Architekturtage 2012 : Baukultur "anders als geWohnt"

Die sechste Ausgabe der Architekturtage lädt unter dem Motto „anders als geWohnt“ ein, quer durchs ganze Land und über die Landesgrenzen hinaus vielfältige Facetten zeitgemäßen Wohnens kennenzulernen: zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Bus oder öffentlichen Verkehrsmitteln wird mit fachkundiger Begleitung hinter die Kulissen bemerkenswerter, oftmals nicht öffentlich zugänglicher Gebäude geblickt. Ergänzende Filmvorführungen, Ausstellungen, Vorträge sowie Feste machen Architektur in diesen Tagen zur Hauptsache.

Durch den Pluralismus der Lebenssituationen ist die Architektur heute gefordert auf die unterschiedlichen Bedürfnisse zu reagieren und flexible Wohnideen bereit zu stellen. Aktuelle Wohnformen berücksichtigen Nachhaltigkeit, Technik und Ökonomie und bieten etwa Wohnen und Arbeiten unter einem Dach, Generationenwohnen oder Formen des betreuten Wohnens ebenso wie Bauen für die Jugend. PlanerInnen und NutzerInnen zeigen in direktem Dialog, dass gelungene Architektur einen Wohnbau nicht nur zu einem energieeffizienteren, sondern auch qualitätvolleren Lebensraum macht. Die Architekturtage ermöglichen einem breiten Publikum bei freiem Eintritt die verschiedenen Funktionen des Wohnens und Hintergründe von der Haustechnik bis zur Stadtentwicklung hautnah zu erleben, Neues zu entdecken, Ungewohntes zu verstehen. Natürlich bieten die Architekturtage auch 2012 wieder ein umfangreiches Kinder- und Jugendprogramm mit spannenden, interaktiven Workshops für verschiedene Altersgruppen. Bild: Architekturtage 2012 Die Programmhighlights

In Vorarlberg konzentriert sich das Programm in diesem Jahr auf Dornbirn, einer Stadt mit Architektur als vierter Säule im Kulturkonzept. Mit unterschiedlichen Formaten – künstlerischen Interventionen, Spaziergängen und Workshops – werden Wohn- und Lebensstile ausgelotet und aufgezeigt, dass anders Bauen und Wohnen möglich ist. Speziell in den Fokus rücken dabei Baugruppen als eine Möglichkeit und Chance für die Zukunft – dies wird theoretisch, aber auch praktisch erkundet. Interessierte können in das Thema eintauchen, Gruppen beitreten oder neue gründen – und sogar mit einer Grundstücksoption rechnen.

In Tirol wird wieder gebaut. Nach dem Erfolg der anlässlich der Architekturtage 2008 errichteten Plattform "... ich will an den Inn" und deren Transformation zu experimentellen Kleinarchitekturen 2010, entsteht erneut ein Ansichtsexemplar – dessen Errichtung sich auch mitverfolgen lässt. Diesmal passend zum Generalmotto wird von der Tortenwerkstatt – einem Kollektiv Innsbrucker Architekturstudierender – eine "stattSTUBE" eingerichtet: Ein bewohnbares, öffentliches Objekt, mit Räumen unterschiedlicher Abstufungen von öffentlich bis privat – mit Strom, Wasser und Internet – in dem man sich mit FreundInnen treffen, die Mittagspause verbringen, Essen, Arbeiten oder einfach nur sein kann.

Auch in Salzburg werden die Architekturtage mit einem Objekt im Stadtraum sichtbar – dem Wohn.info.mobil. Dieses bietet an stark frequentierten Orten, am Freitag in der Salzburger Altstadt und am Samstag im neunen Wohngebiet am Stadtwerke Areal in Lehen einen zwanglosen Treffpunkt und eine Plattform für Gespräche. Gemeinsam mit ExpertInnen und Interessierten werden Fragen des Wohnens erörtert und es dient auch als Startpunkt für Exkursionen. Die Schülerinnen und Schüler des Wirtschaftskundlichen Realgymnasiums reflektieren ihre Wohnbedürfnisse und entwickeln gemeinsam Raumobjekte, die Aspekte privaten Wohnens in den öffentlichen Raum tragen.

