Neben dem tatsächlichen Energiepreis und dem Netztarif besteht eine Stromrechnung in Österreich und Deutschland auch aus Steuern und Abgaben. Das ermöglicht dem Staat den Eingriff in die Energiepreisgestaltung. Oliver Antoni, Projektleiter an der Stiftung Umweltenergierecht, erklärt im Gespräch mit HLK wie stark der Gesetzgeber in den Strompreis eingreifen kann und in welchen Bereichen er das bereits tut.
HLK: Die Summe, die der Endkunde am Ende auf seiner Stromrechnung findet, besteht nur zu einem Drittel aus den tatsächlichen Stromkosten. Der Rest setzt sich aus Steuern und Abgaben zusammen, die unter staatlichem Einfluss liegen. Wie stark kann der Gesetzgeber den Strompreis dadurch lenken?
Oliver Antoni: Entsprechend sehr stark. In Deutschland liegt aktuell der marktlich bestimmte Teil sogar nur zwischen 20 und 25 Prozent, der Rest unterliegt der staatlichen Induzierung und der staatlichen Regulierung. Zu den staatlich induzierten Preisbestandteilen zählen alle Steuern, Abgaben und Umlagen. Diese Faktoren können direkt vom Staat festgelegt werden. Die Stromsteuer fällt beispielsweise hierunter. Unter staatliche Regulierung versteht man die Netzentgelte. Diese erhebt der Staat nicht selber, das macht der Netzbetreiber. Da der Gesetzgeber aber sehr stark vorgibt was ein Netzbetreiber erheben darf, ist er auch hier an der Preisgestaltung beteiligt. Auf beides hat der Staat damit maßgeblichen Einfluss.
Hat der Gesetzgeber hier vollkommen freie Hand?
Es gibt teilweise europäische Vorgaben von denen der deutsche Gesetzgeber nicht abweichen kann. Das ist in Deutschland vor allem bei der Stromsteuer der Fall, denn dort sind Mindeststeuersätze in der Energiesteuerrichtlinie festgelegt. Diese Mindestsätze sind aber relativ gering. Momentan beträgt die Stromsteuer in Deutschland 20,50 Euro pro verbrauchter Megawattstunde. Der Gesetzgeber könnte die Stromsteuer zwar nicht vollkommen abschaffen, das wäre europarechtswidrig, er hätte hier aber genug Spielraum, um die Stromsteuer deutlich zu reduzieren.
Damit kann die deutsche Regierung erneuerbare Energie attraktiver machen als Strom aus fossilen Brennstoffen. Wird diese Möglichkeit genutzt?
Die Überlegungen gehen derzeit in diese Richtung. Eine andere Möglichkeit wäre, bei der EEG-Umlage anzusetzen. Diese Umlage unterliegt zwar nicht direkt den staatlichen Vorgaben, weil die Höhe der EEG-Umlage sozusagen wiederspiegelt was an Förderungen in erneuerbare Energieanlagen investiert wird, aber der Gesetzgeber hätte die Möglichkeit, dass er einen Teil dieser Kosten aus dem Wälzungsmechanismus des Erneuerbare-Energien-Gesetzes herausnimmt und Mittel aus dem allgemeinen Haushalt verwendet. Das würde den Endverbraucher entlasten, da für ihn dadurch die Stromkosten reduziert werden. Genauso würde es auch mit der Umlage für die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung funktionieren.
Kann der Staat die Kosten für einzelne Anlagenbetreiber reduzieren, die erneuerbare Energien einsetzen?
Bei der Stromsteuer und der EEG-Umlage auf jeden Fall. Es gibt eine Vielzahl von Ausnahmen, die getroffen wurden damit bestimmte Verbraucher nicht oder nur reduziert zahlen müssen. Das betrifft etwa Anlagenbetreiber, die die erneuerbare Energie für die Eigenversorgung nutzen. Nur ein Beispiel: Bis vor kurzem war es so, dass jemand, der eine Windenergieanlage betreibt und ohne Nutzung des öffentlichen einen Batteriespeicher mit dem Strom aus der Windenergieanlage lädt vollkommen von der Stromsteuer befreit war. Leider wurde diese Regelung kürzlich wieder abgeschafft.
Nun betrachten wir das Ganze von der anderen Seite: In welchen Bereichen sind dem Staat die Hände gebunden?
Bei den Netzentgelten ist wahrscheinlich am wenigsten Einflussmöglichkeit da, weil das einfach Kosten sind, die für den Netzausbau sowie für die Nutzung und Erhaltung der Stromnetze anfallen. An den eigentlichen Kosten kann der Gesetzgeber deshalb nicht viel machen. Das sind einfach Kosten, die im System entstehen und weitergegeben werden müssen.