Echter Ökostrom : Greenwashing: Was ist echter Ökostrom?

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Wind, Sonne und Wasser erzeugen in Österreich jede Menge erneuerbare Energie, sogenannten Ökostrom. Rund 72 Prozent der in Österreich erzeugten elektrischen Energie stammen aus erneuerbaren Energiequellen. Den Großteil davon, nämlich 56 Prozent, macht die Wasserkraft aus, gefolgt von thermischer Energie mit 28 Prozent. Wind- und Solarkraft liefern 16 Prozent der erneuerbaren Energie. Viele Lieferanten schmücken sich damit Ökostrom zu liefern, doch häufig handelt es sich dabei gar nicht um echten Ökostrom.

Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom

Darüber, ob es sich um echten Ökostrom handelt oder nicht, gibt der Herkunftsnachweis der erzeugten Energie Auskunft. In Österreich sind Lieferanten seit 2001 dazu verpflichtet in der Stromrechnung detailliert über die Primärenergieanteile der Stromerzeugung zu informieren. Graustrom, also Strom aus unbekannter Herkunft, darf seit 1. Jänner 2015 nicht mehr geliefert werden.

Einige Konzerne wie Vattenfall und RWE, die hauptsächlich Energie aus fossilen Quellen produzieren, gründen grüne Tochterunternehmen, die Ökostrom anbieten. Diese Unternehmen betreiben zwar wirklich einige Öko-Kraftwerke, jedoch kommt der Großteil der Energie trotzdem aus Kohle- oder Atomkraftwerken. Dem Klima bringen diese Ökostrom-Unternehmen deshalb wenig.

Für die Konzerne lohnt sich das Angebot von Ökostrom jedoch, da die Nachfrage nach grünem Strom deutlich gestiegen ist. Laut dem deutschen Energieanbieter E.ON entscheidet sich jeder Kunde im Alter zwischen 18 und 30 Jahren für einen Ökostrom-Tarif – Tendenz steigend. Einen raschen Kundenanstieg konnte auch Greenpeace Energy verzeichnen. Vor allem nach dem Eklat um RWE und den Hambacher Forst stieg die Nachfrage bei Greenpeace Energy.

Gefälschter Ökostrom

Für den europäischen Strommarkt wurde grundsätzlich ein einheitlicher Rechtsrahmen für den Herkunftsnachweis von Energie geschaffen. Der europäische Rechtsrahmen soll dafür sorgen, dass die Herkunft der elektrischen Energie transparenter wird. Tatsächlich erlaubt die Stromkennzeichnung aber, dass die Herkunftsnachweise für elektrische Energie unabhängig von der physikalischen Lieferung dieser Energie grundsätzlich EU-weit gehandelt und den Kunden vorgelegt werden können.

„Allerdings wurde der Rechtsrahmen aufgrund unterschiedlicher nationalstaatlicher Interessen nicht einheitlich umgesetzt“, schreibt Alexander Hofer vom FH Technikum in seiner Studie zum Stromnachweis. „In Österreich werden Herkunftsnachweise für elektrische Energie auf Basis jedes Energieträgers ausgestellt und zur durchgängig zugeordneten Stromkennzeichnung verwendet. Im Gegensatz dazu werden in Deutschland Herkunftsnachweise nur für elektrische Energie auf Basis erneuerbarer Energieträger ausgestellt und die Lieferanten können ebenso Strom unbekannter Herkunft ausweisen.“ Auch in Norwegen wird lockerer mit der Stromkennzeichnungspflicht umgegangen. Dadurch wird der Handel mit Herkunftsnachweisen möglich, wodurch Energielieferanten Herkunftsnachweise kaufen und ihren Strom dadurch als Ökostrom deklarieren können. Laut Hofer sollen nur zwischen vier und 15 Prozent der im Tarifkalkulator ausgewiesenen Ökostrom-Anbieter auch wirklich Lieferanten von echtem Ökostrom sein.

Von 147 Anbietern am österreichischen Strommarkt bieten zumindest 125 Firmen einen Ökostromtarif an. Davon belegen laut Studie nur 67 Anbieter ihren Energie-Mix mit österreichischen Herkunftsnachweisen. Von diesen geben wiederum zwölf Anbieter an, dass die physikalische Stromlieferung zu 100 Prozent mit den eingesetzten Herkunftsnachweisen gekoppelt ist, was sie in diesem Sinne zu echten Ökostromanbietern macht.

Neue Lösungen müssen her

Die Studie wurde vom steirischen Energieanbieter Mein Alpenstrom in Auftrag gegeben. Die elektrische Energie von Mein Alpenstrom stammt zu 100 Prozent aus Wasserkraft und ist damit echter Ökostrom. Das Unternehmen setzt sich für den verpflichtenden gemeinsamen Handel des Herkunftsnachweises und der physikalischen Energieeinheit ein. „Der ordentliche Herkunftsnachweis muss für alle Länder verpflichtend werden und darf nicht länger vom Strom getrennt werden“, so Mein Alpenstrom-Geschäftsführer Philipp Rehulka. Durch den einfachen und billigen Zukauf von ausländischen, grünen Herkunftsnachweisen kann Energie aus fossilen und atomaren Quellen als Ökostrom gekennzeichnet und an den Kunden verkauft werden. Das mache den Markt unübersichtlich und mindere den Wert von echtem Ökostrom sehr, da für den Endkonsumenten nahezu alle Anbieter grün zu sein scheinen, klagt Rehulka.

Die zweitbeste Möglichkeit wäre laut Mein Alpenstrom, Stromanbieter dazu zu verpflichten, Zusatzinformationen zur Stromqualität an den Kunden zu kommunizieren. Dies machen derzeit auf freiwilliger Basis nur jene Anbieter, die diese Anforderungen sowieso erfüllen. Eine rechtliche Verpflichtung, diesen Hinweis anzubringen, sei daher für alle Stromanbieter notwendig.

Hütchenspiel für Ökostrom-Achtsamkeit

Mein AlpenStrom veranstaltete im Jänner 2019 eine Hütchenspieler-Tournee durch Österreich, um potentielle Kunden auf den Schwindel mit grüngewaschenem Ökostrom aufmerksam zu machen. Das Hütchenspiel ist einer der ältesten Tricks, um Passanten abzuzocken, und doch fallen viele Leute immer wieder darauf rein. Deshalb nutzte Mein Alpenstrom diesen Trick, um Passanten anzulocken und sie ganz bewusst auszutricksen. Im Nachhinein wurden die Teilnehmer nicht nur über die Hütchen-Trickserei, sondern auch über den Schwindel mit Herkunftsnachweisen aufgeklärt. Die Passanten reagierten sowohl geschockt, als auch amüsiert auf die Aktion des steirischen Energieunternehmens.

Bis bessere rechtliche Voraussetzungen für einen transparenten Strommarkt geschaffen werden, liegt es weiterhin an Stromanbietern und Konsumenten, sich aktiv zu informieren und kritisch zu hinterfragen, welche Stromqualität tatsächlich geliefert wird und im Haushalt ankommt. Gleichzeitig muss der Ausbau der erneuerbaren Energie vorangetrieben werden, denn je höher der Anteil an Ökostrom im Stromnetz ist, desto weniger fossile Energieträger werden benötigt.