Panel-Diskussion : Architekten über Zukunftslösungen beim städtischen Bauen

Dietmar Eberle, Tina Gregoric, Heimo Scheuch, Kalle Jørgensen,

Diskutierten über Zukunftslösungen beim städtischen Bauen (v. l.): Dietmar Eberle, Gründer von Baumschlager Eberle Architekten; Tina Gregoric, Gründerin von Dekleva Gregoric Architects sowie Mitglied der Jury des Brick Award; Heimo Scheuch, Vorstandssitzender der Wienerberger AG; Kalle Jørgensen, Architekt bei Mangor & Nagel Architects.

- © Daniel Hinterramskogler

Beim Brick Award 22 wurden dieses Jahr wieder die kreativsten Beispiele moderner und innovativer Ziegelarchitektur ausgezeichnet. 789 Bauprojekte von Architekten aus 53 Ländern reichten für den Brick Award 22 ein – das unterstreicht die internationale Bedeutung dieses im Zweijahres-Rhythmus verliehenen Architekturpreises.
Anschließend an die Präsentation der (sehenswerten) Brick Award Gewinnerprojekte fand eine interessante Panel-Diskussion statt. Heimo Scheuch (Vorstandssitzender der Wienerberger AG), Dietmar Eberle (Gründer von Baumschlager Eberle Architekten), Tina Gregoric (Gründerin von Dekleva Gregoric Architects sowie Mitglied der Jury des Brick Award), und Kalle Jørgensen (Architekt bei Mangor & Nagel Architects), diskutierten darüber, vor welchen Herausforderungen Städte stehen, wie die Stadt der Zukunft aussehen kann und welche Lösungen und Ansätze heute dazu bereits vorhanden sind.

Brick Award 22, Winner, Jingdezhen Imperial Kiln Museum, China
Einer der Brick Award 22 Preisträger: Jingdezhen Imperial Kiln Museum, China. - © schranimage / Studio Zhu Pei

Energetisch effizientes Bauen

Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender der Wienerberger AG dazu: „Wir wollen mit dem Brick Award hervorragende und internationale Architekturprojekte präsentieren, die uns dabei helfen, innovative Lösungen für die Städte der Zukunft und für die Herausforderungen des Klimawandels und den Umgang mit begrenzten natürlichen Ressourcen zu finden. Ich freue mich, dass wir hier im Rahmen unserer Panel Diskussion nochmals zahlreiche Best Practice Beispiele für nachhaltige Lösungen und energetisch effizientes Bauen aufzeigen konnten. Dabei ging es nicht nur um die Projekte selbst, sondern vor allem um die Fragen, welche Antworten diese Bauprojekte in punkto lebenswerten Wohnraum, Einbindung in den öffentlichen Raum, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz bereits bieten können“.
Gerade die Verdichtung der Städte sei aus ökonomischen und ökologischen Gründen unumgänglich, um mehr Wohnraum auf kleinerer Fläche zu schaffen.
Dietmar Eberle
plädierte hier dafür, auch den Raum zwischen den Gebäuden häufiger in die Planungen miteinzubeziehen und als komfortablen öffentlichen Raum für die Menschen zu gestalten. Dazu ist es laut Kalle Jørgensen auch notwendig, dass neue Gebäude auf ihren Kontext reagieren und sich diesem anpassen, also dem architektonischen Charakter, dem sozialen Umfeld, den öffentlichen Räumen und den Straßen.

Integrierte Planung wichtig

Tina Gregoric plädierte für eine integrierte Planung zukünftiger Wohnquartiere, bei der städtebauliche und landschaftsarchitektonische Entwürfe als eine komplexe Entwurfsaufgabe entwickelt werden, anstatt Masterplan und architektonischen Entwurf zu trennen. In vielen Städten werden Großprojekte noch zu wenig als Gesamtidee geplant und umgesetzt, sondern in vielen Fällen mit vorgegebenen Volumen segmentiert, und ohne Bezug zueinander adaptiert.
Kalle Jørgensen wies darauf hin, dass der Masterplan 2019 für die Stadt Kopenhagen beispielsweise eine Mindestanzahl von Parkplätzen vorsieht, nämlich nur einen Stellplatz pro 250 m² Wohnfläche. Dieser Wert ist bewusst niedrig angesetzt, um die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, Carsharing und vor allem des Fahrrads als Alltagsverkehrsmittel zu fördern. Gleichzeitig werde durch die Verringerung des Autoverkehrs in der Stadt und das Abstellen von Autos unter der Erde der städtische Lebensraum vergrößert.

