Verbund pocht auf Invest-Erleichterungen

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Der Verbund-Stromkonzern hat im ersten Halbjahr trotz Coronakrise und einer geringeren Wasserführung bei den Ergebnissen recht gut abgeschnitten und will sein Investitionsprogramm ungebremst fortführen. Dazu seien aber Unterstützungen nötig, etwa durch das überfällige Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) oder das Investitionsprämiengesetz, sagte Generaldirektor Wolfgang Anzengruber vor Journalisten.

Auch eine CO2-Bepreisung in Österreich für die nicht dem Zertifikatehandel unterworfenen Bereiche (Verkehr, Mobilität, Wärme), wie sie in Deutschland schon auf Schiene sei, könnte hilfreich sein, zudem sollte im Emissionshandel (ETS) der CO2-Mindestpreis sukzessive ansteigen. Der Verbund will zwei Milliarden Euro im Zeitraum 2019-2021 investieren, bei passenden Bedingungen "sind wir bereit, das zu erhöhen", sagte Anzengruber am Donnerstag im Halbjahrespressegespräch. Aktuell wird das Geld vor allem in Wasserkraftwerks-Ausbauten gesteckt, vornehmlich Effizienzsteigerungen. So baut der Verbund etwa in Bayern das seit 100 Jahren bestehende Innkraftwerk Jettenbach-Töging bis 2022 für rund 250 Mio. Euro von 85 auf 118 MW Leistung aus.

Nettoverschuldung sinkt

Anzengruber und auch Finanzvorstand Peter Kollmann betonten, der Verbund habe die Kraft, seine geplanten Investitionen durchzuführen. Kollmann sagte, durch verschiedene Maßnahmen in der Vergangenheit habe man ein "hervorragendes Immunsystem - wir brauchen keinen Impfstoff. Da haben wir sehr viele Reserven." Die Nettoverschuldung sei in den vergangenen fünf Jahren permanent weiter gesenkt worden, auch heuer, nämlich bis Juni von 2,6 auf 2,13 Mrd. Euro. Die reinen Finanzschulden würden dabei nur mehr eine Milliarde ausmachen, der geringste Wert der letzten 15 Jahre. Dass man auch für heuer optimistisch in die Zukunft blicke, zeige der etwas nach oben eingeengte Ergebnisausblick für 2020. Zum Marktpreis für Strom hoffen Anzengruber und Kollman, dass er so hoch bleibt wie derzeit oder noch etwas steigt.

Parallel werden die Netze ausgebaut - die 380-kV-Weinviertelleitung ist schon fast fertig, die 380-kV-Salzburg-Leitung soll bis 2022 komplettiert sein, die kurze 380-kV-Deutschlandleitung 2023. Auch trotz Coronakrise seien die Projekte in Bau, "mit einigen Nebengeräuschen", verwies Anzengruber auf die anhaltenden Proteste in einigen Salzburger Gemeinden. Die neuen bzw. verstärkten Leitungen hätte man eigentlich schon "vorgestern" gebraucht. Denn Redispatch - Eingriffe ins System, um die Balance in den Netzen aufrecht zu erhalten - sei heuer im ersten Halbjahr bereits an 128 Tagen erforderlich gewesen.

Für kalorische Kraftwerks-Reservekapazitäten, wie sie der Verbund mit Gas im steirischen Mellach vorhält, wünscht sich der Verbund-Chef möglichst bald Klarheit über eine Fortsetzung der im September 2021 auslaufenden Regelung. Gebe es die nicht rechtzeitig, werde es in Österreich wohl auch die Kapazitäten zur Aufrechterhaltung der Netzsicherheit nicht geben. Ein Vertrag für lediglich ein Jahr sei zu wenig, der Verbund plädiere für eine drei- bis fünfjährige Regelung, so Anzengruber.

Deutschland als Vorbild

In Deutschland würden sogar eigens Gaskraftwerke für das Engpassmanagement mit einer 10-jährigen Abschreibungsdauer gebaut. "So eine Regelung wie in Deutschland hätten wir in Österreich auch gern", sagte der Verbund-Chef. Denn sonst sei fraglich, ob überhaupt noch jemand in Reservekapazitätsanlagen investieren werde.

Für die Verhandlungen mit dem Öl- und Gaskonzern OMV über einen Erwerb von 51 Prozent der OMV-Tochter GasConnect geht Anzengruber "davon aus, dass wir in diesem Jahr ein Finale finden". Auch OMV-Chef Rainer Seele hatte diese Woche - am Mittwoch zum Halbjahresbericht - erklärt, er rechne noch für heuer mit dem Abschluss eines Deals. Der Verbund hatte Mitte Juni ein verbindliches Angebot für 51 Prozent der Anteile gelegt. Für den GasConnect-Zukauf könnte der Verbund auch Anleihen begeben, schloss Finanzvorstand Kollmann nicht aus: "Unser Zugang zum Kapitalmarkt ist intakt." (apa/red)