Corona-Maßnahmen : Wie kann es nach dem Shutdown weitergehen?

© HLK/E. Herrmann

Die Welt, wie wir sie kannten, hat sich aufgelöst, und zwar binnen weniger Wochen. Wer hätte das je für möglich gehalten? Besonders hart hat es dabei die Messe- und Seminarveranstalter getroffen. Alle Messen, Seminare, Kongresse, Veranstaltungen in Europa wurden abgesagt oder verschoben. Büros waren vielerorts komplett verwaist, weil halb Europa im Homeoffice arbeitet, zahlreiche Baustellen mussten stillgelegt werden.

Produktion und Lieferketten auf dem Prüfstand

Etwas anders war die Situation im Industriebereich. Hier konnte mitunter weiterproduziert werden. HLK fragte Gerhard Glinzerer, Geschäftsführer und Eigentümer der österreichischen HERZ-Gruppe, wie sich die Corona-Krise auf die Unternehmensgruppe auswirkt: „Wir haben erfreulicher Weise bis dato keinen Corona-Fall bei HERZ und setzen überall entsprechende Hygienemaßnahmen um. Bis vor 14 Tagen lief alles bestens. Dann kamen die Corona-Maßnahmen in den jeweiligen Ländern Europas. Unsere Fabrik in Italien musste zwangsweise schließen. An den anderen Produktionsstandorten wie in Slowenien, Serbien oder Polen konnte zu dieser Zeit noch weitergearbeitet werden. Auch in Österreich produzieren wir und können noch solange arbeiten, wie wir auf Material zurückgreifen können. Wir haben zwar viel Material auf Lager, beziehen Komponenten aus Europa und nicht aus China, und sind damit ganz gut aufgestellt ‑ aber wenn in absehbarer Zeit beispielsweise keine O-Ringe oder Drehteile mehr geliefert werden können, weil die Grenzschließungen den Transport unmöglich machen, müssen wir auch hier daran denken, die Produktion runterzufahren. Aber noch sind wir nicht soweit. Jetzt freuen wir uns einmal über das Erreichte und den besten Jahresumsatz in der Firmengeschichte.“ Dass die HERZ-Gruppe mit rund 3.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, 36 Produktionsstandorten im In- und Ausland, und einem Umsatz von rund 500 Millionen Euro der größte österreichische Hersteller von Heizungen und Armaturen in der SHK-Branche sowie mit der Hirsch Servo bedeutender Produzent von Dämmstoffen ist, sei noch angemerkt. Wie es nach der Coronakrise in der Branche weitergehen könnte, ist auch für Glinzerer noch eine Unbekannte – nur soviel: „Es wird vermutlich nicht so lustig sein“.

Marktbereinigung

HLK fragte den Obmann-Stellvertreter des Fachverbandes Ingenieurbüros, Roman Weigl, zu seiner Lageeinschätzung: „Die Welt steht nicht ganz still, obwohl die Auswirkungen der Corona-Pandemie natürlich enorm sind. In den letzten Wochen hatte ich vermehrt Gespräche mit Unternehmen, bei denen es hauptsächlich um rechtlich-praktische Fragen ging. Wie geht man zum Beispiel vor, wenn Kontrollen oder Abnahmen auf Baustellen anstehen, diese aber nicht durchgeführt werden können, weil die Arbeiten eingestellt wurden. Wie erhalte ich meine wertvollen Mitarbeiter im Unternehmen, denn von Corona abgesehen, sucht derzeit die Branche qualifiziertes Fachpersonal.“

Weigl macht sich aber vor allem über die langfristigen Folgen der Covid-19 Pandemie Gedanken: „Wir werden uns wirtschaftlich rasch erholen, nur die Bevölkerung muss sich im Klaren sein, dass wir all die enorm kostenintensiven Maßnahmen erst durch eine florierende Wirtschaft wieder erarbeiten müssen. Leider ist zu erwarten und zu befürchten, dass es zu einer Marktbereinigung auf der Anbieterseite im Bau- und Installationsbereich kommen wird. Außerdem gehe ich davon aus, dass Homeoffice und Shared Desk zukünftig zum Fixbestandteil werden. Technologisch haben die Unternehmen dafür jetzt aufgerüstet. Projektbezogen wird hier wahrscheinlich öfter gemeinsam über die Cloud mit BIM-Mitteln gearbeitet. Allerdings haben wir in Europa ein grundsätzliches Problem der Einheit zu stemmen. Wir in Europa sind sehr dienstleistungsorientiert, wir leben von visionären Entwicklungen. Das momentane Auseinanderdriften Europas stärkt uns nicht – hier haben die Staaten, und die EU, noch einiges zu lernen, damit wir global nicht ins Hintertreffen geraten“.

Erstmals: Verordneter Wirtschafts-Abschwung

Den Shutdown großer Teile der Wirtschaft durch den Aufruf von Regierungen hat es vorher noch nie in der Geschichte gegeben. Noch gibt es viel Verständnis für die Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Ausbreitung des Coronavirus – das könnte sich aber ändern. Denn Fakt ist, dass die Wirtschaft in Summe einen immensen Schaden erlitten hat. Und die Zahl der Arbeitslosen ist dramatisch gestiegen. Es ist leider davon auszugehen, dass manche Geschäfte, Hotels, Gastronomie- und Gewerbebetriebe bereits für immer geschlossen haben.

