Energiewende : TU-Stromexperte: Erneuerbaren-Ausbau könnte an den Bürgern scheitern

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Der TU-Stromexperte Professor Günther Brauner zieht allzu ehrgeizige Erneuerbaren-Ausbauannahmen in Zweifel. Eine Vervierfachung von Windstrom oder eine Versechzigfachung bei Photovoltaik bis 2050, um bis dahin vielleicht 90 Prozent der möglichen nutzbaren Dach- oder Fassadenflächen vollzupflastern, werde womöglich am Widerstands von Bürgern scheitern. Die regenerative Energietechnik brauche allgemeine Akzeptanz, der Bürger müsse einbezogen werden: "Die Politik kann nicht an den Bürgerinitiativen vorbei, sie hat da eigentlich keinen Einfluss", meinte Brauner.

Wind und Solar sollen ergänzend arbeiten

PV sollte "auf jedes Hausdach", samt einem kleinen Speicher, meinte Brauner. Die PV sollte auf den Bedarf der jeweiligen Häuser begrenzt werden, dann sei kein teures, weitgehend ungenutztes Netz nötig. Dezentral in Gebäuden könne man Lithium-Ionen-Speicher verwenden, erst in Jahrzehnten würden auch größere Wochenspeicher gegenüber den billigen Li-Ion-Speichern wirtschaftlich sein, glaubt Brauner. Wind und Solar würden einander gut ergänzen, Windstrom könnte - diese beiden Erzeugungsarten betrachtet - drei Viertel decken (im Winter fast 100 Prozent), Photovoltaik im Jahresschnitt ein Viertel (im Juni, Juli beinahe die Hälfte).

Bei Windkraft sollten die Bürger einen Ausbau auch nahe Siedlungen tolerieren und ebenso den Ausbau der Netze und von Speichern erlauben. Bei Windkraft plädiert der Experte für "Schwachwind-Anlagen", die hätten mehr Leistung, da könne am Netz eingespart werden. Gemäß dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht nur für Netze, Speicher und Backup-Versorgung, sondern auch für die Erzeugung sollte nicht mehr alles gefördert werden.

Strom speichern

Nötig seien Langzeit-Speicher, da im Sommer der meiste PV-Strom und im Winter der meiste Windstrom verfügbar seien. Pumpspeicher würden ab dem Jahr 2020 wirtschaftlich werden, sie könnten bis zu 3.000 Volllaststunden im Jahr liefern und hätten eine Nutzungsdauer von 50 Jahren. Pumpspeicher sollten von Netzkosten entlastet werden, weil sie systemdienlich seien und sonst nicht gegen Gaskraftwerke ankämen.

E-Autos seien eigentlich so effizient wie eine U-Bahn, nur dass sie keine Röhren bräuchten. Sie seien also ein ideales Verkehrsmittel. E-Auto-Batterien würden beinahe "ewig" halten. Sie könnte bis zu 5.000 mal voll geladen und entladen werden, faktisch gehe es immer nur um Teilentladungen, die Zahl sei also deutlich höher. Elektroautos seien klassische Energiesparautos: Pro 100 Kilometer Stadtverkehr würden sie umgerechnet nur einen Liter Sprit benötigen, für 100 Kilometer Landstraße - wegen der höheren Geschwindigkeit - umgerechnet auch nur drei Liter. Ein Vorteil bei E-Autos sei auch, dass Energie teils zurückgewonnen werden könne, etwa beim Bremsen. Die E-Mobilität werde den Endenergiebedarf auf 30 Prozent senken, meint Brauner. Dagegen koste die Mobilität mit Verbrennungsmotoren soviel Endenergiebedarf, wie sie dem Potenzial von Windkraft, PV und Wasserkraft zusammen entspreche.

Strom habe 2016 in Österreich nur 21 Prozent der gesamten Endenergie ausgemacht - das werde sich aber dramatisch ändern durch die E-Mobilität und die Wärmepumpen. Die Wasserstoff-Wirtschaft hält Brauner aufgrund der Potenziale, nämlich der momentan begrenzten Wirkungsgrade, für "eigentlich problematisch".

Brauner rechnet mit spürbaren Stromverteuerungen bis zum Jahr 2050 - im Minimum mit einer Verdopplung. Davon würden die meisten Kunden aber nichts spüren, da sich ihr Stromverbrauch um 60 Prozent reduzieren werde. Nur bei den ineffizienten Abnehmern werde sich das kostenmäßig niederschlagen.

Von den neuen Erneuerbaren-Anlagen, die übernächstes Jahrzehnt zusätzlich rund 30 Terawattstunden Strom erzeugen sollen, haben die Mitgliedsunternehmen des Branchenverbandes Oesterreichs Energie bisher ein Drittel dieses Erzeugungsvolumens in der weiter wachsenden Projektpipeline, vom Rest könnte ein Gutteil von Privaten außerhalb des Verbandes kommen, bis hin zu industrieeigenen Anlagen. (APA/Red)