Österreich : Meinungen zum Energieeffizienzgesetz

Das Energieeffizienzgesetz passierte am 9.7.2014 das österreichische Parlament. Österreich soll bis 2020 um 50 Petajoule weniger Energie verbrauchen. Energiedienstleister sind genauso gefordert, wie Unternehmen (ab 250 Mitarbeiter) und alle Energiekonsumenten, die dieses Gesetz wohl letztendlich finanzieren werden. Hier einige Meinungen zum neuen Energieeffizienzgesetz.

Meinungen einiger Politiker

„Energieeffizienz ist der Königsweg der Energiepolitik, wenn wir günstige Energie haben wollen. In diesem Sinne haben wir mit dem neuen Gesetz einen guten Kompromiss und eine richtungsweisende Systemänderung erreicht. Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit des Landes erhöht, Unternehmen und Haushalte werden profitieren“, meinte Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner zum neuen Energieeffizienzgesetz. „Sowohl die Konsumenten als auch die Wirtschaft werden von diesem Gesetz profitieren. Das bestätigen die Zahlen der EU-Kommission und der Energieagentur", betont Mitterlehner. Energieeffizienzmaßnahmen, die in einem Jahr gesetzt werden, haben über ihre Lebensdauer kumuliert einen effektiven Einspareffekt von 2,3 Mrd. Euro für die Volkswirtschaft, wie eine aktuelle Analyse des neuen Gesetzes durch die heimische Energieagentur ergebe.

„Für die österreichischen Haushalte und Klein- und Mittelbetriebe wird dieses Gesetz vor allem weitere Belastungen bringen", kritisiert FPÖ Energiesprecher und Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer. Überschneidungen bei den Förderstrukturen zwischen Bund und Ländern, die Forcierung der KWK-Anlagen, das Fehlen konkreter politisch-strategischer Maßnahmen und vor allem, dass die Strafzahlungen zum überwiegenden Teil nicht für Erneuerbare zweckgebunden seien, sind Indiz für die Ineffizienz dieses Gesetzes trotz allen Schönredens, so Hofer.

Neos Energiesprecher Michael Pock meint: „Die Energielieferanten werden tief in die Tasche greifen müssen, um ihre Verpflichtungen erfüllen zu können. Diese Kosten werden unweigerlich auf die Endkonsumentinnen und Endkonsumenten übergewälzt werden. Energieeffizienzfonds und CO2-Steuer bei gleichzeitiger Entlastung des Faktors Arbeit, also einer ökologischen Steuerstrukturreform würde einen erheblich höheren Beitrag zu einer tatsächlichen Systemänderung und mehr Kostenwahrheit führen, als das mit diesem vermeintlichen Verhandlungserfolg möglich ist".

Meinungen aus der Branche

DECA

Die EU-Richtlinie, auf der das neue Energieeffizienzgesetz basiert, sieht vor, dass die Energieeffizienz ab 2014 pro Jahr um 1,5 % erhöht werden muss. Wird das Gesetz wesentlich dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen? „Es ist zumindest ein erster Schritt“ zeigt sich Werner Kerschbaumer, Sprecher der DECA (Dienstleister Energieeffizienz und Contracting Austria: www.deca.at) verhalten optimistisch, „die Antwort auf diese Frage wird davon abhängen, ob die breite Masse der Unternehmen die positiven Aspekte von Energieeffizienz erkennen und die Anbieterseite die entstehende Nachfrage nach Energieeffizienz-Dienstleistungen hochqualitativ abdecken kann. Die Mitglieder der DECA stellen seit Jahren täglich unter Beweis, dass sie Energieeinsparungen nicht nur berechnen, sondern auch in der Praxis erzielen.“

EEÖ

Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) sieht das Energieeffizienzgesetz als kleinen Schritt vorwärts, aber unterm Strich sei das Ergebnis unbefriedigend. Lichtblick sei die festgelegte Verringerung des Energiebedarfs auf ein Niveau von 1050 PJ – falls dieses Ziel tatsächlich erreicht wird. Die Ökologisierung des Steuersystems fehle gänzlich. „In den letzten Verhandlungsrunden hat es etliche sichtbare Verbesserungen für die erneuerbaren Energien gegeben, und das begrüßen wir, aber insgesamt sind wir mit dem Paket unzufrieden", so EEÖ-Geschäftsführer Jurrien Westerhof.