In Kärnten wird dieses Mal grenzüberschreitend mit Slowenien, speziell dem Haus der Architektur in Ljubljana zusammengearbeitet, etwa bei einer Bustour, die die Möglichkeit eröffnet die Nachbarstadt zu erkunden. Die Zusammenarbeit hat schon begonnen mit dem gemeinsamen Bildwettbewerb „anders als geWohnt“ – der aufzeigt, wie in Kärnten und Slowenien gewohnt wird bzw. gewohnt werden will. Die eigenen vier Wände werden als Ausdruck des Weltverständnisses, des Gemeinschaftssinns und der Lebensauffassung der BewohnerInnen gesehen. Die eingereichten Fotos werden bei den Architekturtagen gezeigt und prämiiert.

Auch die Steiermark arbeitet mit Slowenien zusammen – speziell mit der diesjährigen europäischen Kulturhauptstadt Maribor, die bei einer expeditionsartigen Reise erkundet werden kann. In Graz starten die steirischen Architekturtage schon am 24. Mai mit einer Installation im Stadtraum am Südtirolerplatz, die ankündigt und sichtbar macht, dass in den nächsten Tagen einiges „anders als geWohnt“ ist. Das Projekt „Hausnummer 180: Hochsitz, Baumhaus, Wohnhaus?“ – gemeinsam mit Studierenden der TU Graz entwickelt – ermöglicht es die Umwelt aus unterschiedlichen, vertrauten und ungewohnten Blickwinkeln wahrzunehmen.

In Oberösterreich wird mit einem Teil des Programms in Steyr diesmal ein regionaler Schwerpunkt gesetzt. Dabei entsteht an der Uferzeile der Enns die Vision der Stadt als Wohnlandschaft mit einer architektonischen Intervention.

Für zwei Tage transformiert sich das vertraute Bild gegen eine bunt belebte Szene. Alle sind eingeladen bei der Umgestaltung mit zu machen und mit zu wohnen. Hier wird – wie auch in anderen Bundesländern – deutlich, dass sich Wohnen nicht nur auf die eigenen vier Wände beschränkt, sondern ganz zentral auch den Außenraum mit einschließt. Und die Qualität der Freiräume sehr entscheidend zum Wohl- und Wohnbefinden beitragen.

Auch in Niederösterreich geht es im vielfältigen Programm unter anderem um das Thema Freiraum – hier in einer ganz speziellen Ausprägung. Denn in Horn steht am Freitag das Thema „Baumhaus“ auf dem Programm. Die Beschäftigung mit dieser speziellen Architekturform erfolgt dabei auf mehreren Ebenen: gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen sowie Studierenden der TU Wien wird im Horner Stadtpark ein Baumhaus errichtet, ein Film dokumentiert sein Making-Off, eine Ausstellung zeigt die entsprechenden Entwürfe und ein Vortrag spannt anschließend den theoretischen Bogen mit der Präsentation von bemerkenswerten internationalen Baumhaus-Projekten.

Im Burgenland kann aktuelle pannonische Architektur bei Visiten hautnah erlebt oder zu Fuß beziehungsweise per Bus erkundet werden. Der schon traditionelle Architekturbus fährt in diesem Jahr am Samstag von Neusiedl am See bis nach Neckenmarkt. Bei den einzelnen Stationen erfahren die Reisenden von den ArchitektInnen und BauherrInnen über ihren persönlichen Zugang zur Architektur und laden ein zu Gespräch und Informationsaustausch. Der bemerkenswerte Turm am Flugfeld in Trausdorf ist Freitag Abend wieder Kulisse für Architektur im Film – ein Format, das auch in anderen Bundesländern die Programme bereichert.

Die Vielfalt des Themas „Wohnen“ kann in Wien in der gesamten Bandbreite vom Kleingartenhaus bis zum Stadterweiterungsgebiet erlebt werden. Ein Fokus liegt auf der Frage „Was braucht es, bevor man wohnen kann?“

Besonders nachdrücklich wird dieser Frage in der Seestadt aspern nachgegangen, der ein ganzer Tag gewidmet ist – denn hier wird auch Sonntag, der 3. Juni zum „Architekturtag“. Der Prozess der Stadtwerdung wird mit einem Blick auf die notwendigen Infrastrukturen deutlich, etwa das Geothermie-Projekt. Das Thema Freiraum wird bei einem Gartenpolylog beleuchtet, Nachhaltigkeit kann im Plus-Energie-Gebäude aspernIQ erlebt werden und Baugruppen erörtern vor Ort ihre Konzepte. Lustvoll interdisziplinär diskutiert wird auch im ersten „Salon“ im neuen PUBLIK Pavillon.

