Austrian Standards Institute : Neue Grundlage für bauphysikalische Berechnungen

ÖNORM B 8110-7 erleichtert den Energieausweis für bestehende Bauten
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Die thermische Optimierung von Gebäuden wird immer wichtiger. In Österreich benötigen neu zu errichtende Gebäude seit 2008 verpflichtend eine energetische Bewertung durch den Energieausweis. Seit 2009 ist dieser auch für Bestandsobjekte bei Sanierung, Zu- und Umbauten sowie bei Verkauf, Verpachtung oder Vermietung vorgeschrieben. Der Mitte März 2013 erscheinende Teil 7 der ÖNORM B 8110 „Wärmeschutz im Hochbau“ ist ein zuverlässiger Ratgeber bei der Ermittlung der notwendigen wärmeschutztechnischen Bemessungswerte für Bauprodukte.

In ihrer 2010 formulierten Richtlinie zur „Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“ gibt die Europäische Union den Mitgliedsstaaten nationale Pläne zur Senkung der CO2-Emissionen und des Energieverbrauchs von Gebäuden vor. Dadurch sollen bereits 2020 alle Gebäude den Status von Niedrigenergiehäusern erreichen. Dieses ambitionierte Ziel lässt sich neben dem Einsatz hocheffizienter Haustechniksysteme vorwiegend durch eine verbesserte Qualität der Gebäudehülle erreichen. Wichtig bei einer solchen energetischen Optimierung ist der Einsatz von Bauprodukten mit entsprechenden Bemessungswerten. In der Vergangenheit war die Ermittlung dieser wesentlichen Parameter mit großem Aufwand verbunden und setzte große Erfahrung voraus. Das erste Grundlagenwerk dazu ist über 30 Jahre alt. Ergänzung für Normenreihe zum Wärmeschutz im Hochbau Schon 1979 veröffentlichte das österreichische Bundesministerium für Bauten und Technik einen Katalog für Wärmeschutzrechenwerte, der als Grundlage für erfolgreiche Maßnahmen bei der energetischen Gebäudeoptimierung diente. 2001 publizierte Austrian Standards unter dem Titel „Katalog für wärmeschutztechnische Rechenwerte von Baustoffen und Bauteilen“ eine Neuauflage mit der Bezeichnung ON-V 31. In den vergangenen zehn Jahren hat das Thema weiter an Bedeutung gewonnen, Produktinnovationen kamen auf den Markt und neue gesetzliche Regelungen, wie der Energieausweis, verlangten nach höherer Zuverlässigkeit bei Planung und Ausführung.

Mit der eben erschienenen ÖNORM B 8110; Teil 7: Tabellierte wärmeschutztechnische Bemessungswerte steht nun ein Regelwerk zur Ermittlung aktueller Kennwerte für Neubau und Sanierung zur Verfügung. Teil 7 ist als Nachfolgedokument für den Abschnitt 1 des Katalogs ON-V 31 zu verstehen und komplettiert die Normenreihe B 8110 zum Wärmeschutz im Hochbau. Neben der Wärmeleitfähigkeit enthält die neue ÖNORM Angaben zur Dichte, zur spezifischen Wärmekapazität und zum Wasserdampf-Diffusionskoeffizienten.

Gesicherte, nachweisfreie Default-Werte

Die Norm hat einen umfangreichen Tabellenteil mit nachweisfreien und produktneutralen generischen Default-Werten. Diese stehen für unterschiedlichste Bauprodukte – von Wandbildnern bis zu Bodenmaterialien – gesichert zur Verfügung. Für Dipl.-Ing. Dr. Christian Pöhn, Vorsitzender des zuständigen Komitee bei Austrian Standards, eine große Arbeitserleichterung – besonders bei bestehenden Gebäuden:

„Die Normen zur Ermittlung von Energiekennzahlen beinhalten in Österreich grundsätzlich eine Fülle von Default-Werten, um für den Fall, dass Bauprodukt oder Gebäudetechnik nicht exakt bekannt sind, trotzdem Energiekennzahlen ermitteln zu können. Für die Wärmeleitfähigkeit von Baustoffen wurde zu diesem Zweck die neue ÖNORM B 8110-7 geschaffen. Sie beinhaltet sowohl Default-Werte, die ohne weiteren Nachweis verwendet werden können, wie auch Bestwerte, die einerseits einen Hinweis geben, wie gut allenfalls ein Baustoff sein kann, die aber andererseits auch eines zusätzlichen Nachweises bedürfen. Ein regelmäßiges Update dieser Norm ist geplant“, so der Experte, der das Bauphysiklabor der Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle der Stadt Wien (Magistratsabteilung 39) leitet. Sicherheit bei Planung und Ausführung Nach aktueller Gesetzeslage ist die Vorlage eines Energieausweises bereits in der Baubewilligungsphase erforderlich. Dadurch ist aber naturgemäß nicht immer klar, welches Produkt schlussendlich eingesetzt wird. Da Bauherren eventuell aus budgetären Überlegungen Produkte schlechterer Qualität verwenden könnten, und sich dadurch der Gesamtenergiewert der Gebäudehülle verändern würde, lassen sich valide Aussagen über die tatsächlichen Werte erst nach Abschluss der Bauphase treffen. Mit Abschluss der Bauarbeiten – beglaubigt durch die Fertigstellungsanzeige des Bauführers – ist klarzustellen, dass die planliche Umsetzung der bauphysikalischen Maßnahmen tatsächlich den eingereichten entsprechen und der zu Beginn vorgelegte Energieausweis Gültigkeit hat. Oder, dass andernfalls die Erstellung eines neuen Energieausweises notwendig ist. Energieausweis für Bestandsgebäude Mit der Vielzahl an gesicherten Default-Werten für die Wärmeleitfähigkeit von Baustoffen macht die neue ÖNORM B 8110-7 die Erstellung des Energieausweises auch für alte, bereits bestehende Gebäude möglich. Da der Energieausweis für Bestandsgebäude – etwa bei einer Sanierung – immer mehr an Bedeutung gewinnt, beinhaltet das neue Regelwerk auch historische Werte für Produkte, die nicht mehr am Markt verfügbar sind. Diese sind als historische Kennwerte gekennzeichnet und erleichtern die Bestandsberechnungen wesentlich. Der Einsatz zuverlässiger und nachweisfreier Werte erhöht also die Planungs- und Rechtssicherheit und steigert die Akzeptanz energetischer Berechnungen bei allen Beteiligten. Somit bewegen sich die Nutzer der Norm – seien es Energieausweisersteller, Bauphysiker oder prüfende Behörden – immer auf der sicheren Seite. Kooperation mit Baustoffdatenbank Baubook Um die Leistungswerte der neuen Norm anwenderfreundlich zugänglich zu machen, werden die empfohlenen Wärmeschutzrechenwerte tagesaktuell und kostenfrei online unter www.baubook.at zur Verfügung gestellt. Auf Basis einer Vereinbarung von Austrian Standards mit der Baustoffdatenbank Baubook stehen die Kennwerte in einer frei zugänglichen Datenbank allen Energieausweiserstellern, Baumeistern, Architekten und Planern kostenfrei zur Verfügung und können über standardisierte Schnittstellen in Programme für bauphysikalische Berechnungen importiert werden. Damit ist eine möglichst große Verbreitung dieser für die Vergleichbarkeit und Qualität von bauphysikalischen Berechnungen entscheidenden Norm gewährleistet.