Wermutstropfen sei die beschlossene Förderung für unrentable Gaskraftwerke mit Kraftwärmekopplung - bei ausbleibender Unterstützung für jene Ökostromanlagen, die keinen Einspeisetarif mehr bekommen, und die sich dadurch in der gleichen misslichen wirtschaftlichen Lage befinden.

Heizen mit Öl GmbH

Auf das große Potenzial der über 800.000 heimischen Haushalte mit Ölheizungen will man nun aus politisch motivierten Gründen verzichten, ärgert man sich bei der Heizen mit Öl Gmbh, über das neue Energieeffizienzgesetz, von dem man als „Schildbürgerstreich“ spricht.

Genau dort, wo man mit vergleichsweise geringem Aufwand hohe Einsparungen erreichen könne, verzichte man auf die Anrechnung als Effizienzmaßnahme.

Für die Heizöllieferanten bringt das die paradoxe Situation mit sich, dass sie ab 2018 keine Energieeffizienzmaßnehmen mehr bei dem von ihnen vertriebenen Energieträger tätigen können. Damit sind entsprechende Ausgleichzahlungen vorprogrammiert. „Zuerst dem Energiehändler vorzuschreiben, dass Energieeffizienzmaßnahmen zu tätigen sind, und ihm dann verbieten eben diese durchzuführen, kann nicht dem Zweck der EU Richtlinie entsprechen“, so Mag. Martin Reichard, GF der Heizen mit Öl GmbH. „Wir werden diesen Passus jedenfalls mit allen uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln bekämpfen“.

Die EU-Energieeffizienzrichtlinie sieht vor, dass Energieeffizienzmaßnahmen energieträgerneutral, objektiv und vor allem nichtdiskriminierend vorzunehmen sind. Der Ausschluss eines einzelnen Energieträgers wie im Fall des Energieeffizienzgesetzes, das Heizöl „aussperrt“, wird auf europäischer Ebene zu überprüfen sein.

Installateurinnung (Rauchfangkehrer und VÖK)

Vor allem, dass mit dem Energieeffizienzgesetz auch ein neues Gesetz beschlossen wurde, das alle österreichischen Stromkunden zur Subvention der Fernwärme verpflichtet, kritisieren die Installateur- sowie Rauchfangkehrer-Bundesinnungen sowie die Vereinigung Österreichischer Kessellieferanten (VÖK) – darüber berichteten wir bereits auf hlk.co.at sowie auch in der Printversion der HLK 6-7/Seite 63 (e-paper-Version HLK 6-7/2014 findet sich auf www.hlk.co.at).

Industriellenvereinigung (IV)

„Mit dem Energieeffizienzgesetz ist der notwendigen Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie Genüge getan. Gleichzeitig bedeutet das neue Gesetz für die betroffenen Unternehmen zum Teil aber erheblichen zusätzlichen Aufwand. Vor dem Hintergrund der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit im Parlament können die erforderlichen Kompromisse nur als schmerzhaft bezeichnet werden – auch wenn wesentliche, von der Industriellenvereinigung (IV) geforderte, Elemente nun enthalten sind“, so IV-Generalsekretär Mag. Christoph Neumayer in einer ersten Reaktion. Ursprüngliche Varianten hatten erhebliche Belastungen auch für produzierende Unternehmen vorgesehen.

