Energiewende : Rotmilan und Erdschneise: Daran scheitert die Energiewende in Deutschland

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Bis 2050 will Deutschland die nationalen Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 reduzieren. Erreicht werden soll dieses Ziel für die Energiewende durch verstärkte Maßnahmen in den Bereichen erneuerbare Energien und Klimaschutz – doch hier hapert es gewaltig.

Photovoltaik-Deckel

Für den Ausbaustopp der Photovoltaik könnte zukünftig die 52 Gigawatt-Deckelung sorgen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, welches eigentlich für gute Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Quellen sorgen soll, beinhaltet einen 52-Gigawatt-Förderdeckel für Photovoltaik. Das bedeutet, dass, sobald die nach EEG geförderten Anlagen eine installierte Leistung von insgesamt 52 Gigawatt erreicht haben, keine neuen Photovoltaik-Dach- und Freiflächenanlagen bis 750 Kilowatt mehr gefördert werden. Die Zahlungen von Einspeisevergütung für Neuanlagen entfallen damit ab dieser Grenze. Dadurch ist zu befürchten, dass der Photovoltaikausbau ab diesem Zeitpunkt stark rückläufig sein wird.

Der Berliner Wissenschaftler Volker Quaschning hat zum PV-Deckel eine klare Meinung: „Wir müssen in Deutschland deutlich an Photovoltaik- und Windenergie zubauen, um die Klimaziele zu erreichen. Der PV-Deckel hindert uns ganz klar daran, dies zu tun“, erklärt er im Gespräch mit HLK. Um auf diese Problematik aufmerksam zu machen, hat Quaschning die Aktion „Der Deckel muss Weg“ gestartet. Die Teilnehmer der Aktion sollen dabei einen Klodeckel an einen zuständigen Minister adressieren, verschicken und das Ganze in den sozialen Netzwerken veröffentlichen. Quaschning hat seinen Deckel bereits verschickt und zwar an Energie- und Wirtschaftsminister Peter Altmaier. „Wichtig ist, dass wir unsere berechtigten Bedenken gegen den Deckel Gehör verschaffen, die politisch Verantwortlichen mit der Thematik konfrontieren und Lösungen einfordern und die Öffentlichkeit über die Gefahr informieren“, schreibt Volker Quaschning in seinem Statement zur Aktion.

Dabei lohnt sich der Erneuerbaren-Ausbau, wie eine Untersuchung des Analysehauses Energy Brainpool im Auftrag des Ökoenergieanbieters Greenpeace Energy zeigt. Pro zehn Terawattstunden zusätzlich bereitgestelltem Ökostrom sinkt der Strompreis demnach um 60 Cent pro Megawattstunde bis 2022 oder um 1,49 Euro bis 2038. Für den gleichen Erneuerbaren-Zubau sinken die CO2-Emissionen im europäischen Kraftwerkspark im Jahr 2022 um 4,6 Millionen Tonnen. „Diese Zahlen untermauern, wie sinnvoll es ist, auf ehemaligen Tagebauflächen zusätzliche Wind- und Photovoltaik-Anlagen zu errichten, wo im Zuge des Braunkohleausstiegs enormes Flächenpotenzial dafür entsteht“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy.

Stromlücke in Bayern

Im windigen Norden Deutschlands laufen bei geeignetem Wetter die Windräder heiß und produzieren wertvollen Ökostrom. Strom, der vor allem im industriestarken Süden der Bundesrepublik dringend benötigt wird. In Bayern wird derzeit noch häufig auf Atomkraft zurückgegriffen, da einfach nicht genug erneuerbare Energie vorhanden ist. Ein Megaprojekt soll hier Abhilfe verschaffen: Südlink nennt sich die Stromtrasse, die saubere Energie von Nord nach Süd transportieren soll. Die 700 Kilometer lange Stromautobahn ist bereits seit 2014 in Planung, fertiggestellt wurde sie bis heute nicht. Viele Bürger stellen sich quer, da für das 320.000-Volt-Erdkabel eine rund 30 Meter breite Schneise mitten durch Deutschland geführt werden muss.

