Energieeffizienz-Richtlinie : Was meine Suche nach einer neuen Heizung mit der Europäischen Union zu tun hat

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© Rogier Chang

Vor ein paar Wochen hat unsere Heizung zuhause aufgemuckt –sehr lästig, gerade jetzt, wo die kalte Jahreszeit vor der Tür steht. Aber eigentlich auch kein Wunder, denn unser Gasheizkessel hat ein stolzes Alter von gut und gerne 25 Jahren. Da kann man schon einmal Ermüdungserscheinungen an den Tag legen. Das wurde von der gesamten Familie allerdings bislang erfolgreich verdrängt. Denn in den seltenen Momenten, in denen die Frage nach der neuen Heizung zumindest kurz andiskutiert wurde, waren sich alle sofort einig – und das kommt wirklich selten vor: lieber von dem Geld einen richtig schönen Urlaub finanzieren, als es in einen langweiligen Heizkessel investieren. Tja, und jetzt haben wir den Salat und müssen schnell eine Lösung finden, wenn wir im kommenden Winter nicht frieren wollen.

Warum ich das erzähle? Weil wir - leider - keine Ausnahme sind. Aus einer neuen Untersuchung des BPIE (Building Performance Institute Europe) geht hervor, dass 97 Prozent aller Gebäude in Europa renovierungsbedürftig und nicht energieeffizient sind. Wollen wir aber den europäischen Fahrplan für eine kohlenstoffarme Wirtschaft bis 2050 erfüllen – eine Mindestvoraussetzung für das Pariser Klimaschutzabkommen – dann muss sich hier schleunigst etwas bewegen, denn Gebäude stehen für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs in Europa.

Lichtjahre entfernt

Doch leider scheinen wir davon im Moment Lichtjahre entfernt zu sein, wenn ich mir die Debatte zur Gebäudeeffizienzrichtlinie, auch bekannt unter dem Namen EPBD (Energy Performance of Buildings Directive) anschaue, die gerade in Überarbeitung ist. Was eine echte Chance für den Gebäudesektor in Europa sein und die Renovierungsrate vorantreiben könnte, könnte sich glatt ins Gegenteil verkehren, ginge es nach dem konservativen Willen mehrerer Mitgliedsstaaten, die zu starke Einflussnahme aus Brüssel fürchten. Glücklicherweise ist noch nicht aller Tage Abend, und die Position des EU-Parlaments ist wesentlich ehrgeiziger. Trotzdem sind wir noch weit von einer zufriedenstellenden Lösung entfernt.

Streitbare Industrie

Da ist es kaum verständlich, dass die Industrie wertvolle Energien vergeudet. Zum einen, um sich untereinander zu streiten, was denn nun mehr zur Energieeffizienzsteigerung beiträgt: gute Isolierung oder doch besser ein effizientes Heizsystem und wenn Letzteres, dann welches? Zum anderen, um sich mit den Erneuerbaren einen Wettstreit zu liefern, was wichtiger ist: der Übergang zu Erneuerbaren Energien oder aber die Verringerung des Energieverbrauchs. Die einen befürchten, dass Energieeffizienz unter den Tisch fallen könnte, solange nur genug Erneuerbare eingesetzt werden. Die Anderen glauben, dass bei zu viel Energieeffizienz kein Ansporn mehr für die Nutzung erneuerbarer Energien bestehen könnte und malen das Horrorszenario ewigen Kohlestroms an die Wand.

Dabei wäre es viel wichtiger, zusammenzuhalten und gemeinsam für beides zu kämpfen: die Verringerung des Energiebedarfs durch Energieeffizienz und die Steigerung der erneuerbaren Energien im Hinblick auf eine schrittweise Elektrifizierung, die ja weit über den Gebäudebereich hinausgeht und etwa auch für die Mobilität eine Schlüsselrolle spielt.

Welches System nehme ich denn nun?

Aber zurück zu unserer Heizung. Selbst wenn am Ende hoffentlich doch noch ein vernünftiger Kompromiss für die Gebäudeeffizienzrichtlinie verabschiedet wird, was von den Verhandlungen zwischen EU-Kommission, EU-Mitgliedsstaaten und EU-Parlament in den nächsten Wochen abhängt, ist damit unser unmittelbares Heizungsproblem leider nicht gelöst. Wärmepumpe, Gas-Brennwertkessel oder vielleicht doch besser eine Hybridheizung? Der Handwerksbetrieb um die Ecke schlägt den Brennwertkessel vor – aber nicht, weil dieser das für uns am besten geeignete System wäre, sondern vor allem, wie ich vermute, weil er sich damit am besten auskennt und sich dieser für ihn selbst am besten rechnet. Wir haben uns noch nicht entschieden und sind uns durchaus bewusst, dass Gas keine Lösung für die Zukunft sein kann. Aber zugegebenermaßen lässt sich das finanzielle Argument auch nicht so einfach beiseite wischen. Denn mit dem Brennwertkessel könnten wir uns auch den schönen Familienurlaub leisten. Mit der Wärmepumpe nicht.

Da kann die Politik viel reden – gegen diese Argumente ist schwer anzukommen. Und doch muss man genau dort ansetzen, wenn man wirklich etwas erreichen will. Kann eine gut überarbeitete EPBD ein Zeichen setzen? Ich denke schon, aber allein damit ist es mit Sicherheit nicht getan. Unser gesamtes Energiesystem muss komplett umgekrempelt werden, wenn es uns ernst ist mit einem kohlenstoffarmen Gebäudesektor und grundsätzlich mit einer kohlenstoffarmen Zukunft in 2050. Die nächsten Jahre versprechen also, spannend zu werden, denn noch stehen wir ganz am Anfang.