Energetische Sanierung : Österreichische Fördermittel sind zu gering, um Anreize zu schaffen

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Pünktlich zum Welterschöpfungstag präsentierte das Umweltbundesamt die neue Klimabilanz Österreichs. Im Jahr 2018 sind die Treibhausgasemissionen gegenüber 2017 um 3,8 Prozent gesunken – das erste Mal seit drei Jahren. Bei der ehemaligen Umweltministerin Elisabeth Köstinger sorgt das für wahlkampfbedingt wohl dosierten Jubel: „Die bisherige Bundesregierung hat mit der Erarbeitung und dem raschen Beschluss der Mission2030 zum ersten Mal eine Klima- und Energiestrategie vorgelegt, auf deren Basis Maßnahmen aufgesetzt wurden, die nun erste messbare Erfolge zeigen.“

Einmaleffekt statt Klimapolitik-Erfolg

Nun würde man zumindest bei der positiven Treibhausgasbilanz davon ausgehen, dass auch Umweltschutzorganisationen jubeln. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Treibhausgas-Reduktion resultiert nicht etwa aus dem Raus aus dem Öl-Bonus oder dem Sanierungsscheck – dafür sind die entsprechenden Fördermittel zu gering – sondern sind vielmehr ein Einmaleffekt. Die Umweltorganisation Global 2000 spricht bei der Treibhausgasbilanz von großen Versäumnissen der Klimapolitik und bezeichnet den Emissionsrückgang als Zufallsgewinn. „Milde Winter und eine Wartung eines Hochofens der Voest retten Österreichs ansonsten verhagelte Klimabilanz 2018“, so Klima- und Energiesprecher Johannes Wahlmüller.

Tatsächlich stand ein Hochofen der Voest längere Zeit wartungsbedingt still, was in der Rohstahlerzeugung zu einer Abnahme von 15 Prozent führte. Der gleichzeitig sehr milde Winter – laut Umweltbundesamt gab es 2018 eine Abnahme der Heizgradtage von 9,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr – ließ die CO2-Emissionen weiter sinken. "Österreichs Klimapolitik ist Weltmeister im Schönreden bescheidener Fortschritte. Tatsächlich werden effektive Klimaschutz-Maßnahmen ständig blockiert oder auf die lange Bank geschoben“, kritisiert WWF-Klimasprecher Karl Schellmann.

Gegnerische Parteien teilen die Freude über die Treibhausgas-Reduktion ebenso wenig. So spricht NEOS-Umweltsprecher Michael Bernhard von unübertreffbarer Verantwortungslosigkeit, Leonore Gewessler von den Grünen bezeichnet den Zustand der österreichischen Klimapolitik als bemitleidenswert. Dieser Zustand könnte sich jedoch angesichts des Klima-Wahlkampfs hinsichtlich der Nationalratswahl im September bald ändern. Das Thema Klimawandel gilt bei den meisten Parteien als zentrales Kernthema, dem sich die Politik nun dringend annehmen muss. Die Parteien haben längst erkannt, dass Klimaschutz ein emotionales Thema ist, das die Wähler bewegt. Die Treibhausgasbilanz dürfte der ehemaligen Regierung somit gut in die Karten spielen. Gleichzeitig wolle Köstinger den Klimaschutz aber „ohne Verbote, ohne Bevormundung, sondern gemeinsam mit den Menschen“ ausbauen.

Um Bevormundung wird eine zukünftige Regierung aber nicht herumkommen, wenn die nationalen Klimaziele erreicht werden sollen. Erst vor zwei Wochen musste die Ex-Regierung für ihre Mission 2030 harte Kritik der EU-Kommission einstecken. Der nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) sei nicht ambitioniert genug und müsse bis Ende des Jahres dringend nachgebessert werden, so die Kommission. Die Fehler der ehemaligen Regierung muss die zukünftige ab September ausbessern – und zwar schnell, denn ansonsten drohen Strafzahlungen.