Die Thüringer Landesregierung hat sogar Klage eingereicht und besteht auf eine Trassenführung durch Osthessen. Die Betroffenen befürchten vor allem landwirtschaftliche Einbuße. Auch die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW schließen das nicht aus, versichern den Landwirten jedoch großzügige Entschädigungen für eventuelle Ernteausfälle. Vergangenen Februar wurde der erste Trassenverlauf vorgelegt. Dieser wird nun von der Bundesnetzagentur geprüft, bis Ende 2021 könnte das Planungsverfahren fertiggestellt werden. Nach derzeitigem Stand soll die Stromautobahn mit einer Leistung von vier Gigawatt in Brunsbüttel beginnen und im bayrischen Grafenrheinfeld sowie im baden-württembergischen Heilbronn enden. Ab 2025 könnte dann bereits Strom fließen – wenn es nicht zu weiteren Zwischenfällen durch Bürgerinitiativen und Klagen kommt. Mit rund 50.000 Grundstückseigentümern müssen die Netzbetreiber nun verhandeln, bevor der endgültige Verlauf festgelegt werden kann.

Einbruch der Windkraft

2019 ist kein gutes Jahr für die Windenergie. Im ersten Quartal ist der Bau neuer Windenergieanlagen massiv eingebrochen. Im Vergleich zu den drei Jahren davor ist der Ausbau um fast 90 Prozent zurückgegangen, wie ein Bericht der Fachagentur Windenergie an Land zeigt. Lediglich 41 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 134 Megawatt wurden im ersten Quartal 2019 installiert - deutlich weniger als im Vorjahr. Im ersten Quartal 2018 wurden 319 Anlagen mit 1.042 Megawatt installiert, 2017 sogar 390 Anlagen mit 1.109 Megawatt. In nur sieben Bundesländern wurden dieses Jahr überhaupt Windkraftanlagen installiert. Spitzenreiter ist dabei Rheinland-Pfalz mit 41,2 Megawatt. Schlusslicht bildet Nordrhein-Westfalen mit 7,8 Megawatt.

Auch die Windkraft hat zahlreiche Feinde in der Bevölkerung. Vor allem Bürger, die sich um das Wohlergehen der Vögel sorgen, stellen sich dem Windkraftausbau in den Weg – allen voran die Fans des Rotmilans. Der Rotmilan ist ein Greifvogel und steht in Deutschland unter besonderem Schutz. Nach dem Mäusebussard belegt der Greifvogel Platz zwei, der am häufigsten registrierten Kollisionsopfer an Windrädern. Der Aufstand ist groß und so müssen Regionen, in denen Windkraftwerke erbaut werden sollen, genauestens auf die Ansässigkeit dieser geschützten Vögel geprüft werden, was bei einem Zugvogel wie dem Rotmilan ein schwieriges Unterfangen ist. Die Zahl der kollidierten Vögel ist dabei relativ gering: In Brandenburg gab es zwischen 2002 und 2017 500 tote Mäusebussarde und knapp 400 tote Rotmilane. Windräder töten außerdem weitaus weniger Vögel als zum Beispiel Atomkraftwerke. Laut einer Studie von Science Direct verursachen in den USA 48.000 Windräder den Tod von 140.000 Vögeln. Gleichzeitig töten aber 99 Atomkraftwerke in Amerika 330.000 Vögel. Betrachtet man alle Gebäude in den USA, sind diese für 365 Millionen tote Vögel im Jahr verantwortlich.

Spezielle Vogelschutzzonen, in denen der Windkraftausbau streng verboten ist, sorgen deshalb für die Sicherheit der Greifvögel. Damit verringert sich aber auch die Anzahl der Freiflächen, auf denen Windräder errichtet werden können. Und das bei ohnehin schon schwierigen Konditionen. So sorgt beispielsweise die 10H-Regelung in Bayern dafür, dass jedes Windrad den zehnfachen Abstand seiner Höhe zum nächsten Wohngebäude einhalten muss. Bei einem 200 Meter hohen Windrad sind das mindestens zwei Kilometer. Die für Windenergieanlagen technisch sinnvolle und rechtlich mögliche Fläche beschränkt sich damit auf rund 0,15 Prozent der bayrischen Landesfläche. Seit Inkrafttreten dieser Regelung ist der Windkraftausbau in Bayern signifikant zurückgegangen und er wird wohl auch so schnell nicht mehr ansteigen.

https://youtu.be/XRHe2bHhuT4