Weltklimakonferenz 2017 : Das 100 Milliarden Dollar-Spektakel

Wenn sich in den kommenden zwei Wochen 25.000 Delegierte aus 197 Staaten in einer eigens errichteten Konferenzstadt in Bonn treffen, wird es nicht nur um große Politik, um völkerrechtliche Verträge, um bindende Vereinbarungen, um raffinierte Diplomatie und schon gar nicht um Donald Trump gehen. Denn so ein Klimagipfel ist auch ein Gravitationsfeld für Nichtregierungs-Organisationen und Unternehmen. An der Peripherie des eigentlichen Gipfels werden NGOs ihre Forderungen formulieren und die Staatenlenker zu mehr Entschlossenheit auffordern. Unternehmen werden sich in einer Zone der Klimagipfel-Stadt präsentieren und in eigenen Konferenzen ausloten, wie der Kampf gegen den Klimawandel zu einem Geschäft werden kann.

"Klimaschutz und Energieeffizienz sind zwei Seiten einer Medaille", formuliert es etwa Stefan Brandl, Chef von EBM Papst. "Unternehmen, die sich hier verweigern, werden langfristig nicht mehr wettbewerbsfähig sein", so Brandl.

Für das Unternehmen ist die kontinuierliche Verringerung des Stromverbrauchs seiner Produkte das zentrale Entwicklungsziel. Das Unternehmen ist Schrittmacher bei Entwicklung und Vertrieb von hocheffizienten EC-Ventilatoren, die mittels Steuerelektronik eine Energieeinsparung von bis zu 70 Prozent ermöglichen. Ehrgeizige Klimaziele lassen sich nur dann erreichen, wenn die Industrie Investitionen in effiziente Technologien verstärkt.

Stefan Brandl dazu: „Klimaschutz made in Europe muss zum globalen Gütesiegel einer europäischen Klimaschutzpolitik werden. Wir unterstützen daher die Pläne der EU, die Ökodesign-Richtlinie im Jahr 2020 zu verschärfen.“

Gerade die HLK-Branche, das zeigt EBM-Papst ebenso wie viele andere Unternehmen, wird daran teilhaben, wenn die in Paris im Jahr 2015 beschlossenen Klimaziele erreicht werden sollen: die durchschnittliche Temperatur des Planeten, so die Zielvereinbarung, soll bis zum Jahr 2050 gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr als zwei Grad steigen.

Einer der Sponsoren einer im Umfeld des Klimagipfels stattfindenden Konferenz wird das Energiemanagement-Unternehmen Eaton sein. So prominent bei dem Weltereignis aufzutreten, kostet viel, bringt aber möglicherweise noch mehr, um die eigene Unternehmensmission mit den Klimazielen zu verknüpfen. Frank Campbell, Europa-Chef von Eaton, hält es für eine der wichtigsten Ziele des Unternehmens, erneuerbare Energien verstärkt in den Energiemix zu integrieren. Diese erneuerbaren Energien, da ist sich Cambell sicher, würden bald "weltweit dominieren". Dies gelte besonders für die Wärme-Versorgung von Gebäuden.

Auch Schneider Electric wird am Bonner Klimagipfel präsent sein. Das Unternehmen wird dabei die Energiearmut thematisieren. Denn laut einer Schätzung des europäischen Parlaments sind in Europa zwischen 50 und 125 Millionen Menschen von Energiearmut betroffen. Für sie sind Elektrizität und Wärme nicht mehr bezahlbar. In Österreich waren nach einer Untersuchung der Statistik Austria im Auftrag der E-Control in 2014 mehr als drei Prozent der Haushalte - das sind mehr als 117.000 - energiearm. In Deutschland ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen, das umfasst auch Strom und Wärme. In anderen Ländern ist es nicht nur die finanzielle Situation, die den Zugang zu Energie verhindert. Oft gibt es schlicht und einfach keinen Strom.

Eine Initiative von Schneider Electric unterstützt daher den weltweiten, dezentralen und Ressourcen schonenden Zugang zu Energie. So bietet die digitale Transformation die einmalige Möglichkeit, die Ökonomie unter den Vorzeichen der Nachhaltigkeit neu auszurichten.

Selbst im weit entfernten Graz wird der Klimagipfel in Bonn eine Rolle spielen. Der steirische Green Tech Cluster veranstaltet am 16. November einen Workshop über die neuen Geschäftschancen und Wachstumsmärkte durch internationale Klimaziele. "Wir erwarten uns konkrete Formulierungen der Umsetzungsrichtlinien des Pariser Abkommens als Anstoß für neue Geschäftschancen für österreichische Unternehmen, wenn energie- und klimarelevante Investitionen aus unterschiedlichen Quellen erhöht werden", so Cluster-Chefin Maria Orter. Auch eine Live-Schaltung zur österreichischen Delegation in Bonn wird es dann geben.

Was die Branche von den Bonner Verhandlungen erwarten kann, ist noch schwer abzuschätzen, so Monika Auer, Generalsekretärin der "Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik". Aber: "Klar ist, dass Klima und Kälte in Zukunft in Europa jedenfalls an Bedeutung gewinnen werden. In jedem Szenario müssen Energieerzeugung durch Erneuerbare und Bedarf gut aufeinander abgestimmt sein – wie etwa die zeitliche Flexibilisierung von Heizen und Kühlen, um Überkapazitäten in der Stromerzeugung abzupuffern. Hier schlummern für die Branche sicherlich noch Herausforderungen."

Die Klimawende, die in Bonn und im kommenden Jahr bei der Weltklimakonferenz im polnischen Katowice erreicht werden soll, ist aber, da sind sich die Experten ziemlich einig, vor allem eine Wärmewende. Denn der Wärmebedarf in Gebäuden ist enorm. In Deutschland etwa entfällt mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs auf die Wärmeerzeugung - und die ist auch für 26 Prozent der Treibhausgasemmissionen verantwortlich. Diese Zahlen zeigen: Klimaziele werden vor allem über den Gebäudesektor erreicht - oder eben verfehlt. Die Erneuerung oder Verbesserung der Heizungstechnologien und der Warmwasseraufbereitung sind da die wichtigsten Hebel. Auch die Industrie könnte die Hand eher nach den Klimazielen ausstrecken, würde sie die Prozesswärmenutzung effizienter gestalten.

Ab dem Jahr 2020, so hält es auch das Pariser Klimaabkommen fest, sollen die Länder jährlich 100 Milliarden US-Dollar in einen Klimafonds einzahlen, aus dem Maßnahmen zur Emmissionsminderung, darunter eben auch die Verwendung energieeffizienter Gebäudetechnologien, finanziert werden sollen. Dieses Geld könnte sich die HLK-Industrie jedenfalls teilweise abholen.