Bundeskammer der Ziviltechniker:innen : Mehr Nachhaltigkeit beim Ankurbeln der Bauwirtschaft

Der Wohnungsbau und die Bauwirtschaft in Österreich sollen angekurbelt werden, fordern einige Institutionen

Um Österreichs Bauwirtschaft anzukurbeln und den Rückgang beim Wohnbau zu stoppen, präsentier(t)en einige Institutionen ihre Forderungen und Vorschläge in Richtung Politik.

- © HLK/ E. Herrmann

Österreichs Bauwirtschaft ist mit einer Krise, vor allem durch einen starken Rückgang im Bereich des großvolumigen und privaten Wohnbaus, konfrontiert. Tausende Arbeitsplätze sind in Gefahr. 2019 wurde noch der Bau von 69.900 Wohneinheiten (Neubau) bewilligt. Diese Zahl sank seither kontinuierlich auf zuletzt noch 33.900 Baubewilligungen im Jahr 2023. Für 2024 wird ein weiterer Rückgang erwartet. Gründe für den Rückgang sind die inflationsgetriebene Preis- und Zinsentwicklung, ein darauf nicht vorbereitetes Wohnbauförderungssystem, zu strenge Kreditvergabe-Richtlinien für private Bauherren und Wohnungssuchende, gestiegene Baukosten sowie bürokratische Hemmnisse bei Grundstückswidmungen/ Bauverfahren.

Politik ist gefordert

Um die Politik zum Handeln zu bewegen, haben 18 führende Unternehmen und Institutionen der Bauwirtschaft und der Baustoffindustrie heuer die Initiative „Mehr Zuhaus‘ in Österreich“ gegründet und einen Forderungskatalog zum Ankurbeln des Wohnungsbaus ausgearbeitet.
Aber auch die Bundessparte Gewerbe und Handwerk WKÖ fordert von der Politik ein sofortiges Gegensteuern und Anreize, um die Konjunkturtalfahrt zu stoppen.
Jüngste Aufforderung an die Politik zum Handeln kam von Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und Bau-Gewerkschafter Josef Muchitsch. Die haben Anfang der Kalenderwoche 8 einen „Eigenheimbonus“ ins Spiel gebracht bzw. gefordert, um damit die Bauwirtschaft in Österreich anzukurbeln.

Zu kurz gedacht – mehr Nachhaltigkeit in den Fokus rücken

Planer:innen sind ein wichtiger Teil der Bauwirtschaft. Architekt:innen und Zivilingenieur:innen sehen aber eine Förderung des Einfamilienhauses als zu kurz gedacht. Wir müssen Verantwortung für die Zukunft tragen und daher Nachhaltigkeit in den Fokus der Bauwirtschaft stellen“, zeigt sich Architekt Daniel Fügenschuh, Präsident der Bundeskammer der Ziviltechniker:innen besorgt.
Das Gebot der Stunde sieht die Bundeskammer der Ziviltechniker:innen in folgenden Punkten:
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Ein Steigern der österreichweiten Sanierungsrate durch (noch) bessere, zielgerichtetere Sanierungs-Boni
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Nachnutzungskonzepte von bracher Gewerbefläche
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Verpflichtende Wettbewerbe für die öffentliche Hand und generell Qualitäts-Wettbewerbe, die leistbare Wohnräume schaffen
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Nachhaltige Baustellenkonzepte, die das Klima schonen
In die qualitätsvolle Innenentwicklung von Ortschaften zu investieren, würde beide Ziele verknüpfen: Die Bauwirtschaft anzukurbeln und leistbaren Wohnraum zu schaffen“, betont Präsident Fügenschuh.

Enorme Bodeninanspruchnahme

Die Bodeninanspruchnahme – sei es in Österreich, in Europa oder auch global betrachtet – wird zwar überall (zu Recht) hinterfragt; allerdings ist diese Erkenntnis noch nahezu ohne Taten. Der Artikel „Bodenlos macht zukunftslos“ in der Print-Ausgabe HLK 10-2020 widmete sich schon vor einiger Zeit diesem Thema ausführlich und zeigte eindringliche Beispiele, wo und wie sich die Bodeninanspruchnahme (negativ) auswirkt.
EU-Vorgaben sehen bis 2050 einen Netto-Null-Bodenverbrauch vor
. Hierzulande ist man davon noch immer weit entfernt, denn in Österreich werden rund 11,5 Hektar bzw. ca. 16 Fußballfelder pro Tag (!) beansprucht und über 40 % davon versiegelt, so die Zahlen des Umweltbundesamtes (Umweltkontrollbericht 2022).
Einfamilienhäuser, die vorrangig in der Peripherie auf die grüne Wiese gestellt werden und die Ortskerne zu Geisterstädten durch Zersiedelung mutieren lassen, weil man außerhalb des Orts-Zentrums lieber die übliche Einkaufstempel-Prärie frei Haus mitliefert, sind da leider kontraproduktiv“, zeigt sich Fügenschuh besorgt.
Die Infrastrukturkosten, die durch die Zersiedelung entstehen, seien volkswirtschaftlich gesehen nicht mehr leistbar. Dieses Geld fehle am Ende bei wichtigen Projekten, wie Bildungsbauten, Kinderbetreuung oder sozialem Wohnbau, so die Bundeskammer in ihrer Aussendung.