Klar ist auch: Je länger die Corona-Eindämmmaßnahmen dauern beziehungsweise die Wirtschaft im Schlafmodus gehalten wird, desto härter und dramatischer werden die Auswirkungen sein. Wie stark der Schaden in der Wirtschaft tatsächlich ist, zeigt sich also erst in den nächsten Monaten.

Höher als Corona-Zahlen: Arbeitslose! Und Insolvenzen?

Das von heute auf morgen weggebrochene Arbeitspensum veranlasste viele Geschäftsführer zum Handeln. Auch im Installationsbereich. Österreichweit wurde mit Kündigungen und Kurzarbeit darauf reagiert. Die Zahl der Arbeitslosen stieg dramatisch rasanter an, als die Zahl der Coronafälle. Seit Mitte März 2020 verzeichnet das Arbeitsmarktservice (AMS) erheblich steigende Fallzahlen. 504.345 Menschen ohne Beschäftigung gab es Ende März 2020 in Österreich. Um 52,5 Prozent mehr als im Vergleich zum Vorjahresmonat. Rechnet man Arbeitslose und Schulungsteilnehmer zusammen, kommt man auf 562.522 (+193.543) Menschen ohne Beschäftigung. Derart schlechte Arbeitsmarktzahlen gab es zuletzt im Jahr 1946. Mit einem weiteren Anstieg ist leider zu rechnen.

Anders verhält es sich im Bereich Insolvenzen. „Aktuell sehen wir bei der Zahl der Insolvenzanträge eine Delle. Zwar ist es auch jetzt möglich, Insolvenzanträge einzubringen, doch die Unternehmen halten sich momentan zurück und evaluieren, welche Möglichkeiten der Rettungsschirm für sie parat hat“, erklärt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding. „Zweifellos wird es aber ab dem Frühsommer zu einem deutlichen Zuwachs bei den Firmenpleiten kommen. Wie hoch dieser ausfallen wird, hängt auch stark davon ab, wann und wie rasch der heimische Wirtschaftsstandort wieder auf Normalbetrieb umstellen kann.“ Mit einer Steigerung der Unternehmensinsolvenzen von rund zehn Prozent - wie 2009 im Zuge der Finanzkrise - ist jedoch zu rechnen“.

Appell: „Verfallen Sie in keine Krisenlethargie“

Die Nerven bei vielen Ein-Personen-Unternehmen und KMUs liegen blank. Auch sie wissen nicht, ob und wie es weitergeht. „Ich weinte drei Tage durch“, berichtete mir eine Person am Telefon, ein anderer Installateur: „Als EPU halte ich zwei bis drei Monate durch. Dann ist es aus“.

Für manche Unternehmen könnte sich mitunter sehr rasch die Liquiditätsfrage stellen. Der KSV1870 appelliert in einer Aussendung, nicht in eine Krisenlethargie zu verfallen: „Unternehmen müssen jetzt deutlich proaktiver agieren als noch vor wenigen Wochen. Dabei spielt die Transparenz gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und den eigenen Mitarbeitern eine zentrale Rolle“, erklärt Vybiral. Neben der Inanspruchnahme finanzieller Mittel, die das von der Bundesregierung ins Leben gerufene Maßnahmenpaket in Form von Überbrückungsfinanzierungen oder Förderungen bietet, gehe es auch darum, den Kontakt mit Geschäftspartnern sehr engmaschig zu halten. Wichtig dabei ist, sämtliche Vereinbarungen auch schriftlich zu dokumentieren, um nach der Krise nicht in die juristische Bredouille zu geraten“.

Hoffnungsschimmer: Wie es weitergehen könnte

Windhager Geschäftsführer Manfred Faustmann äußert sich gegenüber HLK zur aktuellen Branchenlage und sieht trotz oder wegen der aktuellen Herausforderungen auch Vorteile für die SHK-Branche sprechen. Er meint, dass „der Installateur und Heizungsbauer der einzige Garant für eine funktionierende Infrastruktur in den Haushalten in punkto Heizung- und Warmwasser-Versorgung ist. Daher wird sein Zugang zu den Privat-Haushalten auch in Zukunft immer aufrecht bleiben müssen“. Gerade in der Corona-Pandemie zeigt sich, wie wichtig ein warmes Zuhause ist – eine funktionierende Heizung ist und bleibt essenziell. Hoffnung gibt auch die Kesseltausch-Förderung. Das Klimaschutzministerium stellt heuer für den Tausch von Kesseln, die von fossilen auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden, 100 Millionen Euro Förderung bereit. Die 5.000 Euro vom „Raus aus dem Öl“-Bonus“ können durch den Bezug einer zusätzlichen Landesförderung noch deutlich erhöht werden. Das WIFO prognostizierte Ende März, dass es bei den dauerhaften Konsumgütern im Herbst 2020 eine längere Phase von stärkeren Nachziehkäufen geben könnte. Es gibt also auch Hoffnung.