nur einzelne Aspekte oder Sektoren und existieren quasi nebeneinander ohne Vernetzung oder Datenaustausch untereinander.
Alexandra Millonig

Mit ihrem Projekt wolle man diese Lücke künftig schließen und eine gesamtheitliche, integrative Betrachtung von Aus- und Wechelwirkungen von Klimaschutz- bzw. Anpassungsmaßnahmen ermöglichen, um zu wissen, wie man die Ziele konkret erreichen und sich bestmöglich anpassen könne, ergänzt Millonig.

Neues Modell zeigt konkrete Pfade und Maßnahmen zur Klimazielerreichung auf

Mithilfe von Demonstratorregionen in ganz Europa wird das so genannte „system dynamics modell“ als Modellierframework entwickelt. Seine Aufgabe ist es, zu beschreiben, was zwischen einzelnen bestehenden Systemen passiert und Daten bzw. Berechnungen zu verknüpfen. In der finalen Anwendung soll das Modell dann mithilfe von eigenen Service-Tools für AkteurInnen auf sämtlichen Ebenen als Open Source zur Verfügung stehen. Die potenziellen AnwenderInnen – das können Städte und Regionen, aber auch Industriebranchen oder Wirtschaftstreibende sein – erhalten je nach Definition ihres Ziels so genannte Transformationspfade, die das Modell identizifiert hat – also einen konkreten Maßnahmenplan zur Zielerreichung.

Anwendungsbeispiel klimabedingt veränderte Landwirtschaft

Ein Beispiel: Anpassungen in der Landwirtschaft auf klimatische Veränderungen und nachhaltige Produktion erfordern Investitionen und neue Kompetenzen im Umgang mit veränderten Bedingungen und landwirtschaftlichen Produkten. Regionen können mithilfe der Tools gezielt Rahmenbedingungen für die Umstellung schaffen. Das bedeutet etwa klimarelevante Aspekte in zukünftigen Pachtverträgen zu verankern, indem abwechselnde Fruchtfolgen vorgegeben werden, welche die Bodenfruchtbarkeit verbessern und Erosion verhindern. Landwirtschaftstreibende können mit den Tools zeitgerecht vorbereitet, unterstützt und geschult werden.

Unser Modell kann mithilfe der Transformationspfade ganz konkrete Maßnahmen und ihre Wechselwirkungen aufzeigen – also genau das, was die meisten AkteurInnen brauchen.
Marianne Bügelmayer-Blaschek

Denn jeder wisse, dass es höchste Zeit ist, zu handeln, aber vielen fehle das Wissen, wie und was sie konkret umsetzen können. „KNOWING“ als Projektname sei hier also ganz wörtlich zu verstehen – man wolle „wissend“ machen und die Menschen dazu befähigen, starke Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen, schließt Projektmitarbeiterin Marianne Bügelmayer-Blaschek, Senior Scientist am Center for Energy des AIT Austrian Institute of Technology.

Über das Projekt „KNOWING“

Das Projekt „KNOWING“ läuft von Juni 2022 bis Mai 2026 mit einer Beteiligung von 17 internationalen Partner und rund 70 Mitarbeitenden im Projektverlauf. Die Projektleitung liegt am AIT Austrian Institute of Technology. Das Födervolumen des EU-Projekts beträgt 6,2 Mio. EUR.

Über das AIT

Das AIT Austrian Institute of Technology ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung. Mit seinen sieben Centern beschäftigt sich das AIT mit den zentralen Infrastrukturthemen der Zukunft und versteht sich als hoch spezialisierter Forschungs- und Entwicklungspartner für die Industrie. Im AIT Center for Energy arbeiten über 250 ExpertInnen an diesem Energiesystem der Zukunft. Das Themenportfolio orientiert sich an drei zentralen Systemen: Öffentliche Energieversorgungssysteme, Industrielle Energiesysteme und Städte & gebaute Umwelt.