Unzweifelhaft bleibe, dass die auflaufenden beträchtlichen Kosten sicher auf alle Stakeholder am Energiemarkt umgewälzt werden. „Auch wenn die so aufgebrachten Mittel neben dem Betrieb dieses Systems auch in Investitionszuschüsse von Energieeffizienzmaßnahmen eingebracht werden sollen - dieses Gesetz bedeutet ein Mehr an staatlicher Regulierung und Bürokratie. Ob das der richtige Weg ist, um den Herausforderungen eines wirtschaftlich dauerhaft schwierigen Umfeldes zu begegnen, darf bezweifelt werden“, so Neumayer, der abschließend betont: „Wir erwarten uns daher von den handelnden Personen und Institutionen umso mehr, dass die nun erforderlichen Implementierungsschritte sowie die Abwicklung des Gesetzes so unbürokratisch wie irgend möglich erfolgen“.

Oesterreichs Energie

Als gangbare Kompromisslösung sieht die österreichische E-Wirtschaft das in einigen entscheidenden Punkten entschärfte Energieeffizienzgesetz. Die Kritik am System der Lieferantenverpflichtung bleibt aber aufrecht: „Die Steigerung der Energieeffizienz hätte über andere Wege zielgerichteter und für die Konsumenten günstiger erreicht werden können", erklärte Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der E-Wirtschaft. Schmidt: „Während Deutschland sich nun definitiv zur Umsetzung der Effizienzziele über strategische Maßnahmen entschlossen hat, versucht Österreich mit einem teuren und bürokratischen Verpflichtungssystem der Energielieferanten Energieeffizienzmaßnahmen beim Bürger anzukurbeln“. Denn es sei weder zu erwarten, dass die Energielieferanten die Kosten der Maßnahmen zur Gänze tragen können, noch dass die Energiekonsumenten um Investitionen herumkommen, die sie zum größten Teil aus eigener Tasche bezahlen müssen.

Die E-Wirtschaft fordert zudem die rasche Festlegung, wer die Aufgaben des Monitorings übernehmen soll und die Fixierung der noch ausständigen Regeln für die sichere Anerkennung der Energieeffizienzmaßnahmen.

Wirtschaftskammer

„Der Wirtschaft ist es in letzter Sekunde gelungen, bürokratische Belastungen für Betriebe durch das Energieeffizienzgesetz zu verhindern“, betont Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umweltpolitik in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Der wichtigste Verhandlungserfolg der Wirtschaft: Die Energielieferanten können nun anstelle von Energieeinsparmaßnahmen auch Ausgleichsbeträge leisten und somit kostspielige Maßnahmen und Verwaltungstrafen vermeiden. Ein Wermutstropfen sei die von den Grünen verlangte Erhöhung der Ausgleichszahlungen auf 20 Cent pro kWh (vorher 12,2 Cent).

Außerdem konnte die Wirtschaft durchsetzen, dass Produktionsbetriebe, die Überschussenergie an andere Betriebe weitergeben und damit Energie sparen, von den Lieferantenverpflichtungen befreit werden. Auch für die meisten anderen Gewerbe- oder Industriebetriebe, denen die Regierungsvorlage Lieferantenverpflichtungen aufgebürdet hätte, konnte die notwendige Korrektur erreicht werden.

Ein besonders störender „Giftzahn“ in der Regierungsvorlage war aus WKÖ-Sicht der Ausschluss aller Einsparmaßnahmen, die technischen oder rechtlichen Vorgaben entsprechen. Er konnte ebenfalls entfernt werden. Solche Maßnahmen sind nunmehr komplett anrechenbar, wenn sie - wie im Regelfall - freiwillig gesetzt werden.

Auf der Habenseite für die Wirtschaft stehe auch, dass das Bundesgesetz ausufernden unterschiedlichen Regelungen auf Länderebene einen Riegel vorschiebt, die die Wirtschaft in Summe noch weit stärker belastet hätten.

Der Erfolg des Gesetzes wird jetzt auch davon abhängen, dass die Monitoringstelle schlank und sparsam aufgesetzt wird und der Meldeaufwand auf das unionsrechtlich zulässige Ausmaß reduziert wird.