Crowd Oil : Der Kraftstoff aus der Klimaanlage

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Während es mittlerweile eine Vielzahl an Technologien für die erneuerbare Energieerzeugung gibt, ist die Erzeugung von synthetischen Energieträgern immer noch eine aufwändige und kostspielige Angelegenheit. Das Karlsruher Institut für Technologie will dafür nun aber eine Lösung gefunden haben.

Ein Forscherteam rund um Roland Dittmeyer vom Institut für Mikorverfahrenstechnik am KIT und Geoffrey Ozin von der University of Toronto UoT in Kanada schlägt nun vor, die Herstellung synthetischer Energieträger zukünftig dezentral zu organisieren – und mit bestehenden Klima- und Lüftungsanalgen in Gebäuden zu koppeln. Die notwendigen Technologien seien dafür im Wesentlichen vorhanden und durch die thermische und stoffliche Integration der einzelnen Prozessstufen ließe sich eine hohe Kohlenstoffausnutzung und eine hohe Energieeffizienz erreichen, so Dittmeyer: „Wir wollen die Synergien zwischen der Lüftungs- und Klimatechnik auf der einen und der Energie- und Wärmetechnik auf der anderen Seite nutzen, um Kosten und Energieverluste bei der Synthese zu senken. Darüber hinaus könnten durch ‚crowd oil‘ viele neue Akteure für die Energiewende mobilisiert werden. Wie gut das funktionieren kann, haben wir bei den privaten Photovoltaikanlagen gesehen.“

Kein Kraftstoff ohne Photovoltaik

Für die Umwandlung des CO2 würden allerdings große Mengen an elektrischem Strom zur Herstellung von Wasserstoff beziehungsweise Synthesegas benötigt. Dieser Strom müsse CO2-frei sein, das heißt er darf nicht aus fossilen Quellen stammen. Ein forcierter Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung, unter anderem auch durch gebäudeintegrierte Photovoltaik, sei daher notwendig, so Dittmeyer.

In einer gemeinsamen Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Nature Communications zeigen die Wissenschaftler anhand quantitativer Betrachtungen am Beispiel von Bürogebäuden, Supermärkten und Energiesparhäusern das CO2-Einsparungspotenzial ihrer Vision von dezentralen, an Gebäudeinfrastruktur gekoppelten Konversionsanlagen. Sie schätzen, dass ein signifikanter Anteil der in Deutschland für Mobilität eingesetzten fossilen Energieträger durch „crowd oil“ ersetzt werden könnte. Nach den Berechnungen des Teams würde beispielsweise allein die Menge CO2, die potenziell in den Lüftungsanlagen der rund 25.000 Supermärkte der drei größten Lebensmittelhändler Deutschlands abgeschieden werden könnte, ausreichen, um etwa 30 Prozent des Kerosinbedarfs oder rund acht Prozent des Dieselbedarfs in Deutschland zu decken. Zudem wäre eine Verwendung der erzeugten Energieträger in der chemischen Industrie als universelle Synthesebausteine möglich.

Die Wissenschaftler rechnen mit einer Energieeffizienz von etwa 50 bis 60 Prozent. Darüber hinaus erwarten sie eine Kohlenstoffeffizienz – also den Anteil der aufgewendeten Kohlenstoffatome, die sich im produzierten Kraftstoff wiederfinden – von etwa 90 bis annähernd 100 Prozent. Um diese Simulationsergebnisse bestätigen zu können, bauen die Forscher derzeit am KIT den voll integrierten Prozess auf, mit einem geplanten CO2-Umsatz von 1,25 Kilogramm pro Stunde.