H2 für Österreich : Wasserstoffstrategie braucht Rahmenbedingungen, höheres Tempo gefordert

Green hydrogen energy. H2 gas molecules for production of green hydrogen energy. Renewable or sustainable electricity. Clean alternative ecological energy. 3D rendering.
© Bild: PhotoGranary - stock.adobe.com

In der EU-Kommission und auch in den meisten EU-Ländern gibt es bereits seit längerem Wasserstoffstrategien. Österreich - bis gestern ohne eine solche - ist nun endlich nachgezogen. Am 02. Juni wurde die langersehnte Wasserstoffstrategie für Österreich von Klimaministerin Leonore Gewessler und ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher vorgestellt. Bis 2030 sieht diese über eine halbe Milliarden Euro an Förderungen vor - basierend sowohl auf der Eigenerzeugung als auch auf dem Import. Überdies ist festgelegt, dass Wasserstoff in der Industrie, wo andere Energieträger nicht möglich sind, eingesetzt wird. In der Industrie ist H2 das Gas der Zukunft und kann vielseitig eingesetzt werden, um zahlreiche Prozesse und Abläufe künftig zu dekarbonisieren.
Was lang ersehnt wurde, findet Anklang, will nun aber rasch unter anderem mit einem Energie-Masterplan zur Umsetzung gelangen. Die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer äußern sich.

Industriellen Vereinigung

Die Industriellenvereinigung (IV) ist die freiwillige und unabhängige Interessenvertretung der österreichischen Industrie und der mit ihr verbundenen Sektoren. Als anerkannter Partner der Politik arbeitet sie an der positiven Weiterentwicklung Österreichs. Die IV vertritt die Anliegen ihrer aktuell mehr als 4.500 Mitglieder aus produzierendem Bereich, Kreditwirtschaft, Infrastruktur und industrienaher Dienstleistung in den Bundesländern, auf Bundesebene und in Europa.
Der Präsident der IV, Georg Knill, meint zur vorgebrachten Wasserstoffstrategie:

Mit der lang ersehnten Wasserstoffstrategie liegt nun ein Plan vor, um Österreichs Unternehmen eine erste Orientierung zu geben, wie der Zukunftsträger Wasserstoff in Österreich zielgerichtet eingesetzt werden kann.
Georg Knill

Wenn wir unsere Klimaziele erreichen möchten, müssten wir heute die Rahmenbedingungen für den Hochlauf von klimaneutralem Wasserstoff schaffen, die Wasserstoffstrategie sei hier ein erster Schritt und identifiziere richtigerweise die produzierende Industrie als prioritären Verbrauchssektor, wie Knill meint. Denn Wasserstoff werde in diesen Bereichen sowohl stofflich als auch energetisch unverzichtbar sein.

Wir werden dafür aber verschiedene Arten von Wasserstoff benötigen. Der mit „klimaneutralem“ Wasserstoff in der Strategie gewählte technologieoffene Ansatz, wird ausdrücklich begrüßt.
Georg Knill

An dieser Stelle jetzt wichtig: Es müssen die Handlungsfelder aus der Strategie konkretisiert und umgesetzt werden, insbesondere im Hinblick auf Importe bzw. internationale Kooperationen und die rasche Entwicklung einer europäischen Wasserstoffwirtschaft, inklusive der entsprechenden Infrastruktur.

„Die Industrie steht bereit, um mit Wasserstoff als Energieträger der Zukunft sowohl einen Schritt hin zu einer diverseren als auch klimaneutralen Energieversorgung und Produktion zu machen. Nun geht es in weiterer Folge darum, rasch in die Umsetzung der dafür notwendigen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zu kommen. Wie etwa der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren aber auch nicht zuletzt im Hinblick auf dringend notwendige entsprechende Unterstützungsinstrumente wie einem Industrie-Transformationsfonds. Andernfalls droht uns das Risiko den Anschluss zu verlieren, während andere (europäische) Länder ihren Vorsprung auf dem Gebiet zügig ausbauen“, fordert Knill abschließend.

WKÖ

Harald Mahrer, der Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ), bemerkt zur vorgebrachten Wasserstoffstrategie und dazu, dass Österreich im Hinblick auf andere EU-Länder nun endlich nachgezogen ist:

Das ist ein wichtiger, erster Schritt, denn Wasserstoff ist ein zentraler Baustein für die Dekarbonisierung, insbesondere in schwer zu dekarbonisierenden Bereichen wie der Industrie oder dem Schwerverkehr.
Harald Mahrer

In Bezug auf Österreichs "Nachreiterrolle" meint er auch, es ginge nun darum, die Verzögerungen aufzuholen und bei der Umsetzung Tempo zu machen. Vor allem brauche es den lang geforderten Energie-Masterplan. Wie Österreich zu ausreichend grünem Wasserstoff komme, sei darin ein „enorm wichtiger Baustein".

Schließlich gibt es noch einige Herausforderungen, die in der Strategie auch klar benannt werden: Für die Erreichung der Klimaneutralität brauchen wir 89 bis 138 TWh grüne Gase. „Das Klimaministerium zeigt in seiner Strategie auf, dass wir mehr gasförmige Energieträger brauchen als heute, aber in Form klimaneutraler Gase. Diese Mengen an Wasserstoff in Österreich zu erzeugen, ist jedoch unmöglich. Dafür müssten die gesamten heute in Österreich verfügbaren Strommengen nur für Wasserstoffproduktion eingesetzt werden“, sagt WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf. Und er ergänzt: „Auf Basis der Strategie muss jetzt ein genauer Plan für Wasserstoffimporte und internationale Kooperationen erarbeitet werden, der auch die entsprechenden Infrastrukturmaßnahmen beinhaltet. Ansonsten werden wir noch weiter ins Hintertreffen geraten.“

Ein Aspekt, welcher genannt sein will, ist der Aufbau auf bestehenden Projekten. WKÖ-Präsident Mahrer pointiert:

Wir haben hier mit H2-Mobility Austria ein gemeinsames Projekt namhafter Unternehmen, die gewillt sind, in Wasserstoff zu investieren.
Harald Mahrer

Ein Best Practice, das nun aber Planungssicherheit brauche, um die Zukunftstechnologie tatsächlich zur Marktreife zu führen, wie Mahrer meint.

Es brauche dazu auch Weichenstellungen wie die nach wie vor fehlende Investitionszuschussverordnung für Wasserstoff auf Basis des im Vorjahr beschlossenen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes. „Aber auch ein Grün-Gas-Gesetz brauchen wir dringend, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren“, fordern Mahrer und Kopf. Zusätzlich gelte es einen Transformationsfonds einzurichten, der hilft, mehr Wasserstoff in der Industrie einzusetzen, sowie die Klärung der Finanzierung. „Die Niederlande haben beispielsweise Wasserstoff-Unterstützungsvolumen in der Höhe von 5 Milliarden Euro bis 2030 zugesagt. Österreich muss sich an den Wasserstoff-Vorreitern Niederlande und Deutschland orientieren, damit wir nicht den Anschluss verlieren“, so die WKÖ-Spitze abschließend.