Konjunkturflaute : Wachstumsimpulse für Gewerbe und Handwerk gefordert
Informierten über die Lage des
Gewerbe und Handwerks und fordern
belebende Konjunkturmaßnahmen (v. l.):
KommR BM Ing. Hans-Werner Frömmel, BIM der
Bundesinnung Bau in der WKÖ;
KommR Ing. Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der
Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der WKÖ;
Prof. Dr. Reinhard Kainz, GF der Bundessparte Gewerbe und
Handwerk in der WKÖ;
Dr. Walter Bornett, Direktor der
KMU Forschung Austria. Bild: Bildquelle Zum Gewerbe und Handwerk zählen (laut Statistik Austria, Wirtschaftskammer Österreich/WKO, KMU Forschung Austria) 73.810 Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen mit 501.907 Beschäftigten, die Umsatzerlöse von rund 64 Mrd. Euro erwirtschaften (2011). Und deren Konjunktursituation ist so eingetrübt wie schon seit 5,5 Jahren nicht mehr. Im ersten Halbjahr sind die Umsätze bzw. Auftragseingänge beim Gewerbe und Handwerk gegenüber dem Vorjahr um 2,4 % gesunken. Besonders betroffen ist davon nahezu der gesamte Bau- und Baunebensektor. Und auch im dritten Quartal hat sich das Stimmungsbarometer weiter verschlechtert (siehe weitere Meldung auf hlk.co.at). Betriebe mit schlechter Geschäftslage finden sich im Bereich Bau, bei den chemischen Gewerben, Konditoren, Kfz-Technikern und Installateuren. Der Auftragsbestand ist mit minus 2 % weiter gesunken. „Trotz dieser widrigen Umstände und pessimistischen Einschätzungen wird das Gewerbe und Handwerk seinen Beschäftigtenstand halten. Die Position als Arbeitgeber Nummer 1 ist dadurch nicht gefährdet“, betonte Walter Bornett, Direktor der KMU Forschung Austria, bei der Pressekonferenz der WKO/Bundessparte Gewerbe und Handwerk (WKO/bsgh) am 30. September 2014. Die Spitzen der WKO/bsgh formulierten bei der Pressekonferenz ihre Sorge über die sich eingetrübten Einschätzungen der Unternehmen und appellieren an die politisch Verantwortlichen Impulse für mehr Wachstum zu setzen. Dazu präsentierte man einige Vorschläge.
Notwendigkeit von Konjunkturmaßnahmen
Angesichts der aktuellen Konjunkturschwäche besonders im Gewerbe und Handwerk sind Impulse notwendig, um wieder für mehr Wachstum und Beschäftigung sorgen zu können. „Das Gewerbe und Handwerk unterstützt die wachstumsfördernden Maßnahmen, wie sie die Regierung in ihrer Klausur am Wochenende beschlossen hat, insbesondere die angekündigte Erhöhung der öffentlichen Investitionen um 7 Prozent. Zudem sollten alle Modelle unterstützt werden, die sich über die Laufzeit der Investitionen auch für die öffentliche Hand rechnen bzw. höhere Einnahmen aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen bringen. Das bedeutet mehr Beschäftigung und einen gestärkten Wirtschaftsstandort Österreich", fordert Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
Handwerkerbonus ausweiten
An erster Stelle steht dabei der Handwerkerbonus, der laut WKO/bsgh seit 1.7.2014 gut angelaufen sei und zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und Konjunkturbelebung dient. Gegen Ende September 2014 waren insgesamt rund 8.300 Projekte eingereicht, mit einem Förderbarwert von über 3,3 Mio. Euro. Da sich die Fördermaßnahme durch das erhöhte Steueraufkommen gegenfinanziert, setzt sich das Gewerbe und Handwerk dafür ein:
- die Förderhöhe von 600 Euro auf 1.200 Euro zu erhöhen,
- die Budgetdeckelung zu beseitigen
- und den Anwendungsbereich auf Leistungen im Neubau sowie im Außenbereich von Wohngebäuden zu erweitern.
Staatliche Förderung bewirkt mehr Sanierungen
Ein weiteres, sich selbst finanzierendes Modell ist die Thermische Sanierung. 100 Mio. Euro staatliche Förderung lösen ein Sanierungsvolumen von mindestens 650 Mio. Euro im Inland aus. Damit werden 7.000 Arbeitsplätze gesichert und Arbeitslosengeld in Höhe von 95 Mio. Euro gespart. Das Modell bringt dem Finanzminister 70 Mio. Euro an Lohnsteuer und der Sozialversicherung 104 Mio. Euro an Beitragszahlungen. Zudem lukriert der Finanzminister 91 Mio. Euro Umsatzsteuer bei Privatgebäuden.
Andere Modelle sind Investitionen in die Wohnbau-Infrastruktur, die steirische Winterbauoffensive und vor allem auch die seniorengerechte Adaptierung von Wohnraum, die sich - verglichen zu Pflegekosten in einem Heim bei Pflegestufe 4 - bereits nach längstens zwei Jahren rechnet.
Verpflichtendes Bestbieterprinzip gesetzlich verankern
Verbesserte Wettbewerbsbedingungen für Gewerbe und Handwerk schafft eine faire Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand. Damit werden auch Arbeitsplätze in Österreich gesichert. Denn Billigstanbieter mit Billigstarbeitern bedrohen regionale Arbeitsplätze. Gleicher Grundlohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort ist gesetzlich geregelt, die Umsetzung dieses Prinzips lässt aber noch zu wünschen übrig.
„Die Bekämpfung von Scheinfirmen, Sozialdumping und ruinösen Niedrigstpreisen ist angesichts der aktuellen Arbeitslosenzahlen ein Gebot der Stunde. Um Wettbewerbsverzerrungen hintanzuhalten, unter denen die heimischen seriösen Betriebe derzeit leiden, bedarf es aber der gesetzlichen Verankerung des verpflichtenden Bestbieterprinzips und weiterer Maßnahmen aus dem Forderungskatalog der 'Faire Vergaben'-Initiative. Außerdem wollen wir aufzeigen, dass die Regierung mit gezielten Investitionen in Wohnraum und bauliche Infrastruktur ein Mehrfaches an Steuereinnahmen lukrieren kann. Einige dieser Investitions-Modelle, wie z.B. seniorengerechte Sanierungsmaßnahmen, finden sich bereits im Regierungsprogramm. Diese müssen nun dringend umgesetzt werden“, bringt es Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel auf den Punkt.
Forderung von Gewerbe und Handwerk
+ Verlängerung der Gültigkeit der Schwellenwerte-Verordnung zur Stärkung der regionalen Wirtschaft, insbesondere durch rasche Zustimmung seitens der Bundesländer.
+ Verpflichtende Anwendung des Bestbieterprinzips bei öffentlichen Aufträgen durchsetzen.
+ Transparenz im Bereich der Subunternehmervergabe - Auftraggeber und Bieter sollen sich über die Zuverlässigkeit und finanzielle Leistungsfähigkeit der Subunternehmer (und Sub-Subunternehmer) informieren können.
+ Prüfung der Preisangemessenheit der Angebote: Damit kann kalkulatorisch nachvollzogen werden, dass Bieter und ihre Subunternehmer in der Lage und willens sind, im Rahmen der Auftragsabwicklung auch das Personal entsprechend den österreichischen gesetzlichen Vorschriften zu entlohnen.