Ausklang ist mit einem performativen, Medien übergreifendem Schachspiel. Start des Wiener Programms ist am Donnerstag, 31. Mai abends mit einer Präsentation von departure, der Pecha Kucha Night-Vienna „anders als geWohnt“ und einem Fest im Etablissement Gschwandner in Hernals. Architekturtage am 1. und 2. Juni 2012 Bild: Architekturtage 2012 Kinder- und Jugendprogramm

In Wien wird fleißig geforscht, geplant und gebaut: Kinder können sich im Architekturzentrum Wien den Wunsch des eigenen mobilen Mitnehm-Hauses verwirklichen und bei „Grün, Grün, nur du allein“ verschiedene Arten der Eroberung von urbanen Grünräumen kennenlernen. Jugendliche haben bei „Virtual Reality“ am Hauptplatz der Lugnercity die Möglichkeit gebautem Raum interaktiv auf den Grund zu gehen.

Das Thema „Baumhaus“ findet sich mehrfach in Niederösterreich: In Horn wird im Stadtpark ein Baumhaus entstehen, alle Entwürfe werden im Taffasaal zu sehen sein und ein Film das Making-Off dokumentieren. Und im Nationalpark Thayatal bauen Kinder gemeinsam mit ArchitektInnen aus Naturmaterialien „Onkel Karls Hütte“.

Kukuk Kukuk ruft’s aus Oberösterreich! Für den Bau einer Skulptur am Ennskai in Steyr sind KünstlerInnen aller Altersklasse gesucht. Das Miteinander und Einbringen von eigenen Ideen für die Zukunft der Stadt Steyr stehen dabei im Mittelpunkt.

Besonders umfangreich und vielfältig ist das Programm in Salzburg: beim Spazieren durch die Stadt lernen junge Menschen unterschiedliche Wohnmodelle der Vergangenheit kennen, in den „Kinderateliers“ kann man selber konstruieren und der Workshop „Wohnen im Passiv-Sonnen-Haus“ bietet Möglichkeiten nachhaltigen Wohnbau unter die Lupe zu nehmen.

Anders als gewohnt geht es auch in der Steiermark zu: bei den Workshops „ibini – heute plane ich“ sind Kinder und Jugendliche gefragt ihre Ideen für die Gestaltung von Wohnungen, Häusern aber auch öffentlicher Räume umzusetzen. In der Hauptschule Eisenerz wird gemeinsam mit LehrerInnen und ArchitektInnen ein Parcours im Hof konzipiert und verwirklicht.

Alle Sinne sind in Kärnten gefragt! Beim Lendspiel in Klagenfurt werden alle Planungsprozesse, von der Idee eines mobilen „minimal space“ bis hin zum Bau des Prototyps von Jugendlichen und Lehrlingen aktiv durchlaufen. Und in Zusammenarbeit mit der Jugendnotschlafstelle Klagenfurt bringt das Theaterprojekt „Fetzer“ das unbequeme Thema Jugendobdachlosigkeit auf die Bühne.

Tirol heißt Kinder in der stattSTUBE herzlich willkommen und lädt zum Bau offener WohnWerkstätten. Die dabei entstehenden kreativen Wohnwelten werden anschließend auf ihre Nutzbarkeit getestet, in dem gemeinsam darin gekocht, gegessen oder einfach nur gechillt wird.

Rosa Küchen und blaue Werkstätten? Im Rahmen des Wohnlabors „Girls and Boys – Plüsch und Beton?“ lassen sich in Vorarlberg traditionelle Geschlechterstereotype in den Bereichen Wohnen und Bauen von jungen Menschen auf spielerische Art und Weise aufdecken, hinterfragen und alternative Gegenentwürfe schaffen.