Klimaziele : Ohne diese zwölf Gebote kann die Energiewende nicht gelingen
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Wie kann die Energiewende gelingen? Von welchen vielleicht allzu bequemen Wahrheiten müssen wir uns verabschieden, soll sie denn dereinst gelingen? Und was bedeutet das für den Strommarkt? Die Berliner Forscher von Agora Energiewende haben dazu zwölf teils provokante Thesen formuliert.
1. Im Mittelpunkt stehen Wind und Solar.
Es wird zwei Sieger bei der erneuerbaren Energie geben: Wind und Solar. Sie sind wohl die kostengünstigsten Technologien. Geothermie oder Biomasse haben entweder nur begrenztes Ausbaupotenzial oder sind teurer. Gleichzeitig wirden Wind und Solar den Energiemarkt grundlegend erschüttern und verändern: sie sind beim Ausbau kapitalintensiv, beim Betrieb aber praktisch kostenlos.
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2. Grundlastkraftwerke gibt es nicht mehr.
Wind und Solar werden, so sind die Energieexperten jedenfalls überzeugt, die Grundversorgung sichern. Kohle oder Gas dagegen werden nur noch zeitweilig benötigt.
3. Flexibiltiät gibt es schon, sie lohnt sich derzeit nur nicht.
Wind und Solar erfordern künftig mehr Flexibiltiät im Stromsystem. Die kann durchaus hergestellt werden: indem etwa KWK - oder Biomasse einspringen, wenn der Bedarf es erfordert oder Erzeugungsspitzen von Wind und PV für Wärme genutzt werden. An der Technik mangelt es nicht, nur sind die Kosten für solche Maßnahmen noch zu hoch.
4. Netze sind billiger als Speicher.
Netze reduzieren Flexibilitätsbedarf: Schwankungen in Erzeugung und Nachfrage werden über große Distanzen ausgeglichen. Der Ausbau von Verteilnetzen ist günstiger als jener von Speichern - neue Speichertechnologien benötigt der Strommarkt nach Berechnungen von Agora erst ab einem Anteil der Erneuerbaren Energie von 70 Prozent.
5. Die Höchstlastsicherung ist kostengünstig.
Zuweilen können Wind und PV zur Sicherung der Höchstlast nicht beitragen, so viel ist klar. Also braucht es weiterhin steuerbare Kapazitäten. Allerdings fällt jedenfalls in Deutschland ein Viertel des gesamten Höchstlast-Bedarfs in weniger als 200 Stunden pro Jahr an. Gasturbinen könnten hier zur Sicherung beitragen.
6. Die Integration des Wärmesektors ist sinnvoll.
Notwendige Flexbilität kann im Wärmesektor gefunden werden, er ist in Deutschland jedenfalls doppelt so groß wie der Stromsektor und Wärme noch dazu naturgemäß recht gut speicherbar.
Lesen Sie die weiteren sechs Thesen auf der nächsten Seite.
7. Der Strommarkt handelt mit Kilowattstunden, garantiert aber keine Versorgungssicherheit.
Der Strompreis wird – stündlich – durch die Betriebskosten des teuersten laufenden Kraftwerks bestimmt; dieser Mechanismus stellt sicher, dass zuerst die Kraftwerke mit den niedrigsten Betriebskosten eingesetzt werden, dann die mit höheren. Aber nicht klar ist, ob damit genügend Anreize für Neu - und Bestandsanlagen geschaffen werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Verschärft wird das Problem auch durch Wind und PV: sie senken den Strompreis.
8. Am Grenzkostenmarkt ist keine Refinanzierung für Wind und PV möglich.
Wind und Solar haben praktisch keine Betriebskosten. Das ist gut, aber auch wieder nicht: sie produzieren nicht nach den Regeln der Strombörsen. Bei viel Wind oder Sonne ruinieren sich Wind und PV den eigenen Preis, weil sie viel produzieren und damit den Preis am Spotmarkt senken.
9. Ein neuer Energiewende-Markt ist notwendig.
Der künftige Energiewende-Markt sollte den Einsatz der Kapazitäten steuern, um eine effiziente Synchronisation von Angebot und Nachfrage zu erreichen und gleichzeitig Investitionssignale für Erneuerbare und konventionelle Anlagen, die Flexibilisierung der Nachfrage und Speicher zu senden, so die Agora-Energieforscher. Dadurch entsteht ein zweigeteilter Markt: einer für MWh, also Strommengen, einer für MW, also Investitionen in Kapazitäten.
10. Die Nachfrageseite wird aktiv eingebunden.
Die Flexibilisierung der Nachfrageseite ist ein entscheidender Baustein, um mehr Wind- und PV-Strom nutzen zu können. Die Verschiebung der Nachfragelast ist oft kostengünstiger als die Speicherung von Strom oder die Vorhaltung von Kraftwerksleistung. Allerdings laufen die bisherigen Regelungen bei Netzentgelten und Systemdienstleistungen, wie etwa Regelenergiemärkten, oft zuwider und sollten deshalb reformiert werden, fordert Agora.
11. Es braucht für die Energiewende eine europäische Betrachtung.
Die zunehmende Integration des deutschen in das europäische Stromsystem macht die Energiewende günstiger und einfacher, weil sich Fluktuationen von Wind und PV über die größere geographische Verteilung ausgleichen, gemeinsam Kapazitäten geplant und vorgehalten werden und günstige Optionen für die nötige Flexibilität gefunden werden können.
12. Eine gesparte KwH ist die günstigste.
Die Steigerung der Energieproduktivität ermöglicht die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch. Jede gesparte kWh erfordert weniger Verbrennung von Gas und Kohle oder auch Investitionen in neue Kraftwerke - fossile und erneuerbare. Es liegt an den Anreizen für das Energiesparen. Nicht an der Technik.