Interview zur Installation einer Großwärmepumpen-Anlage : 55 MWth ist keine alltägliche Aufgabe

Großwärmepumpe in der ebs Kläranlage in Wien Simmering

Blick auf einen Teil der Großwärmepumpen-Anlage, die dem gereinigten Abwasser der Kläranlage in Wien die Restwärme entzieht und diese zu Fernwärme veredelt

- © HLK/ E. Herrmann

In der HLK-Print-Ausgabe I-2024 (S. 24 + 25) und auch online konnte man über die erste Ausbaustufe der Großwärmepumpen-Anlage in Wien-Simmering lesen, die Ende 2023 von der Wien Energie feierlich „eröffnet“ wurde. Die aus drei Großwärmepumpen von Johnson Controls bestehende Anlage nutzt die Restwärme des gereinigten Abwassers der ebswien Kläranlage und versorgt mit 55 MWth Leistung 56.000 Haushalte mit Fernwärme. HLK wollte wissen, wie die Installation dieser Wärmepumpen-Anlage ablief und befragte dazu einen jener Profis, der von Anfang an mit dabei war: Patrick Labi von Johnson Controls.

Welche Herausforderungen beim Wärmepumpen-Projekt bei der Kläranlage Wien gab es aus Johnson Controls-Sicht?

Patrick Labi: Die größten Herausforderungen, die das Team meistern durfte, war die technische Projektierung der Anlage, abgestimmt auf die Ausführungsstandards des Kunden. Von der Ausführungsseite her war sicherlich die Organisation des Transports mit 16 Sonder-LKW-Fahrten, sowie zahlreiche Standard-LKW-Fahrten von Frankreich nach Österreich.
Eine weitere, nicht alltägliche, Aufgabe war die Einbringung des Aufbaus und die Montage unter zur Hilfenahme von zwei 120 Tonnen Autokränen, um die bis zu 45 Tonnen schweren Komponenten zu verheben und zu positionieren. Spannend war auch das korrekte Ausrichten der Antriebseinheit zu den Apparaten sowie die passgenaue Montage mehrerer Tonnen schwerer Rohrteileile.
Die gesamte Projektumsetzung während der Covid-Pandemie mit einem durch einen Frachter blockierten Suez-Kanal, und den daraus folgenden Lieferschwierigkeiten, sowie dem Ukraine-Krieg mit der resultierenden Rekordinflation, stellten uns ebenfalls vor unvorhergesehene Erschwernissen, die wir zu meistern hatten.
Zudem gab es Spezial-Anforderungen des Kunden an die Ausführung der Anlage sowie an die Dokumentation.
Alles in allem war es tatsächlich eine spannende Erfahrung, die nicht alltäglich war.

Johnson Controls-Team bei der Anlageneröffnung (v. l.): Christoph Zitta, Marcus Kirchsteiger, Patrick Labi
Johnson Controls-Team bei der Anlageneröffnung (v. l.): Christoph Zitta/ Project Manager HVAC R Installation Austria (er war für das Projekt Management und die Ausführung zuständig), Marcus Kirchsteiger/ Vertriebsleiter HVACR, Patrick Labi/ Head of Sales Austria. - © HLK/ E. Herrmann

Wie viele Monteure waren im Schnitt (wie lange) für die Installation tätig?

Patrick Labi: Zu Beginn (Jänner 2023), für etwa 6 Wochen während der Einbringung und Montage, war ein Team von sechs Mann inkl. der beiden Autokräne mit Abladen und Verheben beschäftigt. Das zweite Team (3 Mann) hat parallel dazu die schweren Rohrteile mit den Hallenkränen verhoben und positioniert.
Ein drittes Team (3 Mann) hat die Rohrteile montiert und die Flanschverbindungen hergestellt.
Danach war ein sechsköpfiges Team über etwa fünf Monate mit der Anfertigung und Montage von Rohrleitungen beschäftigt.
Parallel hat ein weiteres Team (etwa 4 Mann) über etwa 10 Monate die Elektroinstallationen durchgeführt. Etwa acht Monate lang, war ein weiteres Team (2 Mann) mit der Anbringung der Isolationen beschäftigt.
Für ca. acht Monate hat das JCI-Team (4 Mann) die Installationsarbeiten an den Wärmepumpen fertiggestellt und die Inbetriebnahme der Anlagen vorbereitet sowie durchgeführt.

Grafik eine Großwärmepumpen von JCI
© JCI

Wo wurden die Großwärmepumpen gefertigt?

Patrick Labi: Man könnte sagen die Großwärmepumpe ist international, denn der 4-stufige Turbo-Kompressor wurde in einem JCI-Werk in den USA gefertigt. Der 7 MW Antriebsmotor kam von einer brasilianischen Firma. Das Getriebe kommt von einem Lieferanten aus den USA.
Die Wärmetauscher/ Apparate und der Stahlbau sowie die Steuerung haben ihre Herkunft aus Frankreich. Aus Deutschland wurden die Sanftanlaufgeräte für das Hochfahren der Elektroantriebe gefertigt. Zusätzliche elektrische Komponenten wurden in Österreich beschafft.

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