Was macht Städte in Zukunft lebenswert?

Bei der Frage was zukünftige Städte auch in Zukunft lebenswert macht, war sich das Panel einig, dass hier sowohl eine leistungsfähige Infrastruktur, aber auch attraktiver Raum für Erholung und Entspannung ineinandergreifen müssen. Für Dietmar Eberle gilt es hier auch vorab abzuwägen, welche verschiedenen Nutzen ein Gebäude selbst und im Einklang mit der Umgebung erfüllen soll. Kalle Jørgensen ergänzte dazu, dass „lebenswerte" Städte vor allem aus Orten bestehen, an denen eine vielfältige Gemeinschaft zusammenleben und gedeihen kann und an denen sich eine breite Mischung von Nutzungen überschneidet.
Gerade auch überhitzte städtische Wohnungen und urbane Wärmeinseln sind für immer mehr Menschen ein Problem.
Architektur und der Städtebau können laut Dietmar Eberle hier unterstützen, mehr Schatten produzieren und gleichzeitig so viel Platz wie möglich für große Bäume in den Städten schaffen. Die Anpflanzung und vor allem der Erhalt von Bäumen sorgen für eine natürliche, kostengünstige und energieeffiziente Kühlung der Stadt.
Kalle Jørgensen wies darauf hin, dass in den skandinavischen Ländern die Planung von nach Süden und Westen ausgerichteten städtischen Räumen – die das Sonnenlicht optimal nutzen und so konzipiert sind, dass die Außenbereiche vor Wind geschützt sind – ebenfalls dazu beiträgt, die Freiluftsaison zu verlängern. Aber auch Laubbäume spielen laut Kalle Jørgensen eine Rolle, da sie im Sommer Schatten spenden und im Winter durch das Abwerfen ihrer Blätter das Sonnenlicht durchlassen.

Wie sind Energieprobleme lösbar?

Abschließend ging die Runde der Frage nach, wie sich Energieprobleme in der Stadt der Zukunft nachhaltig lösen lassen. Zu den diesjährigen Projekten gehören zahlreiche Gebäude, bei denen lokale Materialien verwendet wurden, um Abfall zu reduzieren und Energie zu sparen. Andere vorgestellte Projekte basieren auf dem Konzept, bestehende Gebäude vor dem Abriss zu bewahren und durch Um- und Ausbauten zu erhalten.
Laut Dietmar Eberle ist hier die wichtigste Voraussetzung, die Erkenntnis, den eigenen Energiebedarf zu senken oder – anders ausgedrückt weniger Energie und Materialien zu verbrauchen. Um den Energieverbrauch zu senken, muss man auch wissen, wofür man die Energie verbraucht ‑ hier gibt es laut Eberle noch viel Forschungsbedarf, um diese Ansätze transparenter zu machen. Das Haustechnikkonzept 2226 von Baumschlager Eberle Architekten bietet mit einer hohen Lebensdauer und einer ganzjährigen wie ganztägigen Klimastabilität einen nachhaltigen Ansatz für die Zukunft.
Für Kalle Jørgensen ist ein wesentlicher Ansatz, sich in der Bauindustrie mehr auf die innere Konstruktion von Gebäuden zu konzentrieren. Das gelingt mittels schlankerer Bautechniken und der Wiederverwendung von Ressourcen. Dazu gehört auch den Einsatz von Materialien, insbesondere Beton, zu reduzieren und Gebäude ohne überflüssige Materialien zu entwerfen. Gleichzeitig verwies Tina Gregoric auch auf die Bestrebungen, bevorzugt Materialien aus der Region zu verwenden, um die Transportemissionen radikal zu reduzieren.
Alle Teilnehmer waren sich mit Dietmar Eberle einig, dass Baustoffe aus Ton den einzigartigen Vorteil haben, zu 100 % wiederverwendbar oder recycelbar zu sein, und dass sie eine perfekte Option für moderne Architektur in Europa, Asien und Amerika sind.