Neue Regeln für die E-Wirtschaft und Nutzer : Das neue ElWG und seine (möglichen) Folgen
Das Gesetz zur Neuregelung der E-Wirtschaft ging im Jänner 2024 in Begutachtung (Stellungnahmen sind bis 23. Februar 2024 möglich). Das neue Gesetz soll das bisherige Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) ablösen.
Mit dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) sollen u. a. der Ausbau und Betrieb von Stromnetzen neu geregelt und die Rechte der Endkunden (m/w/d) gestärkt werden.
Positives, aber noch Diskussionsbedarf
Grundsätzlich begrüßen die Verteilernetzbetreiber den Entwurf, betonte der Geschäftsführer von Netz Burgenland, Florian Pilz, beim energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit (gemeinsame Plattform von fünf Verteilernetzbetreibern) am 09. Februar 2024: „Wir sehen viele richtige Ansätze, aber es gibt noch einigen Diskussionsbedarf, was die Regelungen für die Verteilernetze betrifft. Wir verstehen uns als Treiber der Energiewende, aber man muss uns diese Rolle auch ermöglichen.“
Brigitte Ederer, Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, verweist ebenfalls auf die Notwendigkeit, das Geschehen im Stromsystem rechtlich neu zu regeln: „Hier passiert ja gerade eine technologische Revolution durch die Umstellung auf erneuerbare Energien, die Digitalisierung und die Dezentralisierung des Stromsystems. Das zwanzig Jahre alte bestehende Gesetz ist dafür nicht mehr geeignet.“ Die Netze werden im künftigen Stromsystem eine zentrale Rolle spielen, so Ederer, „deshalb ist es besonders wichtig, wie die Aufgaben und Möglichkeiten der Netze künftig geregelt werden.“
Mehr Flexibilität und Praxisnähe wünschenswert
Als positiv beim ElWG hebt Pilz hervor, dass die Möglichkeiten der intelligenten Messgeräte für Planungs- und Forschungszwecke künftig besser genutzt werden können. Das Gesetz sieht auch eine neue Form der Dienstleistung im Stromsystem vor: Aggregatoren sollen unabhängig mit Strom handeln und im Auftrag von Konsumenten deren Verbrauch optimieren.
Eine länger bestehende Forderung der (Strom-)Netzbetreiber wurde jedoch nur in Ansätzen erfüllt: Netzbetreiber erhalten die Möglichkeit, mit den Einspeisern von erneuerbarem Strom dynamische oder statische Leistungsregelung zu vereinbaren. So können selten vorkommende extreme Leistungsspitzen vermieden werden. „Das wäre eine gute Möglichkeit, um die Netze zu entlasten und so in Summe mehr Strom aufnehmen zu können“, erläutert Pilz, „allerdings soll das laut Gesetzesentwurf nur befristet möglich sein. Für eine echte Effizienzsteigerung der Netze wäre es aber nötig, die dynamische oder statische Leistungsregelung dauerhaft vorzusehen.“ Produzenten würden dabei nur geringe Prozentsätze der Jahresproduktion nicht einspeisen können, wogegen die Aufnahmefähigkeit der Netze stark gesteigert würde.
Im anderen Fall erhöht sich die Notwendigkeit für den Ausbau der Netze. Dafür sind im ElWG unrealistische Fristen vorgesehen, kritisiert Pilz. Niederspannungsnetze (Netzebenen 7, 6 und 5) sollen bei Bedarf innerhalb eines Jahres ausgebaut werden, in der Mittelspannung (Netzebenen 4 und 3) sind zwei Jahre vorgesehen. „Das ist allein aufgrund der Lieferzeiten für Komponenten und Betriebsmittel in der Regel nicht einzuhalten“, so Pilz, „bei Transformatoren gibt es derzeit Lieferzeiten von bis zu zwei Jahren. Diese Fristen sollen gänzlich gestrichen werden - die Netzbetreiber bemühen sich auch ohne gesetzliche Verpflichtung um schnellstmöglichen Ausbau.“
Als überschießend stuft Pilz auch die Transparenzbestimmungen ein. Die Netzbetreiber sollen monatlich die freien Kapazitäten je Umspannwerk und Trafostation veröffentlichen müssen. Dies würde eine bessere Planbarkeit für Stromproduzenten ermöglichen, sei jedoch mit großem Aufwand für die Netzbetreiber verbunden und biete nur geringen Informationsgehalt. Zudem müssen die Netzbetreiber Kapazitäten für Störungsfälle vorhalten, was die Verfügbarkeit beeinflusst.
Parallel-Infrastruktur und faire Kostenverteilung?
Sehr kritisch sehen die Netzbetreiber die Bestimmungen über die Einrichtung von geschlossenen Verteilernetzen. Industrie- oder Gewerbegebiete sollen ihr eigenes gemeinsames, lokal begrenztes Netz errichten können, auf dem auch mit Strom gehandelt werden kann. Pilz: „Diese Mini-Netze würden keiner Konzessionspflicht unterliegen. Gleichzeitig befinden sie sich innerhalb des Konzessionsgebiets des öffentlichen Verteilernetzes. Dies führt zu einer parallelen Infrastruktur und zu rechtlicher Unsicherheit für die Verbraucher. Wir fordern deshalb, den Paragraphen 101 des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, wo dies geregelt wird, ersatzlos zu streichen“.
Weiterhin ungeklärt bleibt das Problem der fairen Kostenverteilung von Investitionen für die Energiewende. In Regionen, wo besonders viele Produktionsanlagen für erneuerbare Energien errichtet werden, steigt auch der Bedarf am Ausbau der Netze. Die Kosten für die Netze werden aber von den Endkunden (m/w/d) über die Netztarife getragen. Somit würden die Vorreiter des Klimaschutzes finanziell benachteiligt.
Monatliche Strom-Abrechnung – Kundenverunsicherung vorprogrammiert?
Nicht zuletzt erneuern die Netzbetreiber ihre Warnung vor möglichen negativen Folgen durch die Umstellung auf monatliche Strom-Abrechnung. Derzeit werden die Stromkosten jährlich abgerechnet und auf mehrere pauschale Zahlungen verteilt, die immer gleich hoch sind.
Wenn monatlich der tatsächlich ermittelte Verbrauch abgerechnet wird, kann die Stromrechnung in einem kalten Wintermonat (z. B. bei Wärmepumpen-Betrieb) leicht das Zehnfache eines warmen Sommermonats betragen (bei gleicher Jahressumme).
Pilz: „Das führt zu Verunsicherungen, bringt den Kunden wenig Nutzen und den Netzbetreibern einen hohen Aufwand. Die Monatsabrechnung sollte nur auf Wunsch der Kunden erfolgen.“