Kühle Räume ohne Klimaanlage : Energiespeicher Beton reguliert Raumklima und Energiebilanz

Einfamilienhaus Pfaffstätten (NÖ)
© Wieland Moser

Über kühle Räume ohne Klimaanlage, trotz langanhaltender Hitzeperiode, verfügen ein Passiv-Einfamilienhaus in Pfaffstätten (NÖ) und das mehrgeschossige Passivwohngebäude „generationen: wohnen am mühlgrund“ in Wien. In beiden Wohngebäuden wurde vom Wiener Ingenieurbüro Käferhaus eine besondere Innovation zur Temperierung von Gebäuden eingesetzt. Genutzt wird dafür die Speichermasse von Beton mittels sogenannter Bauteilaktivierung.

Modellrechnungen von Klimaexperten prognostizieren, dass es in unserem Raum bis 2100 doppelt so viele heiße Tage geben wird wie gegen Ende des 20. Jahrhunderts. So werden zunehmend mehr Wohnungen mit Klimageräten gekühlt – verbunden mit hohen Energiekosten und hoher CO2-Belastung. Eine möglichst ausgeglichene Energiebilanz ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal bei Neubauten. „Mit der Nutzung der aktivierten Speichermasse von Beton wird bei einem Minimum an Energieverbrauch ein Maximum an Wohnkomfort erreicht“, so DI Felix Friembichler, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ). In Kombination mit erneuerbaren Energien wie Solarenergie, Umgebungswärme oder Photovoltaik werden Gebäude zu Energie-Selbstversorgern.

DI Felix Friembichler, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ) Bild: VÖZ

Simples Prinzip der Speichermasse Beton

Der Baustoff Beton hat eine außerordentlich hohe Wärmeleit- und Wärmespeicherfähigkeit. Er speichert eine große Menge Wärme oder Kühle und gibt diese wie ein Kachelofen an die Umgebung ab. Das Prinzip zur Nutzung als Energiespeicher ist simpel: Bauteile aus Beton wie Bodenplatte oder Wände werden „aktiviert“ und als Heiz- bzw. Kühlelemente genutzt, indem wasserdurchströmte Kunststoffrohre eingelegt werden. Je nach Bedarf wird im Winter warmes oder im Sommer kühles Wasser eingespeist. Das Ingenieurteam des auf Haustechnik und Bauklimatik spezialisierten Unternehmens TB Käferhaus GmbH stellt zwei aktuelle Wohnprojekte vor, welche die Speichermasse von Beton erfolgreich zur Temperierung nutzen.

Bodenplatten als Kühlakku für Einfamilienhaus Pfaffstätten (NÖ)

Im 2012 errichteten Einfamilienhaus in Pfaffstätten funktioniert die Kühlung im Sommer sogar ohne Bauteilaktivierung. Die Speichermasse der 50 cm dicken Bodenplatte und der Decken aus Beton reicht aus, um selbst bei wochenlanger Hitze eine konstante Raumtemperatur unter 26 Grad Celsius zu halten. So bleibt es nicht nur im Souterrain, sondern auch unter dem Dach angenehm kühl. „Die Bewohner des Hauses sind begeistert und loben das angenehme Raumklima. Die Technologie funktioniert einwandfrei“, erklärt Ing. Wieland Moser von Käferhaus und ergänzt: „Wir sind mit der Technologie des Energiespeichers Beton bei diesem Haus bereits wieder einen Schritt voraus.“ Mit einem eigens entwickelten Rechenmodell wird geprüft, welche Masse die Bodenplatte eines Gebäudes braucht, um ganzjährig ein konstantes Raumklima zu sichern. „Eine Aktivierung der Platte mittels Kaltwasser ist im Sommer gar nicht nötig“, so Moser weiter. Nur im Winter wird in Kombination mit Solarkollektoren warmes Wasser durchgeleitet. Über eine konventionelle Heizung verfügt das energieautarke Passivhaus nicht.

Energielieferant Beton im Wohnhaus am Mühlgrund (Wien)

Von 2007 bis 2012 wurde im 22. Wiener Gemeindebezirk das BUWOG-Wohnprojekt „generationen: wohnen am mühlgrund“ errichtet. Ein solar aktives Passivhaus, das nach Süden hin geöffnet und orientiert ist und gegen die anderen Himmelsrichtungen über einen räumlich ausgebildeten Klimapuffer verfügt. Käferhaus und ARTEC Architekten zeichnen für die Entwicklung verantwortlich. „Die Gebäudetemperierung funktioniert hier mit einer aktivierten Beton-Bodenplatte, die das ganze Jahr von Grundwasser umflossen wird und so fast immer die gleiche Temperatur hat“, erklärt Moser. Die Raumluft wird im Winter vorgewärmt und im Sommer abgekühlt. Die Energie für Wärme und Kälte ist kostenlos, abgesehen von einem minimalen Strombedarf für die Pumpe. Konventionelle Heizregister in der Lüftungsanlage sind nicht mehr erforderlich. Das Projekt erfüllt hinsichtlich Energieeffizienz und Klimaschutz höchste Anforderungen und wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem von ÖGNB (Österreichische Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) und klima:aktiv.