Künstliche Intelligenz : Alle sitzen im gleichen Bot

Der Anfang aller Künstlicher Intelligenz in der Energiewirtschaft liegt dort, wo er mit Energie eigentlich nicht so viel zu tun hat: in den Chatbots. Wien Energie etwa setzt auf der Website zum Beispiel auf die charmante BotTina, einen computergestützten Beantwortungsservice, der Kundenfragen beantworten soll. Je mehr Kunden den Service des Chatbots nutzen, umso präziser kann dieser die Anfragen beantworten. Bei den Chatbots handelt es sich nicht um einen kommunikativen Gesprächspartner, sondern um eine auf einen Anwendungsfall programmierte Software, die in einem gewissen Rahmen Antworten geben kann. Bei Wien Energie besteht dieser Rahmen zum Beispiel aus dem Thema Energie und unternehmensspezifischen Fragen.

Genaue Aussagen über den Energieverbrauch eines Haushalts können ja schon dank Smart Meter getroffen werden. Smart Meter sind digitale Stromzähler, die Daten über den Energieverbrauch eines Nutzers sammeln und an den Energieversorger weitergeben können. Der Energieversorger kann so auch über eine große Distanz hinweg den Stromverbrauch ablesen und spart sich den Zeit- und Kostenaufwand für das persönliche Ablesen durch einen Mitarbeiter.

Die EU gibt vor, dass bis 2020 mindestens 80 Prozent aller Kundenanlagen über Smart Meter verfügen müssen. In Ländern wie Italien, Schweden und den Niederlanden wurde die Einführung der Smart Meter bereits beschlossen und die Stromzähler weitestgehend überall installiert. Die österreichische Regierung hinkt der Umsetzung dieser Vorgabe noch etwas hinterher. In Deutschland sind Smart Meter bei Kunden mit einem Verbrauch über 10.000 Kilowattstunden bereits Pflicht. Ab 2020 sollen Kunden mit einem geringeren Verbrauch folgen. Fabian Karl, Innovationsmanager beim Mannheimer Unternehmen Power Plus Communications PPC, sieht Smart Meter als eine Vereinfachung eines ohnehin notwendigen Prozesses. „Die Informationen über den Stromverbrauch müssen sowieso gesammelt werden. Für Energieversorger ist es wirtschaftlich am sinnvollsten, eine Technik anzuwenden, die auf das eigene Unternehmen angepasst ist. Das fordert zwar höhere Anfangsinvestitionen, rechnet sich im Betrieb aber schnell“, empfiehlt Karl.

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Während Chatbots und Smart Meter schon einigermaßen etabliert sind, bietet die Künstliche Intelligenz in der Energiewirtschaft noch weitaus größeres Zukunftspotenzial. „In der Energiewirtschaft stehen ja schon sehr lange viele Daten zur Verfügung. Mit Smart Metern wird eine Vielzahl dieser Daten bereits genutzt, es gibt aber noch viele weitere Anwendungsfälle für KI. Aufgrund der Daten kann man zum Beispiel erkennen, wann der Kunde den Energieversorger wechselt. Dadurch können frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um den Kunden länger am Unternehmen zu halten“, erklärt Michael Sponring, Bereichsleiter Energie, Nützlichkeit und Ressourcen beim Beratungsunternehmen PwC Österreich.

Ein weiterer Anwendungsfall der KI im Energiesektor liegt in der Predictive Maintenance, zu Deutsch „vorausschauende Wartung“. „Durch Mustererkennungen kann so frühzeitig bestimmt werden, wann eine Energieanlage gewartet oder ein Einzelteil ausgetauscht werden muss. In Polen steht das bereits an der Tagesordnung. Dort werden Hochspannungsleitungen mittels Drohnen abfotografiert. Durch eine Mustererkennung sieht der Energieversorger dann, an welchen Stellen die Leitung stark abgenutzt oder gar kaputt ist“, so Sponring. Außerdem kann so erkannt werden, wo die Vegetation zu nahe an der Leitung liegt und deshalb Schäden entstehen könnten.

Auch Wien Energie nutzt Drohnen und zwar, um die eigenen Windkraftanlagen zu warten. Das Unternehmen arbeitet dabei mit dem Drohnen-Startup Skyability und dem Anbieter von Künstlicher Intelligenz Birds.ai zusammen. Mit Kameras ausgestattete Drohnen fliegen Windräder ab und machen zahlreiche Fotos von der Anlage. Diese Fotos werden dann von der KI ausgewertet und am Ende entsteht ein umfangreicher Bestandsbericht. „Konventionell dauert die Inspektion eines Windrades sechs bis acht Stunden. Mit der Drohne brauchen wir etwa eine Stunde pro Windrad. Das heißt wir können bis zu fünf Windräder pro Tag inspizieren“, erklärt Michael Elias, Projektmanager bei Wien Energie.

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Dem Thema Predictive Maintenance widmet sich auch das Forschungsprojekt Uptime des Bremer Instituts für Produktion und Logistik BIBA. Drei Jahre soll innerhalb des von der EU geförderten Programms an Methoden und Werkzeugen für eine verbesserte Wartbarkeit von Produktionssystemen gearbeitet werden. Hilfreich ist das zum Beispiel für Offshore-Windkraftanlagen. Für eine Bestandsaufnahme eines Offshore-Windrads muss ein Team erst mit dem Boot zur Anlage schippern und diese dann aufwendig inspizieren. Viel effizienter ist es, Sensorwerte, Wetterdaten, Statistiken und Wartungsdaten aus der gesamten Laufzeit der Anlage zu sammeln. Mittels Algorithmus kann dann bestimmt werden, wie schnell sich die Anlage abnutzt und wann eine Wartung wirtschaftlich sinnvoll ist. „Mit Predictive Maintenance wird die Wartung planbar und Ausfallzeiten können minimiert werden“, so Fabian Karl. Die Energieversorger sparen so einerseits Personalkosten, andererseits werden auch die Verluste durch Ausfallzeiten minimiert.

Die Anwendungsfälle für Predictive Maintenance sind vielfältig, erklärt Sponring: „Auch in der Fernwärme oder bei Gasleitungen kann das System angewendet werden. Mögliche Lecks können so frühzeitig erkannt und präventiv versorgt werden. Die Mustererkennung wird immer besser und lernt dazu, sodass auch die Vorhersehbarkeit immer akkurater wird.“

Während Polen solche Technologien schon vielfach nutzt, beginnt die Branche in Österreich gerade erst damit, Künstliche Intelligenz zu integrieren, meint Michael Sponring. Dem stimmt auch Fabian Karl zu - am deutschen Markt sehe es ähnlich aus, erklärt er: „In ersten Projekten werden die Daten bereits vernünftig verarbeitet und auch wirklich genutzt. Die Branche beginnt aber erst sich so richtig mit dem Thema Künstliche Intelligenz auseinanderzusetzen. Da ist noch viel Luft nach oben.“

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