Interview : Im Spannungsfeld von Effizienz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit

Dkfm. Dr. Leo Windtner Generaldirektor Energie AG Oberösterreich

Die Energie AG Oberösterreich präsentiert sich mit ihrer Konzernzentrale in Linz, dem Power Tower, als zukunftsweisender, innovativer Energieversorger. Neben der Gebäudehülle spielt die Wärmepumpentechnik für die Beheizung und Kühlung des Gebäudes eine dominante Rolle. Wie haben sich diese erneuerbaren Energien im eigenen Haus bewährt?

Das Energiekonzept in unserer Konzernzentrale beruht auf den Säulen Heizen, Kühlen und der Fassadentechnik, die in die Haussteuerung integriert ist. Letztere sorgt dafür, dass der Wärmeeintrag durch die Sonne bei maximaler Tageslichteinstrahlung minimiert wird. Die Nutzung der Erdwärme mittels Wärmepumpen spielt dabei sowohl beim Heizen als auch beim Kühlen eine zentrale Rolle. Unsere Erwartungen haben sich aus heutiger Sicht voll erfüllt und darauf sind wir stolz. Der Power Tower ist deshalb eines der weltweit wenigen Bürohochhäuser mit Passivhauscharakter. Wir bekennen uns dazu, unseren Kunden eine effiziente Energienutzung vorzuleben.

Die Rolle der Energieversorger wird sich in den nächsten Jahrzehnten verändern, denn die Energieversorgung der Haushalte dezentralisiert sich zusehends durch Photovoltaik, Windkraft, Brennstoffzelle, Mikro-KWK etc. Hat sich Ihr Unternehmen schon darauf eingestellt?

Die Energie AG ist seit jeher Vorreiter in diesen Bereichen und wir sind mit innovativen Produkten gut aufgestellt. Wir werden auch zukünftig unsere Produktentwicklung auf diese Herausforderungen einstellen. Schon heute können unsere Kunden zum Beispiel selbst erzeugten Sonnenstrom virtuell „zwischenlagern“ und zu einem späteren Zeitpunkt abrufen oder in Kombination mit den neuen, intelligenten Stromzählern Tageszeit-abhängige Tarife nutzen. Die Energie AG ist aber auch Vorreiter, wenn es um die Nutzung der neuen erneuerbaren Energien geht. Wir haben seit mehr als einem Vierteljahrhundert Erfahrung im Bereich Photovoltaik und bieten unser umfassendes Wissen derzeit gezielt im Bereich von Contracting- Modellen Unternehmen an. Wir haben in den 1980er-Jahren das erste Windrad am Dachstein bei der Adamek-Hütte in Betrieb genommen und sind jetzt wieder, wo es wirtschaftlich sinnvoll ist, an Windparks beteiligt. Zudem verfolgen wir seit Jahren aktiv Forschungsprojekte im Bereich der Nutzung von Brennstoffzellen, der Kombination von Erdgas-Solar-Wärmepumpen, stromerzeugenden Heizungen mit innovativen Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen. Wir erforschen aber auch die direkte Verwendung von Photovoltaik-Strom zur Warmwassererzeugung in Einfamilienhäusern und power-to-gas- Verfahren in verschiedenen Szenarien.

Sehen Sie als Energieversorger eine Notwendigkeit, das 110 kV-Netz auszubauen, um den Transport der zusätzlichen elektrischen Energie, vornehmlich erzeugt durch Windkraft und PV, zum Verbraucher zu gewährleisten?

Faktum ist, dass durch ein fehlgeleitetes Förderregime für erneuerbare Energie vor allem in Deutschland der Strommarkt, wie wir ihn kannten, zerstört worden ist. Heute ein Kraftwerk ohne Förderung zu errichten, ist wirtschaftlich nicht mehr darstellbar und nicht mehr möglich. Deshalb ist der Kraftwerksbau faktisch zum Stillstand gekommen, bestehende Kraftwerke werden außer Betrieb genommen, weil ein kostendeckender Betrieb nicht mehr möglich ist. Das hat mit einem liberalisierten Markt nichts mehr zu tun, wir sind mehr reguliert als vor der Liberalisierung. Mit dem rasanten Ausbau der neuen Erneuerbaren ist es auch zu einer massiven Verschiebung der Erzeugungsstandorte gekommen, der Leitungsbau konnte hier nicht mithalten. Wir laufen heute fast tagtäglich Gefahr, dass unser Stromsystem instabil wird – die Gefahr eines Blackouts steigt von Tag zu Tag. Das Stromnetz muss auch in Zukunft in der Lage sein, diese neuen Stromflüsse möglich zu machen. Wir müssen vor allem in das Hoch- (110 kV) und Höchstspannungsnetz (380 kV) massiv investieren – denn nur so können wir eine sichere Versorgung auch in Zukunft sicherstellen. Dazu kommt dann auch noch ein Energieeffizienzgesetz, das völlig überzogen ist: Einerseits werden vom Kunden Maßnahmen zur Energieeinsparung gefordert, die auf der anderen Seite dem Versorger angerechnet werden. Wird das Einsparungsziel vom Kunden nicht eingehalten, wird der Versorger bestraft. Letztlich bedeutet das nur einen riesigen bürokratischen Aufwand und bringt nicht mehr als die österreichische E-Wirtschaft vorher schon in einer freiwilligen Vereinbarung mit dem Wirtschaftsministerium Jahr für Jahr erbracht hat.

Beim Ersten Österreichischen Wärmepumpenforum werden Sie in Ihrer Keynote zum Thema „Energieversorgung im Spannungsfeld von Energieeffizienz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit“ sprechen. Können Sie bitte kurz skizzieren worum es in Ihrem Vortrag gehen wird?

Wie bereits angeschnitten geht es um einen Blick auf das Gesamtsystem. Die Branche bekennt sich zu den erneuerbaren Energien. In Österreich wird die Wasserkraft die Säule der Energieversorgung bleiben, wir werden aber auch weiterhin thermische Kraftwerke brauchen – alleine schon um den Fernwärmebedarf in den Ballungsräumen decken zu können. Zu dem Spannungsfeld kommen dann noch Themen wie das Energieeffizienzgesetz, die Wasserrahmenrichtlinie oder das Klimaabkommen – und über allem das Ziel der sicheren Versorgung, die auch in Zukunft noch bezahlbar und leistbar sein soll.