Geringe Fördermittel blockieren Ausbau der Sanierungsrate

Vor allem im Verkehrssektor, aber auch in den Bereichen Gebäude und Energie, werden dringend ambitionierte Maßnahmen benötigt. Während der Wohnungsneubau boomt, hapert es im Bereich Gebäudesanierung kräftig. Mit dem Sanierungsscheck der Bundesregierung werden lediglich 15 Prozent der Investitionen gefördert. Das Budget für die Sanierungen wurde zudem von 100 Millionen auf 40 Millionen Euro im Jahr gekürzt. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Kreutzer Fischer & Partner hätten 90 Prozent der Sanierungen auch ohne Förderung stattgefunden. Der Sanierungsscheck ist damit weder Anreiz noch Lenkungsmaßnahme. "Tatsächliche Nachfrage entsteht, wenn man etwa ein Drittel fördert", erklärt Dominik Otto, Bereichsleiter für Bauen und Wohnen bei Branchenradar, gegenüber der APA. Wenn sich jemand ein neues Dach um 50.000 Euro mache und dafür 5.000 Euro an Förderung bekomme, nehme er das Geld mit, aber es sei kein Auslöser für die Investition. Zu geringe Förderungen werden also den Investitionsstau gerade bei den dringend notwendigen Gebäudesanierungen nicht aufzulösen vermögen.

Dabei würden umfangreiche Sanierungen auch die Wirtschaft ankurbeln – dafür braucht Österreich jedoch einen ordentlichen Sanierungsmarkt. Im Jahr 2017 wuchsen die Erlöse in der Wohnungssanierungen lediglich um ein Prozent. Neben den fehlenden Fördermitteln gibt es noch einen weiteren Grund für die geringe Sanierungsrate: Energie ist sehr günstig. Der Anreiz eine energetische Sanierung umzusetzen, ist dadurch noch geringer. "Eine Sanierung rechnet sich nur, wenn die Energie teuer ist", so Dominik Otto. Laut Berechnungen von Kreutzer Fischer & Partner bräuchte es einen Anstieg des Energiepreises von bis zu acht Prozent. Verbunden mit attraktiven Förderaktionen können so echte Anreize geschaffen werden. Klar: an den Energiepreisen können Regierungen weniger schrauben als an Förderungen. Insofern wäre ein Förderungsausbau dringend angesagt.

Veraltete Heizsysteme fördern Heizenergieeinsatz

Die österreichischen Treibhausgasemissionen liegen noch immer über dem Niveau des Basisjahres 1990. Besonders düster sieht es aus, wenn man die Änderungen der Treibhausgasemissionen zwischen 2010 und 2018 jenen von 1190 bis 1999 gegenüberstellt. Laut dem Climate Change Center Austria (CCCA) zählt Österreich hier zu einem der fünf EU-Mitgliedstaaten, deren Emissionen im Vergleich gestiegen sind. Schlechter schnitten lediglich Malta, Kroatien, Spanien und Zypern ab.

In der Heizperiode 2017/18 ist der Heizenergieeinsatz erstmals seit drei Jahren gestiegen. Mit rund 199.965 Terajoule ist das ein Anstieg von 3,7 Prozent. Neben einer steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung muss auch der Umstieg auf umweltfreundliche und energieeffiziente Heizsysteme wie Wärmepumpe und Biomasseanlagen leistbar werden. Das hat die ehemalige Regierung mit ihrem Raus aus dem Öl-Bonus bereits versucht umzusetzen, der Fördertopf war jedoch schnell ausgeschöpft und die Nachfrage größer als gedacht. Zudem beträgt der Bonus lediglich 5.000 Euro, was beim Austausch eines gesamten Heizsystems nicht einmal einem Viertel der Investitionskosten entspricht. Hier muss die kommende Regierung ansetzen, damit der Energieeinsatz in österreichischen Haushalten schleunigst reduziert werden kann und attraktive Angebote für den Umstieg auf nachhaltigere Heizsysteme geschaffen werden. Die notwendigen Technologien hat die Branche längst auf den Markt gebracht.

Den dringenden Handlungsbedarf in der österreichischen Klimapolitik verdeutlicht das Umweltbundesamt selbst in seiner Nahzeitprognose: "Die Einhaltung der sektoralen Höchstmengen bis 2020 ist aus heutiger Sicht im Verkehr nicht realistisch, unsicher ist sie in den Sektoren Landwirtschaft sowie der Abfallwirtschaft. Für eine sektorale Zieleinhaltung bis 2020 ist jedenfalls eine konsequente Umsetzung von zusätzlichen Maßnahmen notwendig." Um die CO2-Emissionen wirklich dauerhaft zu senken, bedarf es weitaus mehr als dem Stillstand eines Hochofens und einem milden Winter.