Energieeffizienz : Faktencheck Energiewende soll Diskussion um Wärmewende anheizen

Fünf bis sechs Millimeter groß. Brauner Rumpf. Beine rötlich-weiß. Name: Hyalomma marginatum; wird in Medien seit einigen Tagen aber gerne als „gefährliche neue Zeckenart“ geführt, die schwere Krankheiten übertragen kann. Zuletzt gesehen: rund um Melk. Üblicherweise kommt die Hyalomma marginatum aber in Afrika vor; der Umstand, dass sie nun an der Donau gefunden wurde und das noch dazu im Winter, beunruhigt nicht nur Mediziner. Dem Klimaforscher Georg Günsberg dient der Zeckenfund als Indiz für etwas, das längst bewiesen und dennoch von vielen negiert wird: dass es den Klimawandel gibt.

Falsche Konzentration auf Strom

Dabei geht es Günsberg eigentlich gar nicht um Zecken. Er hat den neuesten Faktencheck Energiewende des österreichischen Klima – und Energiefonds recherchiert, der sich in diesem Jahr besonders mit der Relevanz des Wärmesektors für das Gelingen einer Energiewende und dem Erreichen der Klimaziele beschäftigt. Die öffentliche Diskussion nämlich, so beklagt Günsberg, drehe sich vor allem um den Stromsektor. Viel wird darüber berichtet, dass es Österreich bei den Erneuerbaren Energien weit gebracht hat: wenig darüber aber, dass der Stromsektor der einzige ist, in dem die Erneuerbaren signifikant eingesetzt werden. Während der Stromverbrauch nämlich zu 73 Prozent aus erneuerbaren Quellen gedeckt wird, sind es beim Verkehr knapp acht Prozent und bei der Wärme gerade einmal 43 Prozent. Günsbergs Schlussfolgerung bei der Präsentation seiner Studie: „Im Wärmebereich können wir etwas tun.“ Was passiert, wenn nichts passiert, hat Günsberg in der Vorwoche selbst erlebt: da war er bei der Weltklimakonferenz COP24 in Katowice und inhalierte, was eine nicht vollzogene Wärmewende bedeuten kann: nach verfeuerter Kohle riechende Luft.

„Der Wärmebereich hat sehr viel Potenzial“, glaubt Günsberg. Raumwärme und Warmwasser sind für rund ein Fünftel der heimischen CO2-Emissionen verantwortlich – vor allem, weil Österreichs Haushalte etwa zu 16 Prozent mit Öl geheizt werden. Noch immer sind rund 600.000 Ölheizungen in Österreich installiert.

Zu langsame Sanierung

Damit der CO2-Beitrag aus dem Wärmebereich sinkt, müsste zuerst einmal die thermische Sanierung von Gebäuden vorangetrieben werden, fordert Günsberg bei der Präsentation des Faktenchecks. „Die Sanierungsquote ist nicht auf einem Niveau, das nötig wäre“, so Günsberg. Würde weiter im derzeitigen Tempo saniert, wäre bis zum Jahr 2050 erst die Hälfte der Gebäude für die Klimaziele entsprechend gedämmt und umgerüstet. Dabei könnte der Gesamtenergieeinsatz durch thermische Sanierung und entsprechend effiziente Heizungsanlagen auf Basis Erneuerbarer Energien um die Hälfte reduziert werden. Das hätte auch wirtschaftlich Effekte: „Durch die Wärmewende könnten wir in Österreich jährlich bis zu drei Milliarden Euro einsparen“, sagt Peter Püspök, Präsident Erneuerbare Energie Österreich. Gleichzeitig, so rechnet jedenfalls der Klima – und Energiefonds vor, könnten Sanierungsprogramme und Heizsystem-Umstellungen in den betroffenen Branchen einen Beschäftigungszuwachs von jetzt 27.000 auf rund 40.000 Jobs ab dem Jahr 2030 bringen. Die Umstellung auf Erneuerbare im Wärmesektor sei, so Günsberg, auch deshalb dringend nötig, weil die Preisvolatilität für importierte fossile Energie wie etwa Öl wohl zunehmen werde.

Noch einmal zurück zu den Zecken: Ob sich wirklich ein Bestand der Hyalomma marginatum in Österreich festsetzen wird können, steht indes noch nicht fest. Das wird sich erst im Frühjahr weisen. Nach der Heizperiode also.