Handwerk : Warum Personalmangel herrscht und wie er behoben werden kann

Dimitrij Krasontovitsch Mitgründer Candidate Flow GmbH Experte Fachkräftegewinnung
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Derzeit herrscht eine enorm große Nachfrage im gesamten Handwerksbereich. Nicht nur Pandemie-bedingte Lieferengpässe von Materialen, sondern auch der Personalmangel sind mitverantwortlich, dass die Dauer, bis ein Auftrag abgewickelt werden kann, aktuell zuzunehmen scheint. Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften steigt somit – doch gibt es nicht genügend Personal auf dem Markt? Nein, so einfach ist dies nicht zu beantworten. Zwar gibt es viele Fachkräfte, welche den akuten Personalmangel in einigen Handwerksbetrieben kurzfristig mildern könnten. Doch es gibt deutlich weniger Personal, das fachlich und menschlich spezifisch zum Betrieb passt und somit auch langfristiger an ebenjenen gebunden werden kann. Zugleich wird der Nachwuchs im Handwerk weder ausreichend ausgebildet, noch gefördert. Seitens der Regierung fehlt es hier ganz klar an Förderungen für Lehrstellen, doch auch Eltern sehen für ihre Kinder oftmals den, in unserer Gesellschaft fälschlicherweise oftmals besser angesehenen, Werdegang eines akademischen Abschlusses vor.

Auch die Handwerksbetriebe haben häufig einen Anteil an der Situation, wenn es um die Gewinnung von Auszubildenden geht. Azubis erscheinen für mittelständige Betriebe zu teuer und zu zeitintensiv, gepaart mit dem Risiko, dass die Gesellen dann nicht im Handwerk bleiben oder in die Industrie wechseln. Durch diese Entwicklungen spitzte sich die Situation in den letzten 20 Jahren immer mehr zu, sodass wir nun den aktuellen Personalmangel im Handwerk zu beheben haben.

Das Handwerk erlebbar & attraktiv machen

Damit der Mangel nicht nur jetzt, sondern auch zukünftig behoben und ausgeglichen werden kann, muss die staatliche Unterstützung für diesbezügliche Ausbildungen steigen. Es muss ein systematischer Zugang zu Schulen für Betriebe geschaffen werden, damit diese ihr Handwerk auch für die jüngeren Generationen erlebbar machen können. Hier greift auch wieder der Punkt des Ansehens von Lehren und Ausbildungen in unserer Gesellschaft, es bedarf dringend einer Attraktivitätssteigerung – auch für Betriebe selbst, Auszubildende aufzunehmen. Es müssen finanzielle Anreize für Handwerksbetriebe geboten werden, welche etwaige Kosten und Risiken für Azubis ausgleichen können.

In Azubis muss investiert werden

Doch nicht nur staatliche Förderungen und Unterstützungen werden den Fachkräftemangel im Handwerk beheben können. Die Betriebe selbst müssen proaktiv handeln und sich intensiviert auf hohe Ausbildungsstandards und die Betreuung ihrer Lehrlinge fokussieren. Es müssen nicht nur mehr junge Leute ausgebildet werden, sondern auch so, dass sie anschließend im Betrieb bleiben wollen. Die Angst einiger Betriebe, Azubis könnten nach Abschluss ihrer Ausbildung sofort ihren Arbeitsplatz wechseln, ist oft ein Grund sich gegen das Anbieten einer Lehrstelle zu entscheiden. Je höher diese ihre Ausbildungsqualität setzen, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass Auszubildende langfristig im Unternehmen bleiben. Das belegen zahlreiche Erfolgsgeschichten von Handwerkbetrieben mit denen wir arbeiten, die nach Ausbildungsende keine Lehrlinge verlieren, weil sie ebendiese Punkte beachten.

Die Personalsuche digitaler gestalten

Personalmangel heißt zugleich Personalsuche. Betriebe müssen nun nicht nur die jüngere, noch auszubildende Generation, sondern zugleich auch berufserfahrene Fachkräfte erreichen. Für beide Zielgruppen bringen klassische Stellenausschreibungen oftmals keinen Erfolg mehr, zu groß ist der Streuverlust. Viel eher sollten Handwerksbetriebe ihre Personalsuche digitalisieren, denn in sozialen Netzwerken kann geeignetes Fachpersonal zielgruppengenau und individuell erreicht und angesprochen werden. Auch die Eigenpräsentation des Betriebes nimmt eine relevante Rolle ein, dieser sollte in der digitalen Welt präsent sein. Werden Online-Stellenausschreibungen z.B. Bilder oder Videos des Betriebes hinzugefügt, so können potentielle Bewerber einen authentischen Eindruck des Arbeitsklimas bekommen und die Attraktivität des Betriebes einstufen. Durch die Kommunikation der im Betrieb gelebten Wertvorstellung kann zudem eine Identifikationsebene mit Interessenten geschaffen werden. Denn dieselbe Wertehaltung stärkt den Zusammenhalt im Betrieb und bindet Personal langfristig an diesen.

Fazit – Wie kann der Personalmangel behoben werden?

Der akute Personalmangel im Handwerk kann nur dann behoben werden, wenn hier langfristig gedacht wird. Es bedarf deutlich mehr Investitionen in die handwerklichen Ausbildungen – sowohl finanzielle als auch personelle. Nicht nur staatliche Förderungen, sondern auch Betriebe selbst müssen das Potential und den Mehrwert erkennen, der damit einhergeht, wenn Ausbildungsplätze attraktiver gestaltet werden. Dafür muss das Handwerk für junge Leute erlebbar gemacht werden.

Es lohnt sich, in digitale Azubi-Gewinnungskampagnen zu investieren, um der jüngeren Generation in sozialen Netzwerken den Beruf sowie die Sinnhaftigkeit dieser Arbeit näherzubringen. Doch wird nun auch akut nach qualifizierten Fachkräften gesucht. Auch diese können digital optimal angesprochen und erreicht werden. Damit dem Handwerk künftig kein Personalmangel mehr bevorsteht, müssen Betriebe ihre Onlinepräsenz danach ausrichten, ihren Ausbildungs- und Arbeitsplatz authentisch und mithilfe visueller Elemente darzustellen. Werte werden hierbei immer wichtiger, denn das Gefühl von Sinnhaftigkeit und Wertschätzung in der Arbeit überzeugt meist mehr, als der finanzielle Aspekt allein.