Aktuelle Studie unter Österreichs Bevölkerung : Rückenwind für Erneuerbare schwindet

Präsentierten die Studie zu erneuerbaren Energien, Gerhard Marterbauer, Michael Strebl, Studienautorin Nina Hampel (WU Wien).

Präsentierten die Studie „Erneuerbare Energien in Österreich 2024“ (v. l.): Gerhard Marterbauer (Partner bei Deloitte Österreich), Michael Strebl (Vorsitzender der Geschäftsführung der Wien Energie), Studienautorin Nina Hampel (WU Wien).

- © Wien Energie/ Deloitte/ Christian Hofer

Im Rahmen der Studienreihe „Erneuerbare Energien in Österreich“ finden seit 2015 jährlich repräsentative Befragungen der österreichischen Bevölkerung statt. WU Wien, Deloitte Österreich und Wien Energie erheben so jährlich die Stimmung und Einstellung der Österreicher (m/w/d) zu erneuerbaren Energien. Die diesjährige Studie unter rund 1.000 Befragten (im Okt./Nov. 2023), die am 25. Jänner 2024 präsentiert wurde, offenbart nun erste Ermüdungserscheinungen beim Thema erneuerbare Energien. Der Klimawandel wird von der österreichischen Bevölkerung zwar nach wie vor als zentrales Problem in den kommenden zwei Jahrzehnten gesehen, es zeichnet sich aber eine zunehmend kritische Haltung ab – vor allem gegenüber Energieprojekten in der Nähe des eigenen Wohnortes.
Wir sehen, dass die Zustimmungswerte für Windkraftprojekte im eigenen Umfeld auf unter zwei Drittel gesunken sind. Und auch die eigentlich sehr beliebte Photovoltaik erreicht mit 83 % den niedrigste Akzeptanzwert seit Beginn der Studienreihe – das ist ein besorgniserregendes Ergebnis“, betont Nina Hampl, Studienautorin an der WU Wien.

Mehr auf Anreize als auf Verbote setzen

Die getrübte Stimmung zeigt sich auch in einem Rückgang der Unterstützung für energie- und klimapolitische Maßnahmen: Während im Vorjahr noch 66 % der Österreicher (m/w/d) befürworteten, dass der Gesamtstromverbrauch bis 2030 aus 100 % erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden soll, sind es aktuell nur mehr 55 %.
Und lediglich ein Drittel der Befragten spricht sich für ein generelles Verbot von Gasheizungen ab 2040 beziehungsweise Ölheizungen ab 2035 aus.
Anm. d. Red.: Dass etwaige Verbote auch kontraproduktiv sein können, wenn man z. B. an „Gasheizungen“, die mit Wasserstoff bzw. Biogas betrieben werden könn(t)en oder an Brennstoffzellen (Wärme + Strom) denkt, sei an dieser Stelle angemerkt.
Die Österreicherinnen und Österreicher sind immer weniger dazu bereit, für die Energiewende persönliche Veränderungen hinzunehmen. Zwei Drittel sind dementsprechend der Meinung, dass mehr auf Anreize statt auf Verbote gesetzt werden sollte“, ergänzt Nina Hampl.
Nichtsdestotrotz liegt Energiesparen weiter im Trend. Fast die Hälfte (47 %) setzt in diesem Zusammenhang auf eine Verhaltensänderung – und der Großteil davon will diese auch in den kommenden 12 Monaten beibehalten. Grund dafür sind aber auch hier weniger Umweltaspekte, sondern vor allem Kostenfaktoren.

Stotternder E-Auto-Markt

Doch nicht nur die Energie-, sondern auch die Mobilitäts-Wende, die politisch fast ausschließlich auf E-Fahrzeuge fokussiert, verläuft hierzulande schleppend. So hat das Kaufinteresse an E-Autos nach jahrelanger Stagnation nun sogar abgenommen. Vor allem die zu geringe Reichweite und die hohen Anschaffungskosten sprechen laut den Befragten gegen ein Elektroauto. Insbesondere bei den unter 40-Jährigen ist das Interesse gesunken.
Die Etablierung des E-Autos geht nur schleppend voran, obwohl es mittlerweile schon ein breites Angebot gibt. Gerade für die jungen Generationen wirkt der Kostenfaktor noch zu abschreckend“, so Gerhard Marterbauer, Partner bei Deloitte Österreich.
Die Top-Gründe für die Anschaffung eines Elektroautos sind in erster Linie finanzieller Natur. Die geringen Betriebskosten und die öffentlichen Förderungen stehen laut Studie an oberster Stelle. Nachhaltigkeitsbezogene Argumente wie emissionsfreies Fahren, die Unabhängigkeit von fossilen Kraftstoffen und der Umweltschutz haben hingegen im Vergleich zum Vorjahr an Überzeugungskraft verloren. „Die Umfrage zeigt klar, dass sich öffentliche Förderungen positiv auf die Kaufentscheidung auswirken. Das ist ein zentraler Hebel, um den Ausbau nachhaltiger Mobilität in Österreich voranzutreiben – und sollte unbedingt beibehalten werden“, betont Gerhard Marterbauer.
Anm. d. Red.: Dass es seit einiger Zeit schon an vielen Tankstellen die Möglichkeit gibt, mit Diesel-Fahrzeugen zu 90 % CO2-neutral unterwegs zu sein (mit HVO 100), hat sich noch nicht herumgesprochen und wird seitens der Politik kaum angesprochen oder propagiert. Dieser erneuerbare Brenn-/Treibstoff wäre auch für Heizzwecke geeignet.

Bremsen Teuerungen die Wärmewende?

Auch beim Thema nachhaltige Wärmeversorgung tritt Österreich auf der Stelle. So hat sich der Anteil von fossilen Energieträgern wie Erdgas oder Heizöl im Vergleich zum Vorjahr im privaten Wohnbau nach Angabe der Befragten kaum verändert. Immerhin der Trend zur Installation einer Photovoltaik-Anlage setzt sich weiter fort: Über die Hälfte der Anlagen wurde innerhalb der vergangenen zwei Jahre installiert.
Die Wärmewende wird eine der zentralen Herausforderungen in naher Zukunft, doch laut Umfrage verlangsamen auch hier die aktuellen Teuerungen den wichtigen Fortschritt. Es wird sich zeigen, wie sich die bereits präsentierten Förderungen hier in den nächsten Monaten auswirken“, erklärt Michael Strebl, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wien Energie. „Erfreulich ist jedenfalls, dass die Bereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher, sich an Bürgerprojekten zur Nutzung erneuerbarer Energien zu beteiligen, weiter leicht zunimmt.“
Auch das Interesse an Energiegemeinschaften ist weiter hoch. Knapp die Hälfte der Befragten kann sich eine Beteiligung vorstellen. Jeder und jede Zehnte gibt sogar an, bereits an einer Energiegemeinschaft beteiligt zu sein. Der finanzielle Anreiz ist hier ebenfalls ausschlaggebend. „Wir sehen, dass die Themen Klimaschutz, Leistbarkeit und Versorgungssicherheit eng zusammenrücken. Der Kostenfaktor ist gerade im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld für die Bevölkerung entscheidend. Der Weg `raus aus Gas´ und damit in eine umweltfreundliche und auch preisstabilere Zukunft kann nur gelingen, wenn wir alle auf diesem Weg mit- und die Sorgen ernst nehmen“, so Strebl abschließend.