In Österreich war es OMV-Chef Rainer Seele, der unlängst für Aufsehen sorgte. Der Mann, der qua Amt bislang nicht unbedingt als entschiedener Befürworter des Ausstiegs aus der fossilen Energiegewinnung aufgefallen ist, formulierte unlängst: „Wir werden das Öl mehr veredeln und weniger verbrennen.“ Was Seele allerdings auch sagte: Der Schwenk zur Veredelung für die OMV wird nicht ganz aus freien Stücken erfolgen. Denn angesichts der politisch vorgegeben Klimastrategie werde die Nachfrage nach Benzin und Diesel mittelfristig sinken: „Deshalb müssen wir uns die Frage stellen, was die Alternative zur Produktion von Benzin und Diesel ist.“
Aber auch anderswo scheinen die Petro-Giganten umzudenken. Mitte Februar hat etwa Shell den Heimakku-Hersteller Sonnen übernommen, ein Unternehmen, das nach eigenen Angaben bereits über 40.000 Batterien installiert hat und somit Marktführer für intelligente Stromspeicher ist. Der französische Erdölriese Total wiederum engagiert sich mit seiner Tochtergesellschaft SunPowers bereits seit einiger Zeit in der Photovoltaik-Branche. In Südafrika hat das Unternehmen zum Beispiel das bislang größte Photovoltaik-Projekt des Landes umgesetzt. Kapazität: immerhin 86 MW. Und in Österreich experimentiert die RAG, ursprüngliches Unternehmensziel „Rohöl-Aufsuchung“, damit, erneuerbares Gas aus Sonne und Wasser zu gewinnen.
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Notfallmaßnahme
Ganz überraschend sind solche Ausflüge von Erdöl- und Erdgas-Unternehmen in die Welt der Erneuerbaren Energie allerdings nicht, wie Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energien an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin erklärt: „Natürlich erkennen diese Unternehmen, dass Erneuerbare Energie ein absoluter Zukunftsmarkt ist. Ich sehe deren diesbezügliches Engagement aber eher als einen Versuch, gewissermaßen den Fuß in der Tür zu haben. Erneuerbare Energien massiv voranzutreiben, wäre aus der Sicht solcher Konzerne kontraproduktiv.“
Und tatsächlich: Viele der Konzerne, die auf Förderung fossiler Energie setzen, haben in den letzten Jahren große Investitionen getätigt, die sich erst in zwanzig oder gar vierzig Jahren amortisieren werden. „Sie werden also eher versuchen, den endgültigen Ausstieg aus der Nutzung von Erdöl, Erdgas und Kohle zu verschleppen, als ihn zu beschleunigen“, sagt Quaschning.
Und außerdem: Mit Erdöl, Erdgas und anderen fossilen Energieträgern lässt sich immer noch sehr gut Geld verdienen, wie Peter Traupmann, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur ausführt: „Die aktuellen Geschäftsmodelle der Öl-Unternehmen sind ja nach wie vor sehr rentabel, die weltgrößten Öl-Konzerne Chevron, Exxon, BP, Shell und Total haben 2018 zusammen 80 Milliarden US-Dollar verdient. Immerhin gleich viel wie vor dem Ölpreis-Crash 2014, nur dass der Ölpreis im Vorjahr im Schnitt bei 71 US-Dollar je Barrel lag, 2014 aber durchschnittlich 99 US-Dollar betrug.“
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Geschäftsmodell mit Ablaufdatum
Zugleich betont aber Traupmann, dass das Geschäftsmodell der Öl-Riesen eines mit Ablaufdatum ist: „Die Vision einer fossilfreien Zukunft steht in der langfristigen Betrachtung außer Zweifel. Nun geht es darum, dass wir so rasch wie möglich mit der Umsetzung beginnen.“
Passiert das, werden auch die Ölkonzerne umdenken, und zwar nicht wie derzeit in homöopathischen Dosen, sondern richtig, meint auch Volker Quaschning: „Wenn die Politik ein unmissverständliches Bekenntnis zum Ausstieg aus den fossilen Energien ablegen würde, hätte das zur Folge, dass weitere Investments in diesen Sektor unterbleiben. Denn dann wäre allen klar, dass sich das nicht mehr rechnen kann.“