WKÖ-Gewerbe und Handwerk : Verhindern, dass sich Schwächephase strukturell verfestigt

Sind Umsätze gewachsen? Schild "Hier nicht"

Die Geschäftsentwicklung im Gewerbe und Handwerk in Österreich war 2024 erneut rückläufig. Was 2025 helfen würde? Wachstum, Zuversicht, Bürokratie-Abbau.

- © HLK/ E, Herrmann

Am 16. Jänner 2025 informierte die Sparte Gewerbe und Handwerk in der WKÖ bei einem Pressegespräch über das Jahr 2024 aus Branchensicht und gab einen Ausblick auf das Jahr 2025. Dass die Sparte Gewerbe und Handwerk mit ihren 27 Bundesinnungen und insgesamt 287.478 aktiven Spartenmitgliedern mehr als ein Drittel aller Arbeitgeberunternehmen repräsentiert (57.177 von 153.869), die 831.144 (von 2,8 Mio.) unselbstständig Beschäftigten Arbeit geben, verdeutlicht die Wichtigkeit dieses Wirtschaftsbereiches für Österreich.
Es waren sehr ernüchternde Zahlen, die präsentiert wurden, denn 2024 war für das Gewerbe und Handwerk in Österreich einmal mehr ein überaus schwieriges Jahr. Nach den vorläufigen Schätzungen von KMU Forschung Austria schließt das Gewerbe und Handwerk in Österreich das vorige Jahr mit einem realen (mengenmäßigen) Umsatzminus von -4,5 % ab. Nominell (wertmäßig) betrug das Minus -1,0 Prozent.

Fünf Jahre reales Umsatzminus in Folge

Damit ist 2024 schon das fünfte Jahr in Folge mit einem realen Umsatzminus im Gewerbe und Handwerk in Österreich. 
Seit 2019 (damals ging sich es ein zartes Plus von 0,5 % aus) ist die Entwicklung somit durchgehend rückläufig.
Corona-Pandemie, Lieferkettenprobleme, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation, Zinshoch und zudem noch Fachkräftemangel: Diese dramatischen Umstände haben zur längsten Rezessionsphase der Nachkriegszeit geführt. Jetzt gilt es zu verhindern, dass sich diese Schwächephase strukturell verfestigt“, sagte Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), beim Pressegespräch. 
Was helfen würde? „Wir brauchen rasch eine handlungsfähige Regierung, die die Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort entschlossen in Angriff nimmt.
Besonders schwierig war 2024 für das investitionsabhängige Baugewerbe bzw. den Holzbau sowie für exportorientierte Branchen wie Metalltechniker und Kunststoffverarbeiter
Auch für die konsumnahen Branchen war das letzte Jahresviertel 2024 mehrheitlich negativ geprägt. 
Besonders schwach war das vierte Quartal 2024 für die stark von der Industriekonjunktur abhängigen Personaldienstleister und das Sicherheitsgewerbe und die sehr am Export und dem produzierenden Bereich ausgerichtete Mechatronik.

Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der WKÖ
Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). - © HLK/ E. Herrmann

Ausblick für 2025

Wie sind die Unternehmen in das Jahr 2025 gestartet? „Der Pessimismus nimmt weiter zu - ein Aufwärtstrend ist derzeit leider nicht in Sicht“, sagte Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria mit Blick auf die Auftrags- und Umsatzerwartungen für das erste Quartal 2025.
Lediglich bei den Friseuren überwiegen die hoffnungsfrohen Betriebe um einen Prozentpunkt. In nahezu allen anderen Branchen - sowohl im investitionsgüter- wie im konsumnahen Bereich - überwiegen unter den befragten Unternehmen jene, die Geschäftsrückgänge befürchten. Besonders negativ sind die Erwartungen im Holzbau, wo die pessimistischen Betriebe einen Überhang von -43 Prozentpunkten haben, im Bauhilfsgewerbe (-34 Prozentpunkte) und in der Metalltechnik (-33).

Punktgenaue Impulse für mehr Zuversicht

Angesichts der notwendigen Budgetsanierung brauche es nun die richtige Balance aus Konsolidierung und Wachstum. „Klug gesetzte und effiziente Impulse müssen den Betrieben Zuversicht geben, mehr zu investieren“, sagte Scheichelbauer-Schuster. So koste es beispielsweise nichts, sich von überschießenden Auflagen oder Vorschriften zu befreien, erklärte die Obfrau mit Blick auf die KIM-Verordnung der Finanzmarktaufsicht: Diese hatte seit 2022 Baufinanzierungen behindert und den Wohnungsneubau nahezu zum Stillstand gebracht. Die Sparte begrüßt, dass die Maßnahme Mitte 2025 endlich ausläuft.

Fokus auf Qualifizierung

Für die Wettbewerbsfähigkeit im Handwerk und Gewerbe ist die Qualifikation der Mitarbeitenden besonders entscheidend. Deshalb plädiert die Sparte für einen verstärkten Fokus auf Höher- bzw. Umqualifizierungen.
Sehr positiv haben sich indes 2024 die Meister- und Befähigungsprüfungen entwickelt (+ 6 %). Im Gegenzug sinken - primär demografisch bedingt - die Lehrlingszahlen, was den Fachkräftemangel zu verschärfen droht. Die Betriebe erbringen mit ihrer Ausbildungsleistung einen enormen gesellschaftlichen Mehrwert, der jedoch hohen Personal- und Kostenaufwand verursacht. „Es muss auch für kleinere Betriebe möglich sein, Lehrlinge auszubilden, denn das hat Österreich so erfolgreich gemacht“, betont Scheichelbauer-Schuster. Zumal die betriebliche Lehrlingsausbildung dem Staat sogar sparen hilft: Die Kosten eines Lehrlings sind für die öffentliche Hand mit 7.700 Euro pro Jahr nachweislich niedriger als für BMS- bzw. BHS-Schüler:innen (12.000 Euro) oder Jugendliche in der Überbetrieblichen Ausbildung (23.000 Euro).

Weniger Bürokratie = günstigstes Konjunktur-Paket

Das günstigste und effizienteste Konjunktur-Paket ist der Abbau von Bürokratie“, erklärte Spartengeschäftsführer Reinhard Kainz. Ein Zurückfahren des bürokratischen Mehraufwandes um nur 10 % würde die Betriebe im Gewerbe und Handwerk um 430 Mio. Euro pro Jahr entlasten und 4.200 Vollzeitbeschäftige für produktive Tätigkeiten freispielen. Auch auf europäischer Ebene hätten die Berichte von Enrico Letta und Mario Draghi das Problem der Überregulierung klar adressiert, so Kainz: „Wir mahnen nun bei der EU-Kommission konkrete Maßnahmen zum Bürokratie-Abbau ein.“ Das wird auch Thema bei einer Europäischen Handwerkskonferenz im März in München sein. Die KMU Forschung Austria veröffentlichte im Vorjahr eine Studie, die aufschlüsselt, wie stark die zeitlichen und finanziellen Belastungen durch bürokratische Pflichten im österreichischen Gewerbe und Handwerk sind. Die Zahlen sind alarmierend und ernüchternd gleichzeitig: Hier geht es zur Studie.
Abschließend zeigt sich Renate Scheichelbauer-Schuster hoffnungsvoll und ist überzeugt: „Wenn für unsere Betriebe die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen passen, findet Österreich rasch wieder zurück zu Wohlstand, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.“ 

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