Energieimporte : Hat Donald Trump mit seinen Vorwürfen gegen Deutschland recht?

Donald Trump
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Dass er im Stau gestanden wäre, ist wohl keine Erklärung für die rätselhafte Verspätung von Donald Trump bei der gestrigen Generaldebatte der Vereinten Nationen in New York. Auf dem rund 1,6 Kilometer langen Weg vom Trump Tower bis zum Hauptquartier der Vereinten Nationen riss der US-Präsident eine Verspätung von 30 Minuten auf und warf das Line Up der Redner durcheinander. Dafür war er dann in seiner Rede umso schneller bei den Vorwürfen gegenüber anderen Nationen.

Auch Deutschland fing sich einen Rüffel des angriffslustigen US-Präsidenten ein - und zwar wegen seiner Energieimporte. "Deutschland wird bald zu 100 Prozent von russischer Energie abhängig sein, wenn es seinen Kurs nicht ändert", so der US-Präsident.

Kann das stimmen? Hat Trump diesmal nicht gelogen?

Doch. Zwar ist Russland mit Abstand der wichtigste Lieferant von Erdgas für Deutschland, von einer 100prozentigen Abhängigkeit kann aber keine Rede sein. Nach Berechnungen des deutschen Erdgas-Anbieters Wingas wird der Anteil russischen Gases an den Importen im Jahr 2020 bei gerade einmal 30 Prozent liegen. Andere große Importeure sind Norwegen oder die Niederlande. Insgesamt werden 93 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs aus Importen gedeckt, nur sieben Prozent in Deutschland selbst produziert. Nur bei der Energieerzeugung aus Erneuerbaren oder auch Braunkohle ist Deutschland zu 100 Prozent autark.

Laut den Exportstatistiken von Gazprom hat der russische Energieriese im Jahr 2017 rund 53 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach Deutschland exportiert. Deutschland ist damit der wichtigste Gaskunde der Russen - und wird mit dem Bau der Nordstream 2-Pipeline wohl noch wichtiger. Zum Vergleich: nach Österreich lieferte Gazprom rund neun Milliarden Kubikmeter.

Insgesamt deckt Deutschland derzeit rund 64 Prozent des Energiebedarfs aus Importen - aber eben nicht nur aus Russland. In der EU liegt die Energieimportquote bei 54 Prozent.