Wissenschaftspreis an HZDR-Forscher : Anerkennung für futuristisches Kühlprinzip

Nicholas-Kurti-Wissenschaftspreis 2021 Oxford Dr. Tino Gottschall Hochfeld-Magnetlabor Dresden
© Juniks + R. Weisflog /HZDR

„Ich bin sehr dankbar, den Nicholas-Kurti-Wissenschaftspreis 2021 zu erhalten. Da magnetische Materialien ein Gebiet sind, das mir sehr am Herzen liegt und in das ich viele Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit investiert habe, ist diese Auszeichnung eine große Ehre für mich. Mein Dank geht an das Auswahlkomitee und natürlich an Oxford Instruments, die diese Auszeichnung seit vielen Jahren ermöglichen“, kommentiert Dr. Tino Gottschall die Ehrung.

Der Nicholas-Kurti-Wissenschaftspreis 2021 wird vom Gerätehersteller Oxford Instruments NanoScience verliehen und ist mit 8.000 Euro dotiert. Die Auszeichnung würdigt Gottschalls innovative Arbeiten zu magnetokalorischen Materialien im Bereich der Grundlagenforschung und angewandten Wissenschaften. Und die ist sehr interessant.

Magnetokalorische Materialien

Einige chemische Elemente und Metalllegierungen ändern ihre Temperatur, wenn sie einem magnetischen Feld ausgesetzt werden. Der Untersuchung dieses sogenannten magnetokalorischen Effekts hat sich Dr. Tino Gottschall verschrieben, der am Hochfeld-Magnetlabor Dresden beim Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) eine Gruppe leitet. Seine Forschungen haben zum besseren Verständnis der mit diesen Materialien verbundenen Phänomene geführt, die sich beispielsweise in statischen und gepulsten Magnetfeldern beobachten lassen.

Magnetokalorische Materialien gelten als aussichtsreiche Kandidaten für ökologisch nachhaltige Kühlprozesse.

Magnetische Kälteerzeugung

Dabei hat Gottschall auch die praktische Anwendung seiner Forschungsergebnisse fest im Blick: Durch seine Mitwirkung ist die magnetische Kälteerzeugung mittlerweile sowohl für Raumtemperaturanwendungen als auch für die Verflüssigung von Wasserstoff attraktiv geworden. Ihn interessiert dabei besonders, wie sich effizientere und umweltschonende Kälteverfahren künftig umsetzen lassen. Seine Arbeiten sind auch deshalb von hoher Relevanz, da der zunehmende Einsatz von Kühlanwendungen in unserem Alltag zu einem stetig wachsenden ökologischen Problem führt. Neue Verfahren wie die magnetische Kühlung könnten diese Belastung für Klima und Umwelt minimieren.

Mehr zum Preisträger

Nach seiner Promotion an der TU Darmstadt auf dem Gebiet der Materialwissenschaften und Postdoc-Aufenthalten in Darmstadt und Barcelona forscht Dr. Tino Gottschall seit 2017 am Hochfeld-Magnetlabor Dresden. 2019 wurde er Mitbegründer von MagnoTherm Solutions, einem jungen Spin-off-Unternehmen der TU Darmstadt, das sich die Entwicklung hocheffizienter und nachhaltiger Kühl- sowie Heizlösungen auf Basis magnetischer Materialien zum Ziel gesetzt hat. Darüber hinaus hat Gottschall zahlreiche Arbeiten und Reviews zum magnetokalorischen Effekt veröffentlicht. Damit wurde er auf dem Gebiet der magnetischen Materialien zu einem der meistzitierten europäischen Wissenschaftler unter 35 Jahren.

Der Wissenschaftspreis und Nicholas Kurti

Das Ziel des Nicholas-Kurti-Wissenschaftspreises ist es, neuartige Arbeiten junger Wissenschaftler (m/w/d), die auf dem Gebiet der tiefen Temperaturen oder hohen Magnetfeldern in Europa arbeiten, zu fördern und durch öffentliche Anerkennung auf ihre Forschung aufmerksam zu machen. Der Preis wird vom britischen Unternehmen Oxford Instruments, dem Hersteller von Instrumenten für materialwissenschaftliche und medizinische Anwendungen, verliehen.

Der Preis ist nach Professor Nicholas Kurti (1908-1998) benannt, der für seine herausragenden Arbeiten auf dem Gebiet der Ultratieftemperaturphysik am Clarendon Laboratory der University of Oxford bekannt wurde. Sein Team war in den 1950er Jahren mit der Technik der sogenannten adiabatischen Kernentmagnetisierung als erstes in den niedrigen Mikrokelvin-Temperaturbereich vorgedrungen. Unter Überwindung enormer experimenteller Schwierigkeiten – zu denen damals auch die Erzeugung ausreichend hoher Magnetfelder zählte – hatten sie sich dem absoluten Nullpunkt auf ein paar Millionstel Kelvin genähert. Zum Vergleich: Die 2,73 Kelvin der Hintergrundstrahlung des Universums gilt als tiefste in der Natur zu beobachtende Temperatur.

Und hier schließt sich im weiteren Sinne der Kreis: Am Hochfeld-Magnetlabor Dresden (HLD) widmen sich die Forscher (m/w/d) Eigenschaften von Materie, die sie in der Regel nur bei hohen Magnetfeldern und tiefen Temperaturen beobachten können. In beiden Bereichen verfügt das Institut über eine weltweit anerkannte Reputation. „Ich habe hier ein hervorragendes Umfeld gefunden, in dem ich meine Arbeiten zur magnetischen Kühlung weiter erfolgreich vorantreiben kann", fasst Gottschall seine Arbeitsbedingungen mit Blick in die Zukunft zusammen.